Stationen

Dienstag, 12. Juni 2018

Gehorsam und ohne Spott

"Die moderne Gesellschaft verflacht mit solcher Schnelligkeit, dass wir an jedem neuen Morgen mit Nostalgie des Gegners von gestern gedenken. Die Marxisten fangen schon an, uns als die letzten Aristokraten des Okzidents zu erscheinen." Diese Sentenz von Gómez Dávila beschreibt trefflich, mit welchen Gefühlen unsereins auf das Getümmel zur Linken schaut.

Die Linkspartei hat sich auf ihrem Parteitag in Leipzig für offene Grenzen und gegen Abschiebungen ausgesprochen. In dieser Forderung offenbart sich ein politischer Kretinismus, wie er unter den Kanzlern Schröder oder Kohl noch unvorstellbar gewesen wäre, und die sog. Intellektuellen, die diesem moralisierenden Amoklauf sekundieren, tun dies unisono auf einem Niveau ("Buntheit", "Offenheit", "Toleranz"), das sich allein mit "dem 'Pisa'-Grund" (Eckhard Henscheid)  kaum mehr erklären lässt. Einzig der Fundamentalismus des um jeden Preis Durchbrechenwollens, diesmal gegen die eigene Brust gerichtet, und die romantische Todessehnsucht als typisch deutsche Eigenschaften verleihen der Chose noch einen Rest von Sympathie. Ein Land, das seine Grenzen für jedermann offenlässt, existiert nach wenigen Jahren nicht mehr oder nur noch als ausgeplündertes Siedlungsgebiet der nicht Weitergezogenen. Lebte man nicht selber hier, man wünschte sich geradezu, dass diese tristen Figuren zu fressen bekämen, was sie in ihren Giftküchen zubereiten.


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Doch hören wir zur inneren Reinigung Don Nicolás noch ein wenig zu:

"Es gibt Epochen, in denen nur der Pöbel eine Zukunft zu haben scheint."

"Die Linke behauptet, schuld am Konflikt sei nicht, wer fremde Güter begehrt, sondern wer die eigenen verteidigt."

"Auf die in Tälern und Schluchten herumirrenden Menschenkarawanen lässt die Linke eine Lawine falscher Ideen niedergehen"

"Ich würde bereitwillig zahlen, um die Mehrzahl all der Dinge nicht tun zu müssen, für die die anderen zahlen, um sie tun zu können."

"Jede Beleidigung des Lebens auf einem geliebten Gesicht nährt die wirkliche Liebe."

"Für nichts wirklich Wichtiges ist es je zu spät."

"Wer nicht ein bisschen aller Dinge müde ist, mit dem lohnt es nicht die Mühe, sich zu unterhalten."


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Nachdem die brutale Ermordung der 14jährigen Susanna aus Mainz landauf landab rechtspopulistisch missbrauchbare Überreaktionen hervorrief und ganze Sturzbäche auf die Mühlen der AfD leitete, hat schließlich auch die Bundeskanzlerin mitteilen lassen, gerade und speziell sie sei "tief erschüttert" über den "Tod" des Mädchens. Für den sie eine gewisse Verantwortung trage? Nein, dergleichen war nicht von ihr zu vernehmen, denn Baba Merkel trägt ja bereits bzw. bloß Verantwortung für den gesamten westlichen Märchenwald, und wenn Gretel und Rotkäppchen einfach auf dem Weg bleiben, wird das schon. Wie der erste Brief Hans Castorps vom Zauberberg ins Flachland muss auch die tiefe Erschütterung der Kanzlerin beim Publikum ein Weilchen vorhalten, denn längst ist der nächste tägliche Frauenmord vollzogen, diesmal zu Viersen, wo die 15jährige Iuliana "mit Messerstichen übersät" aufgefunden wurde, was auf einen schutzbedürftigen, traumatisierten, des Rassismus unverdächtigen Täter deutet. Wenn die Kanzlerin ständig erschüttert wäre, käme sie ja gar nicht mehr dazu, den Familiennachzug und die globale Migration zu organisieren. Denn aus der deutschen Geschichte gelernt zu haben, heißt in einem Satz: Heute gehört uns Deutschland, und morgen der ganzen Welt!

"Das abscheuliche Verbrechen sei ein Auftrag, Integration sehr ernst zu nehmen, Werte klar zu machen und sich gemeinsam an Gesetze zu halten", ließ Merkel außerdem noch huldvoll mitteilen. Die Journaille fraß und verbreitete diesen Stuss so gehorsam wie spottfrei.
Einschub: Angesichts einer ZDF-Reportage über russische Hooligans, in welcher der Begriff "kremlnahe Presse" verwendet wurde, fragt Leser ***, ob es nicht an der Zeit wäre, den Begriff "kanzleramtsnahe Presse" zu etablieren. Na was denn sonst!
Reprise: Das abscheuliche Verbrechen ist ein Auftrag, Integration sehr ernst zu nehmen und sich gemeinsam an Gesetze zu halten. Das geht nämlich nur gemeinsam, allein kann der Ali das nicht. "Wir schaffen das", hat unsere Fremdenführerin gesagt, nicht "Ali schafft das." Wenn Sie irgendwohin auswandern, erwarten Sie doch auch, dass erhebliche Anstrengungen und Mittel in Ihre Integration fließen und ihre neuen Gastgeber Ihnen helfen, sich an die Gesetze zu gewöhnen, die fremden Weiber in Ruhe zu lassen und die Tatsache, dass besagte Gastgeber für Sie Unreine sind, einstweilen für sich zu behalten. – Allein schaffen es auch viele Deutsche in Deutschland nicht, die Gesetze zu beachten, hin und wieder stößt man sogar im Knast auf so einen, aber gemeinsam mit Ali, Anis und Ahmed werden auch diese Deutschen es packen, zumal Ali, Anis und Ahmed noch viele spannende neue Gesetze mit ins Land bringen, mitsamt originellen Vorstellungen, wie mit denen zu verfahren sei, die sich nicht gemeinsam an die neuen Gesetze halten. Und wenn der Ali aus dem Irak ein jüdisches Mädchen aus Mainz bleibt Mainz abmurkst, was kann das anderes sein als ein "Auftrag" an die Deutschen, sich bei der Integration von Ali, Anis und Ahmed mehr anzustrengen? Gerade die Deutschen!
Coda: Wahrscheinlich hat Merkel ihre Teflonphase hinter sich gelassen und rotwelscht nun im Modus des reinen Hohns zu denen, die schon länger hier leben. Und angesichts der Tatsache, dass ein demokratisch verfasstes Land für das Personal, von dem es sich regieren lässt, in hohem Maße mitverantwortlich ist, hat dieser Hohn alle Gründe für sich.


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Der Kolumnist Georg Diez, der als Stumpfsichtiger unter Einäugigen vom Maulwurfshügel Spiegel online ins Land schauend sein Amt als eine Art Pseudolynkeus verrichtet ("Zum Petzen geboren,/ zum Hetzen bestellt"), darf sich für seinen jüngsten Vorschlag meiner vollen Zustimmung schämen. Der scheinheilige Georg plädiert nämlich dafür, die einheitsbreiigen öffentlich-rechtlichen Gesprächsrunden abzuschaffen – "Schluss mit Anne Will, Maybrit Illner, Sandra Maischberger und Frank Plasberg" –, wo ohnehin, wenn auch meist ohne rechte Gäste, über rechte Themen aneinander vorbei diskutiert wird, und stattdessen neue Formate mit mehr Publikumsbeteiligung und mehr Pluralismus einzurichten. Denn: "Wer stets die ewig gleichen Chef-Schwadroneure einlädt, reduziert Politik auf Politiker und Parteien und einen krawalligen Blick auf die Welt. Er entpolitisiert damit die Gesellschaft."
Als Flaneur und Geistesmensch habe ich zwar ein großes Faible für jede Drosselung des politischen Straßenlärms, aber gleichwohl stimme ich zu. Am besten, Spiegel online finge gleich als gutes Beispiel an und sonderte außer Diez selber, den ich als verlässlichen "Dachschadensanzeiger" (Wolfgang Röhl) vermissen thät’, alle Kolumnisten aus, die jede Woche ungefähr dasselbe schreiben wie Diez und die Lektüre dieser Kolumnen so abwechslungsreich gestalten wie die Betrachtung einer Reihe von Franziskanerkutten (um nicht immer den Niqab als Buntheits-Gleichnis herbeizurufen und außerdem das schöne Bild auszugraben, welches Puccini für Debussys "Pelléas et Mélisande" erstverwendete). Dann bliebe außer dem Diez praktisch nur noch der zuweilen meinungsdelinquente Jan Fleischhauer übrig.

Diez will, darf, soll und könnte sich fortan als Solist neben dem seinerseits vielleicht etwas zu tatenarm-textlastigen "Kampf gegen rechts" der Frage widmen: "Wie also geht Gerechtigkeit im 21. Jahrhundert?" Deren Beantwortung garantiert seiner dem Stadium der Behandelbarkeit wahrscheinlich entwachsenen Logorrhoe zahllose kleine Erleichterungen und bedient zugleich jene elementare Gerechtigkeitsvorstellung, wie sie sich aus der Perspektive des Diez’schen Maulwurfshügels ergibt und die darin besteht, dass er, der Diez, darüber schreibt, was Gerechtigkeit im 21. Jahrhundert bedeutet und damit weiter u.a. seine 180-Quadratmeter-Wohnung in Berlin Mitte bezahlen kann, die er während eines USA-Erwachsenenfortbildungsaufenthaltes beinahe an syrische Migranten untervermietet haben würde, wenn er nicht eben doch letztlich ein "besorgter Bürger" wäre, der Angst um sein Parkett und den Zustand seines Klosett hat (hätte ich auch).
Natürlich träumt diese ungefähr zwölfthellste Kerze auf seiner Redaktionsetage von einer ganz anderen Öffentlichkeit als einer pluralistischen; als erklärter, wenn auch nicht eben besonders furchteinflößender Feind einer Demokratie, die keine verlässlichen linken Mehrheiten hervorbringt, möchte er nicht nur alle Diskutanten von rechts ausschließen, wie es die öffentlich-rechtlichen Laberrunden ohnehin zunehmend tun, sondern alle Streitgegenstände, die sich als "rechte Themen" denunzieren lassen, gleich mit. Er weiß selber, dass das nie funktionieren wird, ohne zugleich DDR zu spielen, aber primär schreibt er diese Kolumnen ja nicht, um die Welt oder das Land zu verändern, sondern um seine Miete zu bezahlen und in seinen Kreisen als der smarte Georg zu gelten, der immer so trendige Kolumnen verzapft, in denen er das tolle, bunte, fortschrittliche, aber von dunkelgestern bedrohte restdeutsche Morgen zwar nicht auf irgendeinen Begriff, aber irgendwie cool zum Ausdruck bringt. Ob das besonders klug ist, stehe übrigens dahin; es könnte ja auch sein, dass er selber dereinst zu den aus Vielfaltserneuerungsgründen entlassenen Kolumnisten gehört, denn wenn ein Ei dem anderen gleicht, ist es ja eher Zufall, welches man in die Pfanne haut...


PS: Vor welchem "Strukturwandel der Öffentlichkeit" (Sankt Jürgen) diese publizistische Klonarmee tatsächlich Angst hat, beschreibt Alexander Wendt hier.
  

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Mein Eintrag vom 10. Juni über das Urteil der Kölner Richterin Ulrike Grave-Herkenrath, die einen Totschläger namens Ahmed R. mit Bewährung davonkommen ließ, hat zahlreiche Reaktionen hervorgerufen. Zunächst einmal machten mich mehrere Leser darauf aufmerksam, dass die Dame Vorsitzende eines Kölner Gefangenenfürsorgevereins ist, woran sich eigentlich nichts Ehrenrühriges fände, aber wenn ein Staatsbediensteter einem Verein präsidiert und dann dessen Klientel auffallend bevorzugt behandelt, hat das vielleicht doch ein Gschmäckle. Für den Weißen Ring fühlt sich die Dame denn doch wohl zu kriminellophil, wirklich progressive Richter sind ja keine Staats-, sondern Täteranwälte. – Sodann wies ein Leser darauf hin, ich hätte zu erwähnen vergessen, dass die Staatsanwältin im besagten Prozess zwei Jahre und acht Monate Haft für den Totschläger gefordert hatte. Was uns zu einem ähnlichen Urteil der Frau Grave-Herkenrath – sie trägt das Grab im Namen – führt, auf welches Leser *** meine Aufmerksamkeit lenkte. Damals hatte Frau Grave-Herkenrath – ich werde es einfach nicht satt, ihren Namen zu wiederholen –, damals also hatte Frau Grave-Herkenrath den als "Komaschläger" bekannt gewordenen Erdinc S. zu einer Haftstrafe von einem Jahr und neun Monaten auf Bewährung verurteilt. Der Neunzehnjährige hatte einen indigenen Arbeitslosen so geschlagen, dass der gegen die Glasscheibe einer Telefonzelle stürzte, wochenlang im Koma lag und seitdem zu sechzig Prozent schwerbehindert ist. Als Vorsitzende Richterin befand Frau Grave-Herkenrath, er habe die schweren Hirnverletzungen seines Opfers nicht vorsätzlich, sondern fahrlässig herbeigeführt. Deswegen blieb das Gericht deutlich unter dem von der Staatsanwaltschaft geforderten Strafmaß von dreieinhalb Jahren Haft. Ich hätte dem Erdinc ja ein paar Sozialstunden beim Billard verpasst, damit er beim nächstenmal die Kartoffel nicht gleich gegen eine Telefonzelle schießt.
Leser *** wiederum teilte mit, dass "die von Ihnen erwähnte Richterin" – er meint Frau Ulrike Grave-Herkenrath – ihre Urteile "nicht, oder zumindest nicht nur aus rassistischen Motiven" fälle und fügte als Beleg folgendes Urteil bei: Patrik L., 23, hatte ein kleines Mädchen auf bestialische Weise totgeschlagen und im Müllsack entsorgt, dafür brummte ihm Frau Grave-Herkenrath immerhin zwölf Jahre Gefängnis auf, was im Gerichtssaal dennoch zu Tumulten führte. Der Täter besaß keine exotische Gruppenzugehörigkeit. Ich hatte allerdings auch nicht darauf insistiert, dass die Grundgütige sich ausschließlich vom umgekehrten Rassismus leiten lasse, sondern geschrieben:
"Dieser Typus Blutrichter fordert kein Blut mehr, um sich dem Zeitgeist anzudienen, sondern entschuldigt aus dem gleichen Grund dessen Vergießen, sofern eben der ethnisch-kulturelle und soziale Vorurteilskatalog es gebietet. In der Milde von Frau Grave-Herkenrath, deren hyänenhafte Kehrseite gegenüber den Opfern schlicht monströs ist, kulminiert die 68er Schuldumkehr-Ideologie, welcher zufolge Straftäter, sofern sich bei ihnen keine rechte Gesinnung auftreiben lässt, Opfer der Gesellschaft sind, denen mit Verständnis zu begegnen die edle Pflicht und Hauptaufgabe der Justiz ist."

Zuletzt will ich zu diesem Thema – also zu Frau Grave-Herkenrath als pars pro toto für eine zunehmend Tendenzurteile fällende Justiz – eine Juristin zitieren, die von einer "fast schon herrschenden Diversity-Justiz" spricht, welche "ungeniert Gruppenzugehörigkeit berücksichtigt, wobei der Orientalen-Rabatt besonders hervorsticht". Als Rechtspflegerin am Amtsgericht *** möchte sie "mit der oben erwähnten Dame nicht in einen Topf geworfen werden. Richter sind Organe der Rechtspflege, aber auch wenn sich 'rheinische Rechtspflegerin' sprachlich gut macht, treffen Sie nur ungerechtfertigt meinen Berufsstand (ich gebrauchte den Begriff 'Rechtspflegerin' als ironische Metapher für Frau Grave-Herkenrath – M.K.). Der Rechtspfleger ist auch ein selbstständiges Organ der Rechtspflege, seine Zuständigkeiten, hauptsächlich im Bereich der Freiwilligen Gerichtsbarkeit, ergeben sich aus dem Rechtspflegergesetz. Allerdings hat der Rechtspfleger nicht Verfassungsrang wie der Richter und eben darum nur die sachliche Unabhängigkeit, nicht die persönliche Unabhängigkeit.
Dass die persönliche und sachliche Unabhängigkeit von vielen Richtern mangels Bildung in ihrem Fach und mangels Charakter nicht ausgeübt wird, dafür ist der Kölner Fall ein neues, erschreckendes Beispiel. Leider sind viele Richter, oft die jüngeren, bloße Bürofuzzis, die sachliche Unabhängigkeit mit unglaublichem akademischen Hochmut  und persönliche Unabhängigkeit mit freier Dienstzeit und reservierten Mittagstischen in der Gerichtskantine verwechseln. Die gerade nicht dummen, aber um so treuloseren Urteilsbegründungen lassen mich erkennen, dass selbst eine im Rang relativ hohe Richterin nicht ihr Amt unabhängig ausübt. Die Verfassung und die ihr damit übertragene Aufgabe der Richterin erfüllt sie nicht. Scheinbar fühlt sie sich noch nicht einmal in ihrem Amt frei, sondern meint, sich an die PC anpassen zu müssen. Wie perfekt kann man sie dann als bloße Bürgerin unterwerfen! Warum? Will sie sich ihren Weg für ein Richteramt am Oberlandesgericht nicht verbauen oder die Präsidentschaft eines LGs im OLG Bezirk Köln?"   MK am 12. Juni

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