"Die
moderne Gesellschaft verflacht mit solcher Schnelligkeit, dass wir an
jedem neuen Morgen mit Nostalgie des Gegners von gestern gedenken. Die
Marxisten fangen schon an, uns als die letzten Aristokraten des
Okzidents zu erscheinen." Diese Sentenz von Gómez Dávila beschreibt
trefflich, mit welchen Gefühlen unsereins auf das Getümmel zur Linken
schaut.
Die Linkspartei hat sich auf ihrem Parteitag in Leipzig
für offene Grenzen und gegen Abschiebungen ausgesprochen. In dieser
Forderung offenbart sich ein politischer Kretinismus, wie er unter den
Kanzlern Schröder oder Kohl noch unvorstellbar gewesen wäre, und die
sog. Intellektuellen, die diesem moralisierenden Amoklauf sekundieren,
tun dies unisono auf einem Niveau ("Buntheit", "Offenheit", "Toleranz"),
das sich allein mit "dem 'Pisa'-Grund" (Eckhard Henscheid) kaum mehr
erklären lässt. Einzig der Fundamentalismus des um jeden Preis
Durchbrechenwollens, diesmal gegen die eigene Brust gerichtet, und die
romantische Todessehnsucht als typisch deutsche Eigenschaften verleihen
der Chose noch einen Rest von Sympathie. Ein Land, das seine Grenzen
für jedermann offenlässt, existiert nach wenigen Jahren nicht mehr oder
nur noch als ausgeplündertes Siedlungsgebiet der nicht Weitergezogenen.
Lebte man nicht selber hier, man wünschte sich geradezu, dass diese
tristen Figuren zu fressen bekämen, was sie in ihren Giftküchen
zubereiten.
***
Doch hören wir zur inneren Reinigung Don Nicolás noch ein wenig zu:
"Es gibt Epochen, in denen nur der Pöbel eine Zukunft zu haben scheint."
"Die Linke behauptet, schuld am Konflikt sei nicht, wer fremde Güter begehrt, sondern wer die eigenen verteidigt."
"Auf die in Tälern und Schluchten herumirrenden Menschenkarawanen lässt die Linke eine Lawine falscher Ideen niedergehen"
"Ich
würde bereitwillig zahlen, um die Mehrzahl all der Dinge nicht tun zu
müssen, für die die anderen zahlen, um sie tun zu können."
"Jede Beleidigung des Lebens auf einem geliebten Gesicht nährt die wirkliche Liebe."
"Für nichts wirklich Wichtiges ist es je zu spät."
"Wer nicht ein bisschen aller Dinge müde ist, mit dem lohnt es nicht die Mühe, sich zu unterhalten."
***
Nachdem
die brutale Ermordung der 14jährigen Susanna aus Mainz landauf landab
rechtspopulistisch missbrauchbare Überreaktionen hervorrief und ganze
Sturzbäche auf die Mühlen der AfD leitete, hat schließlich auch die
Bundeskanzlerin mitteilen lassen, gerade und speziell sie sei "tief
erschüttert" über den "Tod" des Mädchens. Für den sie eine gewisse
Verantwortung trage? Nein, dergleichen war nicht von ihr zu vernehmen,
denn Baba Merkel trägt ja bereits bzw. bloß Verantwortung für den
gesamten westlichen Märchenwald, und wenn Gretel und Rotkäppchen einfach
auf dem Weg bleiben, wird das schon. Wie der erste Brief Hans Castorps
vom Zauberberg ins Flachland muss auch die tiefe Erschütterung der
Kanzlerin beim Publikum ein Weilchen vorhalten, denn längst ist der
nächste tägliche Frauenmord vollzogen, diesmal zu Viersen,
wo die 15jährige Iuliana "mit Messerstichen übersät" aufgefunden wurde,
was auf einen schutzbedürftigen, traumatisierten, des Rassismus
unverdächtigen Täter deutet. Wenn die Kanzlerin ständig erschüttert
wäre, käme sie ja gar nicht mehr dazu, den Familiennachzug und die
globale Migration zu organisieren. Denn aus der deutschen Geschichte
gelernt zu haben, heißt in einem Satz: Heute gehört uns Deutschland, und
morgen der ganzen Welt!
"Das abscheuliche Verbrechen sei ein
Auftrag, Integration sehr ernst zu nehmen, Werte klar zu machen und sich
gemeinsam an Gesetze zu halten", ließ Merkel außerdem noch huldvoll
mitteilen. Die Journaille fraß und verbreitete diesen Stuss so gehorsam
wie spottfrei.
Einschub: Angesichts einer ZDF-Reportage über
russische Hooligans, in welcher der Begriff "kremlnahe Presse" verwendet
wurde, fragt Leser ***, ob es nicht an der Zeit wäre, den Begriff
"kanzleramtsnahe Presse" zu etablieren. Na was denn sonst!
Reprise:
Das abscheuliche Verbrechen ist ein Auftrag, Integration sehr ernst zu
nehmen und sich gemeinsam an Gesetze zu halten. Das geht nämlich nur
gemeinsam, allein kann der Ali das nicht. "Wir schaffen das", hat unsere
Fremdenführerin gesagt, nicht "Ali schafft das." Wenn Sie irgendwohin
auswandern, erwarten Sie doch auch, dass erhebliche Anstrengungen und
Mittel in Ihre Integration fließen und ihre neuen Gastgeber Ihnen
helfen, sich an die Gesetze zu gewöhnen, die fremden Weiber in Ruhe zu
lassen und die Tatsache, dass besagte Gastgeber für Sie Unreine sind,
einstweilen für sich zu behalten. – Allein schaffen es auch viele
Deutsche in Deutschland nicht, die Gesetze zu beachten, hin und wieder
stößt man sogar im Knast auf so einen, aber gemeinsam mit Ali, Anis und
Ahmed werden auch diese Deutschen es packen, zumal Ali, Anis und Ahmed
noch viele spannende neue Gesetze mit ins Land bringen, mitsamt
originellen Vorstellungen, wie mit denen zu verfahren sei, die sich
nicht gemeinsam an die neuen Gesetze halten. Und wenn der Ali aus dem
Irak ein jüdisches Mädchen aus Mainz bleibt Mainz abmurkst, was kann das
anderes sein als ein "Auftrag" an die Deutschen, sich bei der
Integration von Ali, Anis und Ahmed mehr anzustrengen? Gerade die
Deutschen!
Coda: Wahrscheinlich hat Merkel ihre Teflonphase hinter
sich gelassen und rotwelscht nun im Modus des reinen Hohns zu denen,
die schon länger hier leben. Und angesichts der Tatsache, dass ein
demokratisch verfasstes Land für das Personal, von dem es sich regieren
lässt, in hohem Maße mitverantwortlich ist, hat dieser Hohn alle Gründe
für sich.
***
Der Kolumnist Georg Diez, der als Stumpfsichtiger unter Einäugigen vom Maulwurfshügel Spiegel online
ins Land schauend sein Amt als eine Art Pseudolynkeus verrichtet ("Zum
Petzen geboren,/ zum Hetzen bestellt"), darf sich für seinen jüngsten Vorschlag
meiner vollen Zustimmung schämen. Der scheinheilige Georg plädiert
nämlich dafür, die einheitsbreiigen öffentlich-rechtlichen
Gesprächsrunden abzuschaffen – "Schluss mit Anne Will, Maybrit Illner,
Sandra Maischberger und Frank Plasberg" –, wo ohnehin, wenn auch meist
ohne rechte Gäste, über rechte Themen aneinander vorbei diskutiert wird,
und stattdessen neue Formate mit mehr Publikumsbeteiligung und mehr
Pluralismus einzurichten. Denn: "Wer stets die ewig gleichen
Chef-Schwadroneure einlädt, reduziert Politik auf Politiker und Parteien
und einen krawalligen Blick auf die Welt. Er entpolitisiert damit die
Gesellschaft."
Als Flaneur und Geistesmensch habe ich zwar ein
großes Faible für jede Drosselung des politischen Straßenlärms, aber
gleichwohl stimme ich zu. Am besten, Spiegel online finge
gleich als gutes Beispiel an und sonderte außer Diez selber, den ich als
verlässlichen "Dachschadensanzeiger" (Wolfgang Röhl) vermissen thät’,
alle Kolumnisten aus, die jede Woche ungefähr dasselbe schreiben wie
Diez und die Lektüre dieser Kolumnen so abwechslungsreich gestalten wie
die Betrachtung einer Reihe von Franziskanerkutten (um nicht immer den
Niqab als Buntheits-Gleichnis herbeizurufen und außerdem das schöne Bild
auszugraben, welches Puccini für Debussys "Pelléas et Mélisande"
erstverwendete). Dann bliebe außer dem Diez praktisch nur noch der
zuweilen meinungsdelinquente Jan Fleischhauer übrig.
Diez will,
darf, soll und könnte sich fortan als Solist neben dem seinerseits
vielleicht etwas zu tatenarm-textlastigen "Kampf gegen rechts" der Frage
widmen: "Wie also geht Gerechtigkeit im 21. Jahrhundert?" Deren
Beantwortung garantiert seiner dem Stadium der Behandelbarkeit
wahrscheinlich entwachsenen Logorrhoe zahllose kleine Erleichterungen
und bedient zugleich jene elementare Gerechtigkeitsvorstellung, wie sie
sich aus der Perspektive des Diez’schen Maulwurfshügels ergibt und die
darin besteht, dass er, der Diez, darüber schreibt, was Gerechtigkeit im
21. Jahrhundert bedeutet und damit weiter u.a. seine
180-Quadratmeter-Wohnung in Berlin Mitte bezahlen kann, die er während
eines USA-Erwachsenenfortbildungsaufenthaltes beinahe an syrische
Migranten untervermietet haben würde, wenn er nicht eben doch letztlich
ein "besorgter Bürger" wäre, der Angst um sein Parkett und den Zustand
seines Klosett hat (hätte ich auch).
Natürlich träumt diese
ungefähr zwölfthellste Kerze auf seiner Redaktionsetage von einer ganz
anderen Öffentlichkeit als einer pluralistischen; als erklärter, wenn
auch nicht eben besonders furchteinflößender Feind einer Demokratie, die
keine verlässlichen linken Mehrheiten hervorbringt, möchte er nicht nur
alle Diskutanten von rechts ausschließen, wie es die
öffentlich-rechtlichen Laberrunden ohnehin zunehmend tun, sondern alle
Streitgegenstände, die sich als "rechte Themen" denunzieren lassen,
gleich mit. Er weiß selber, dass das nie funktionieren wird, ohne
zugleich DDR zu spielen, aber primär schreibt er diese Kolumnen ja
nicht, um die Welt oder das Land zu verändern, sondern um seine Miete zu
bezahlen und in seinen Kreisen als der smarte Georg zu gelten, der
immer so trendige Kolumnen verzapft, in denen er das tolle, bunte,
fortschrittliche, aber von dunkelgestern bedrohte restdeutsche Morgen
zwar nicht auf irgendeinen Begriff, aber irgendwie cool zum Ausdruck
bringt. Ob das besonders klug ist, stehe übrigens dahin; es könnte ja
auch sein, dass er selber dereinst zu den aus
Vielfaltserneuerungsgründen entlassenen Kolumnisten gehört, denn wenn
ein Ei dem anderen gleicht, ist es ja eher Zufall, welches man in die
Pfanne haut...
PS: Vor welchem "Strukturwandel der
Öffentlichkeit" (Sankt Jürgen) diese publizistische Klonarmee
tatsächlich Angst hat, beschreibt Alexander Wendt hier.
***
Mein
Eintrag vom 10. Juni über das Urteil der Kölner Richterin Ulrike
Grave-Herkenrath, die einen Totschläger namens Ahmed R. mit Bewährung
davonkommen ließ, hat zahlreiche Reaktionen hervorgerufen. Zunächst
einmal machten mich mehrere Leser darauf aufmerksam, dass die Dame
Vorsitzende eines Kölner Gefangenenfürsorgevereins ist, woran sich
eigentlich nichts Ehrenrühriges fände, aber wenn ein Staatsbediensteter
einem Verein präsidiert und dann dessen Klientel auffallend bevorzugt
behandelt, hat das vielleicht doch ein Gschmäckle. Für den Weißen Ring
fühlt sich die Dame denn doch wohl zu kriminellophil, wirklich
progressive Richter sind ja keine Staats-, sondern Täteranwälte. –
Sodann wies ein Leser darauf hin, ich hätte zu erwähnen vergessen, dass
die Staatsanwältin im besagten Prozess zwei Jahre und acht Monate Haft
für den Totschläger gefordert hatte. Was uns zu einem ähnlichen Urteil
der Frau Grave-Herkenrath – sie trägt das Grab im Namen – führt, auf
welches Leser *** meine Aufmerksamkeit lenkte. Damals hatte Frau
Grave-Herkenrath – ich werde es einfach nicht satt, ihren Namen zu
wiederholen –, damals also hatte Frau Grave-Herkenrath den als
"Komaschläger" bekannt gewordenen Erdinc S. zu einer Haftstrafe von
einem Jahr und neun Monaten auf Bewährung verurteilt. Der
Neunzehnjährige hatte einen indigenen Arbeitslosen so geschlagen, dass
der gegen die Glasscheibe einer Telefonzelle stürzte, wochenlang im Koma
lag und seitdem zu sechzig Prozent schwerbehindert ist. Als Vorsitzende
Richterin befand Frau Grave-Herkenrath, er habe die schweren
Hirnverletzungen seines Opfers nicht vorsätzlich, sondern fahrlässig
herbeigeführt. Deswegen blieb das Gericht deutlich unter dem von der
Staatsanwaltschaft geforderten Strafmaß von dreieinhalb Jahren Haft. Ich
hätte dem Erdinc ja ein paar Sozialstunden beim Billard verpasst, damit
er beim nächstenmal die Kartoffel nicht gleich gegen eine Telefonzelle
schießt.
Leser *** wiederum teilte mit, dass "die von Ihnen
erwähnte Richterin" – er meint Frau Ulrike Grave-Herkenrath – ihre
Urteile "nicht, oder zumindest nicht nur aus rassistischen Motiven"
fälle und fügte als Beleg folgendes Urteil
bei: Patrik L., 23, hatte ein kleines Mädchen auf bestialische Weise
totgeschlagen und im Müllsack entsorgt, dafür brummte ihm Frau
Grave-Herkenrath immerhin zwölf Jahre Gefängnis auf, was im Gerichtssaal
dennoch zu Tumulten führte. Der Täter besaß keine
exotische Gruppenzugehörigkeit. Ich hatte allerdings auch nicht darauf
insistiert, dass die Grundgütige sich ausschließlich vom umgekehrten
Rassismus leiten lasse, sondern geschrieben:
"Dieser Typus
Blutrichter fordert kein Blut mehr, um sich dem Zeitgeist anzudienen,
sondern entschuldigt aus dem gleichen Grund dessen Vergießen, sofern
eben der ethnisch-kulturelle und soziale Vorurteilskatalog es gebietet.
In der Milde von Frau Grave-Herkenrath, deren hyänenhafte Kehrseite
gegenüber den Opfern schlicht monströs ist, kulminiert die 68er
Schuldumkehr-Ideologie, welcher zufolge Straftäter, sofern sich bei
ihnen keine rechte Gesinnung auftreiben lässt, Opfer der Gesellschaft
sind, denen mit Verständnis zu begegnen die edle Pflicht und
Hauptaufgabe der Justiz ist."
Zuletzt will ich zu diesem Thema – also zu Frau Grave-Herkenrath als pars pro toto
für eine zunehmend Tendenzurteile fällende Justiz – eine Juristin
zitieren, die von einer "fast schon herrschenden Diversity-Justiz"
spricht, welche "ungeniert Gruppenzugehörigkeit berücksichtigt, wobei
der Orientalen-Rabatt besonders hervorsticht". Als Rechtspflegerin am
Amtsgericht *** möchte sie "mit der oben erwähnten Dame nicht in einen
Topf geworfen werden. Richter sind Organe der Rechtspflege, aber auch
wenn sich 'rheinische Rechtspflegerin' sprachlich gut macht, treffen Sie
nur ungerechtfertigt meinen Berufsstand (ich gebrauchte den Begriff
'Rechtspflegerin' als ironische Metapher für Frau Grave-Herkenrath –
M.K.). Der Rechtspfleger ist auch ein selbstständiges Organ der
Rechtspflege, seine Zuständigkeiten, hauptsächlich im Bereich der
Freiwilligen Gerichtsbarkeit, ergeben sich aus dem Rechtspflegergesetz.
Allerdings hat der Rechtspfleger nicht Verfassungsrang wie der Richter
und eben darum nur die sachliche Unabhängigkeit, nicht die persönliche
Unabhängigkeit.
Dass die persönliche und sachliche Unabhängigkeit
von vielen Richtern mangels Bildung in ihrem Fach und mangels Charakter
nicht ausgeübt wird, dafür ist der Kölner Fall ein neues, erschreckendes
Beispiel. Leider sind viele Richter, oft die jüngeren, bloße
Bürofuzzis, die sachliche Unabhängigkeit mit unglaublichem akademischen
Hochmut und persönliche Unabhängigkeit mit freier Dienstzeit und
reservierten Mittagstischen in der Gerichtskantine verwechseln. Die
gerade nicht dummen, aber um so treuloseren Urteilsbegründungen lassen
mich erkennen, dass selbst eine im Rang relativ hohe Richterin nicht ihr
Amt unabhängig ausübt. Die Verfassung und die ihr damit übertragene
Aufgabe der Richterin erfüllt sie nicht. Scheinbar fühlt sie sich noch
nicht einmal in ihrem Amt frei, sondern meint, sich an die PC anpassen
zu müssen. Wie perfekt kann man sie dann als bloße Bürgerin unterwerfen!
Warum? Will sie sich ihren Weg für ein Richteramt am
Oberlandesgericht nicht verbauen oder die Präsidentschaft eines LGs im
OLG Bezirk Köln?" MK am 12. Juni
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.