... Heute, elf Fußball-Weltmeisterschaften später erlebe ich etwas, was
mir von 1974 her unangenehm bekannt vorkommt. 1974 war mir die
DDR-Fußballmannschaft schnuppe. Die Überfrachtung mit der ideologischen
Botschaft „der Sozialismus siegt“ machte mir das Daumendrücken auf die
DDR-Mannschaft unmöglich. Obwohl ich etliche Spieler der Mannschaft sehr
mochte. Der Zwiespalt war widerlich.
Und heute? Die Nationalmannschaft
heißt nur noch „Mannschaft“.
Ist das die Selbstaufgabe einer Nation zugunsten eines
gesellschaftlichen Konstruktes „Multikulturalismus“ genannt? Hey, Leute!
Ich will auf die Mannschaft meines Vaterlandes Deutschland halten,
nicht auf eine bunte Truppe, die nur für Profifußball steht und das
millionengesichtige und doch so gesichtslose Merkel-Deutschland
verkörpern soll.
Es ist wohl eher ein schleichender Prozess der Entfremdung. Die
inzwischen vielen ausgezeichneten Fußballer in der Nationalmannschaft
mit nichtdeutschen Wurzeln spielen dabei für mich keine ausschlaggebende
Rolle. Deutscher ist, wer deutscher Staatsbürger ist. Ob der nun Neuer,
Hummels oder Khedira heißt! Die deutsche Fußballnationalmannschaft war
und ist schon immer „meine“ Mannschaft. Egal ob es 1974, 1990, 2006,
2010 oder 2014 war. Mit jedem Spieler der Mannschaft, egal welche
Wurzeln er besitzt. Bis vor kurzem übersah ich sogar Özils
Nichtmitsingen von „Einigkeit und Recht und Freiheit“. Es war seine
Sache und störte mich nicht. Der Junge spielt wunderbaren Fußball für
seinen Verein, für Deutschland und für sich. Im Gegenteil, wenn das
alles im Fußball klappt mit dem Zusammenwachsen und Integrieren, dann
kann das nur gut für uns alle sein. So dachte ich bis vor kurzem
wirklich.
Was hat sich plötzlich geändert? Özils und Gündogans Bekenntnis zum
türkischen und nicht zum deutschen Bundespräsidenten allein vermag das
nicht zu erklären. So wichtig die beiden auch als unsere Mitmenschen
sind, so politisch bedeutend sind sie nun auch wieder nicht. Es ist
höchstens so, dass ihre politische Unfähigkeit – wie die Maus, die
letztlich die Rübe mit rauszieht – in mir etwas in Gang gesetzt hat, was
mich im Moment jedenfalls eher für die Isländer als für die
„Mannschaft“ die Daumen drücken lässt.
Der DfB ent-nationalisiert die deutsche Nationalmannschaft. Es ist zwar nicht die Sprache derer, die „Deutschland als mieses Stück Scheiße“
entsorgen wollen, aber doch das grün-Merkelsche Bild einer
Multikulturalität, die als Atomisierung der Gesellschaft
derer daherkommt, die schon länger hier leben und die sich der merkelschen
Gesellschaftsarchitektur widerspruchlos einfügen sollen.
Es ist irgendwie wie 1974: Damals widerte mich die ideologische
Beanspruchung der DDR-Nationalmannschaft an, heute entfremdet mich die
DfB-Assistenz bei der Umerziehung der länger hier Lebenden. Die
Kommunisten vermochten nicht, mich zu erziehen. Dem DfB wird das erst
recht nicht gelingen. Gunter Weißgerber
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