Stationen

Samstag, 23. Juni 2018

Schweden : Türkei - 7 : 1

Es gab schon fröhlichere Starts in Fußballturniere für die Deutschen als die WM 2018 in Rußland. Und es ist nicht nur der pomadige Auftritt der Noch-Weltmeister gegen Mexiko, der vielen die Stimmung verhagelt. Pünktlich wie die Schwalben im Sommer sind auch die üblichen linken Nationalneurotiker unterwegs, um über zuviel Schwarzrotgold und Nationalismusgefahren zu maulen.
Der Ton ist wieder hysterischer geworden, fast schon wie beim „Sommermärchen“ 2006, als die massenhafte unbefangene Begeisterung die sich postnational wähnenden Linken kalt erwischte. Kaum hatte man beruhigt bemerkt, daß die schwarzrotgoldenen Fahnen für die „Party-Patrioten“ irgendwie doch bloß Fanartikel waren wie der Vereinsschal, drohte neues Ungemach.
Linke Spaßbremsen hätten sich die Mühe sparen können
AfD, Pegida und „andere nationale Kräfte“ hätten ihm die Freude an der WM verdorben, jammert ein Kommentator im Stern. Weil die es doch tatsächlich wagen, Schwarzrotgold auf politischen Veranstaltungen zu zeigen. Und schon geht die Leier wieder los von den Nationalfarben – das Staats-, Identifikations- und damit Integrationssymbol schlechthin – als Zeichen von „Ausgrenzung“. Ja, die WM im eigenen Land sei sogar mit schuld daran, daß Pegida und AfD überhaupt erst möglich geworden seien, schimpft einer im Deutschlandfunk.
Da predigt dann auch die unvermeidliche Claudia Roth wieder „Zurückhaltung“ und warnt vor „nationaler Selbstbeweihräucherung“, ist aber immerhin noch so gnädig, das Aufhängen „eines Fähnchens“ nicht zu untersagen, auch wenn sie selbst droht, „frenetisch mit der Regenbogenflagge“ zu wedeln. Die „Linksjugend“, der auch nichts Neues einfällt, ruft unter infantilem Beifall der taz dagegen wieder mal zu allerlei Straftaten auf: Fahnen „abknicken“, stehlen, anzünden, abschneiden und was linke Vandalen sonst so für politische „Aktion“ halten.
Dabei hätten sich die linken Spaßbremsen die Mühe sparen können, so manchem Fußballfreund war schon vor dem Auftaktspiel die gute Laune vergangen. Schuld daran waren ausgerechnet zwei erklärte Lieblinge von Bundestrainer Joachim Löw: Mesut Özil und Ilkay Gündoğan, die sich mitten in der Vorbereitungsphase mit dem wahlkämpfenden türkischen Staatschef Erdoğan trafen. Die wütenden Pfiffe des deutschen Publikums bei den letzten Testspielen gegen Österreich und Saudi-Arabien hatten sich die beiden Legionäre mit dieser Aktion redlich verdient.
Fußball-Millionäre, deren Loyalität einem anderen Land gehört
Als „Rassismus“ kann man den geballten Unmut der Anhänger nicht abtun, eher als Ausdruck einer tiefen Enttäuschung: Die beiden Fußball-Millionäre haben mit ihrem hochpolitischen Fototermin, der angeblich ganz unpolitisch gemeint gewesen sein soll, vor allem zum Ausdruck gebracht, daß sie sich nicht als Teil des Landes sehen, das ihnen ihre steile Karriere ermöglicht hat, sondern als Söldner, die den Ruhm und den finanziellen Nutzen gerne mitnehmen, den der Status als deutscher Nationalspieler mit sich bringt, deren Loyalität im übrigen aber einem anderen Land gehört.
Gleichzeitig haben Özil und Gündoğan en passant die Legende zerschlagen, mit der der Deutsche Fußballbund (DFB) als williger Propaganda-Arm der etablierten Politik die „Sommermärchen“-Euphorie gezähmt und politisch zu Volkserziehungszwecken instrumentalisiert hat: daß Integration nämlich ganz einfach sei und nur Multikulti zum Erfolg führe.
Wenn nicht mal privilegierte Einwanderersöhne sich vorbehaltlos mit Deutschland identifizieren wollen, wie soll man das dann von einem einfachen Parallelgesellschaftsbewohner erwarten? Daß Spieler wie Özil trotz mittelmäßiger Leistungen stets im Kader gehalten und selbst nach so einem krassen Verstoß nicht konsequent nach Hause geschickt wurden, mag auch dem Status als Maskottchen von Integrationskampagnen geschuldet sein.
Verordnete Jubelveranstaltungen
Diese penetrante Überpolitisierung des Fußballs fliegt dem DFB gerade um die Ohren. Erst verschwand die offene und manchmal derbe Rede aus der Fußballwelt, dann zogen Politische Korrektheit, „Antirassismus“-Kampagnen, Multikultipropaganda auf allen Ebenen in die Stadien ein. Die rundumberatenen Fußballprofis gleichen immer mehr Sprechautomaten, die von demselben Phrasengenerator gefüttert werden.
Doch von oben verordnete Jubelveranstaltungen funktionieren nicht, wie das verzweifelt herbeigeschriebene und dann zur Pleite geratene zweite „Sommermärchen“ der Frauen-Fußball-WM 2010 bewiesen hat. Während die Nationalmannschaft zur Selbstdarstellungsbühne der Kanzlerin geriet, schritt gleichzeitig ihre Entnationalisierung voran: Erst – auf Anregung Merkels, wie Bild wissen will – in „Die Mannschaft“ umbenannt, jetzt auch noch mit grauen Karikaturen der 1990er Weltmeister-Trikots ins Turnier geschickt.
Löw setzt auf ein merkelsches „Weiter so“
Die Fußballfreunde mußten Zumutung um Zumutung schlucken, bis die Causa Özil/Gündoğan das Faß zum Überlaufen brachte. Das, was den linken Meinungseliten den Massensport gerade so noch erträglich machte, ist nun so übertrieben worden, daß das Fußballvolk die Nase voll hat und mancher sich eher am kämpferischen Teamgeist der Isländer ergötzen mag als an der lustlosen eigenen Truppe.
Doch weder die beiden Kicker noch die Funktionäre und Politiker wollen einsehen, daß sie auf dem Holzweg sind. Bundestrainer Löw, der nicht nur hinsichtlich der Frisur der Kanzlerin immer ähnlicher wird, und sein Stab legen eine geradezu merkelmäßige Uneinsichtigkeit, Arroganz und „Weiter so“-Mentalität an den Tag. Auch im deutschen Fußball scheint es hohe Zeit für einen Neuanfang, bei dem zur Abwechslung mal wieder der Sport und nicht die Volkspädagogik im Mittelpunkt stehen sollte.    Paulwitz

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