Stationen

Donnerstag, 12. Mai 2016

Es geht längst nicht mehr um Toleranz

Herausgeber Werner Reichel geht es in seinem Buch nicht um Tom Neuwirth persönlich. Er findet, dass dieser seine Ansichten sogar „sympathisch, authentisch und eloquent“ vertritt. Werner Reichel und seinen Koautoren geht es nicht um eine plumpe Attacke auf Schwule, Transsexuelle oder ähnliche „Randgruppen“ der Gesellschaft. Ihnen geht es schlichtweg um den gesellschaftspolitisch entfachten Hype, um die Show drumherum und die politische Agenda, die dahintersteckt.

Schwulsein ist nach alter 68er-Lehre längst schon nicht mehr privat. Es ist politisch. Genau darauf fokussieren sich die Autoren. Martin Lichtmesz argumentiert auf gewohnt sprachlich hohem Niveau gegen die Götzenanbetung Conchitas als Symbol eines neuen Europas, die letztendlich wie auch das totalitäre Großstaatenprojekt nur noch lächerlich wirken werde. Ähnlich wie Lichtmesz wittert auch Herausgeber Werner Reichel in seinem Beitrag eine staatlich verordnete Homonormativität, ein Massenexperiment zur Glorifizierung des Schwulseins als neuer „Normalität“. Um Toleranz gehe es längst nicht mehr.

Andreas Unterberger verweist auf die wohlfahrtspolitischen Errungenschaften der Schwulen-Lobby, die den Sozialstaat teilweise schon bis ins Absurde hinein gedehnt habe. Diskriminierung anderer Minderheiten sei die Folge. Eva-Maria Michels zeichnet ein Gender-Melodram, verweist auf hoffnungsspendende Gegenbewegungen und vor allem auf die wichtige Erkenntnis, dass Diskriminierung einen fundamentalen Bestandteil jeglichen Lebens darstellt. Jede Wahl bedeute gleichzeitig eine Nichtwahl.

Stefan Leiner warnt in seinem Beitrag vor einer durch das Gender Mainstreaming heraufziehenden Instabilität der Gesellschaft, und Andreas Tögel fragt klug nach den zukünftigen Folgen von Diskriminierungsverboten. Was passiert, wenn diese Büchse der Pandora einmal geöffnet wurde? Stirbt mit solcherlei Verboten die Freiheit? Darüber lässt sich hitzig diskutieren. Das vorliegende Buch lädt dazu ein. Es provoziert. Nicht dumpf. Nicht homophob. Sondern tiefsinnig.  Henning Lindhoff

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.