Stationen

Montag, 2. Mai 2016

Kulturelle Ignoranz + Empörungstheorie + Inselbegabung = Kommunismus

„Die Fehlschläge des Kommunismus“, schrieb der amerikanische Publizist William F. Buckley Jr. 1971, „werden oft mehr wie ein Witz behandelt als wie eine Tragödie. Wie etwa in dem, der derzeit im Schwange ist: Was würde passieren, wenn die Kommunisten die Sahara besetzen würden? Antwort: Nichts – für 50 Jahre. Dann gäbe es eine Sandknappheit.“ Inzwischen weiß man, dass die Sandknappheit schon eher ausbricht. Das sieht man derzeit etwa in Venezuela. Die dortige kommunistische Regierung habe nicht mehr genug Geld, um mehr Geld zu drucken, meldet die Nachrichtenagentur Bloomberg:
"Venezuelas epische Mangelwirtschaft ist nichts Neues. Keine Windeln, Autoteile oder Aspirin – das alles ist bekannt. Doch nun droht dem Land das Geld selbst auszugehen. … Venezuela fällt es schwer,  schnell genug neue Banknoten zu drucken, um mit der rasenden Inflation mitzuhalten. Das meiste Bargeld wird, wie fast alles in diesem ölexportierenden Land, importiert. Angesichts kritisch niedriger Devisenreserven ist die Notenbank mit ihren Zahlungen an die ausländischen Lieferanten so sparsam, dass diese drohen, keine Geschäfte mit dem Land mehr zu machen. Mit anderen Worten: Venezuela ist so bankrott, dass es vielleicht bald nicht mehr genug Geld hat, um sein Geld zu bezahlen.“

Was es in Venezuela gibt, sind leere Regale. Neben Milch, Toilettenpapier, Kondomen und fast allem anderen ist neuerdings auch Bier ein Mangelartikel. Inzwischen gibt es nur noch an wenigen Stunden des Tages Elektrizität, lediglich die Hauptstadt Caracas ist von den Stromsperren ausgenommen. Um Strom zu sparen, sollen Venezuelas Behörden ab sofort nur noch zwei Tage pro Woche arbeiten – Bürokratieabbau auf ökologische Art.
Medikamente? Gibt’s nicht mehr. 2014 schrieb ich an dieser Stelle, wie der Sozialismus in Venezuela zur Rückkehr der Malaria, des Denguefiebers und anderer Seuchen beigetragen hat. In den sechziger Jahren war Venezuela eines der ersten tropischen Länder gewesen, die die Malaria ausgerottet hatten, und blieb weitgehend malariafrei bis zu den ersten Jahren der Amtszeit von Chávez. Doch um diesen Zustand zu erhalten, braucht es ein aufwendiges Programm – diesen Aufwand scheuen Sozialisten. Selbst Wasser wird knapp: Tanklastwagen mit Wasser werden auf der Straße überfallen; manche trinken Wasser aus Swimmingpools. „Wasser ist jetzt Gold“, zitiert ein Reporter des „Wall Street Journal“ einen Venezolaner, der selbst einen LKW überfallen hat.


Eigentlich sollte die Misere zu Ende sein, denn bei den Parlamentswahlen am 6. Dezember errang die Opposition eine Zwei-Drittel-Mehrheit. Die Regierung wurde also mit überwältigender Mehrheit abgewählt. Doch mit Hilfe des ihm hörigen Verfassungsgerichts blockiert Venezuelas Präsident Maduro die Arbeit des Parlaments, regiert wie ein Diktator mit Dekreten und lässt weiterhin Oppositionelle einsperren.
Wenn die Weltpresse in den nächsten Monaten vermehrt über die Katastrophe in Venezuela berichten wird, wird es heißen: Der Ölpreis ist gefallen und das größte Wasserkraftwerk des Landes, der Guri-Staudamm, liefert wegen einer Dürre weniger Strom. Beides ist richtig. Doch ist das die Ursache des Schlamassels? Nein. Rohstoffpreise steigen und fallen seit Menschengedenken, und schon immer gab es Trockenperioden. Im Sommer 2009/2010 war der Pegel des Guri-Stausees schon einmal so niedrig. Die Regierung hatte sechs Jahre Zeit, sich dem Problem zu widmen. Sie hätte entweder in die heimische Stromindustrie investieren oder Kooperationen mit den Nachbarländern aufbauen können, damit die im Notfall Strom liefern. Doch ihre Macht zu erhalten und sich zu bereichern, waren die einzigen Dinge, um die sie sich kümmerte.
Dass die Industrieproduktion in Venezuela – und auch die Ölförderung – immer weiter schrumpft, hat viele Gründe, die allesamt von der Regierung zu verantworten sind. Einer davon ist, dass sie keinen Devisenhandel zulässt. Sie beansprucht für sich das Recht, die einzige Instanz zu sein, die die heimische Währung, den Bolivar, gegen US-Dollar tauschen darf – zu einem von ihr bestimmten Phantasiekurs, der mittlerweile um 99,5 Prozent unter dem („Schwarz“-) Marktpreis liegt. Das wäre für jeden, der zum staatlichen Kurs Bolivar gegen Dollar tauscht, das Geschäft seines Lebens. Aber die Regierung hat gar keine Dollar, die staatliche Wechselstube existiert nur in der Theorie.


Nun benötigen Venezuelas Unternehmen natürlich fortwährend Devisen, um die notwendigen Rohstoffe, Halbfertigwaren, Kapitalgüter, Dienstleistungen etc. im Ausland einzukaufen.


Doch die bekommen sie nicht, denn die Devisenreserven sind aufgebraucht. So kann der venezolanische Getränkekonzern Polar jetzt etwa kein Bier mehr brauen, weil er keine Gerste kaufen kann.
Die heimische Produktion sinkt immer weiter, und auch Importe kommen nicht mehr nach Venezuela. Es ist, als hätte in einem Krieg der Feind eine völlige Handelsblockade gegen ein Land verhängt. Doch die Wahrheit ist, dass dieser Feind im Miraflores-Palast in Caracas sitzt. Der kann die Venezolaner effektiver aushungern, als es feindliche Soldaten und Kriegsschiffe je vermöchten – wenn das Volk nicht vorher verdurstet. Venezuela führt, wie Nordkorea, der Welt wieder einmal vor Augen: Kommunismus ist lächerlich, aber kein Witz. Als Fidel Castro vor einigen Jahren gefragt wurde, ob das kubanische Modell etwas sei, das es wert wäre, exportiert zu werden, antwortete er freimütig: „Das kubanische Modell funktioniert nicht einmal bei uns.“ Hätte er das mal rechtzeitig seinem Freund Chávez erzählt.

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