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Dienstag, 3. Mai 2016

Das Thema unserer Zeit

Die AfD will den Islam in Deutschland in die Schranken weisen. Wie denkt darüber einer aus der Partei, der nicht nur über Halbwissen verfügt? Im Gespräch mit n-tv.de erklärt Islamwissenschaftler Tillschneider, bekennender Identitärer und promovierter Koranexperte, warum er die Islamgegner in seiner Partei unterstützt.

Hans-Thomas Tillschneider wurde 1978 in Rumänien geboren und wuchs im Schwarzwald auf. Ab 1998 studierte er Islamwissenschaften in Freiburg und Leipzig und ging 2000 für ein Jahr nach Damaskus. In Jena promovierte er zu einem Thema der Koranauslegung. Seit 2010 ist er Assistent am Lehrstuhl für Islamwissenschaft an der Universität Bayreuth und lehrt dort. Tillschneider ist Mitglied der AfD und gehört dort dem als rechtsnational bzw. völkisch bezeichneten Flügel an. Mit seinem Einzug in den sachsen-anhaltischen Landtag am 13. März wurde Tillschneider Abgeordneter und lässt seine Lehrtätigkeit ruhen. Er bekennt sich zur Identitären Bewegung, eine völkisch orientierte Gruppierung innerhalb der Neuen Rechten. Den Islam kritisiert Tillschneider nicht an sich, sondern hält ihn für inkompatibel mit der deutschen Kultur. Lapidar ausgedrückt: Der Islam soll so bleiben, wie er ist, aber auch bleiben, wo er herkommt.


 
Warum wäre der Verlust der Identität schlimm?
Da kommen wir in den Bereich der letzten Fragen. Jeder muss für sich die Frage beantworten: Wollen wir unser deutsches Volk, unsere deutsche Kultur und unseren besonderen Weg, durch die Geschichte zu gehen, bewahren? Oder wollen wir sagen, das können wir entsorgen, weil es die internationalen Wirtschaftskreisläufe hemmt und deshalb konstruieren wir jetzt eine Einheitskultur und schleifen alles ab?
Ist das denn schon der Fall?
Natürlich. Das ist ein Grund, warum ich schon vor vielen Jahren in den Osten gezogen bin. Ich war das erste Mal im Jahr 2000 in Leipzig. Was mich da überrascht hat, war, dass diese Gegenden so schön deutsch sind. Diese Gegenden haben sich etwas bewahrt, was im Westen verlorengegangen ist. Die neuen Bundesländer haben in meinen Augen eine Vorbildfunktion für die alten, weil sich dort noch viel, viel deutsche Kultur erhalten hat, die im Westen teilweise schon verloren ist.
Die Auseinandersetzung um den Islam dreht sich momentan eher um symbolische Diskussionen - etwa um die Bedeutung von Minaretten. Warum sind Sie der Meinung, diese markierten einen Herrschaftsanspruch des Islam?
Ein Minarett markiert die Moschee nach außen als einen islamischen Kulturbau. Sie wird als Fremdkörper ersichtlich, als islamische Kulturinsel in unserem Bereich. Der Islam kann aber nicht zwischen Religion und Politik trennen. Was uns ganz tief eingeschrieben ist, nämlich die Trennung von Staat und Religion, hat er nie vollzogen, weil er von Anfang an eine hochpolitische Religion war. Deshalb transportiert das Minarett einen Machtanspruch.
Bei der AfD-internen Islamdebatte bekommt man den Eindruck, dass da viel Halbwissen herumwabert. Bereitet das Ihnen als Islamwissenschaftler manchmal Bauchschmerzen?
Nein. Vieles, was vorgebracht wird, stimmt natürlich nicht oder ist Halbwissen. Aber für eine demokratische Willensentscheidung muss sich niemand rechtfertigen. Wenn die Kassiererin keine Moschee in ihrem Umfeld will, dann hat ihre Stimme das gleiche Gewicht wie die des linksliberalen Professors, der mit schönen Worten rechtfertigen kann, weshalb er findet, dass eine Moschee in sein Wohnumfeld gehört. Deshalb weise ich immer die Frage zurück, weshalb im Osten der Widerstand so groß und im Westen so gering sei, wo es doch im Osten so wenige Ausländer und Muslime gibt. Da sage ich immer: Das interessiert mich nicht. Das relativiert die demokratische Willensbekundung, wir haben sie aber nicht zu relativieren, wir haben sie zu akzeptieren.
Sie haben selbst ein Jahr in Damaskus verbracht. Wie haben Sie diese Zeit erlebt?
Das war eine sehr schöne und sehr bereichernde Zeit. Ich bin auch sehr gerne im Orient und habe großen Respekt vor dem Islam. Ich will aber nach Damaskus fahren müssen, um eine Moschee zu sehen. Ich hatte damals die Wahl, nach Damaskus oder nach Kairo zu gehen, das war die klassische Alternative für Orientalistikstudenten zu jener Zeit. Ich habe mich ganz klar für Damaskus entschieden, weil mir Kairo zu verwestlicht war. Es geht mir um diese Identitäten. Deshalb unterstütze ich die Identitäre Bewegung und bekenne mich auch dazu. Ich will eine bunte Welt aus vielen verschiedenen Kulturen. Werden verschiedene Kulturen in einer Gesellschaft zusammengewürfelt, verschmelzen sie entweder zu einem grauen Einheitsbrei oder es entstehen Konflikte. Multikulti funktioniert nicht. Ich will einen Islam, der islamisch ist, und ein Deutschland, das deutsch ist. Daran kann ich eigentlich nichts Schlechtes erkennen.
Sie haben beim Parteitag der AfD am Wochenende eine Reihe von verschärfenden Änderungsanträgen zum Grundsatzprogramm gestellt, darunter mehrere zum Islam. Abgestimmt wurde jetzt nur der, in dem Sie gegen die Förderung eines Reformislam argumentieren. Worum geht es Ihnen dabei?
Islamkritik ist nicht gleich Islamkritik. Das Gute ist, dass wir uns in der AfD alle einig sind, dass der Islam nicht zu Deutschland gehört. Aber unterhalb dieses Konsenses gibt es unterschiedliche Auffassungen, weshalb dem so ist. Ich vertrete eine kulturalistische Islam- oder besser Islamisierungskritik. Ich sage: Der Islam passt nicht zu Deutschland. Das ist ein im Grunde trivialer, auf jeden Fall aber unmittelbar evidenter Befund von Inkompatibilität. Ich kritisiere den Islam nicht an sich und will ihn weder reformieren noch aufklären. Das halte ich gar nicht für möglich. Eine universalistische Islamkritik bezieht sich im Gegensatz zu meiner Islamkritik auf angeblich universelle, global geltende Werte, die auch der Islam respektieren müsse, und deshalb brauche es einen Reformislam. Das ist übrigens eine linke Position, wie sie auch Alice Schwarzer einnimmt. Meine Position ist: Die Deutschen haben ihre Kultur, die Muslime haben ihre Kultur, und das passt nicht zusammen. Dieser Standpunkt hat sich in Stuttgart durchgesetzt.

Mit Hans-Thomas Tillschneider sprach die ein gutes Beispiel für wahre politische Korrektheit gebende  Nora Schareika

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