Diesen Schmerz kenne ich schon lange. Zum ersten Mal hörte ich ihn, als ich auf dem Sportplatz in Aub nach dem Sportfest 1965 zum ersten Mal in meinem Leben das Deutschlandlied hörte, das unsere Lehrerin vor einer Gruppe 8-Klässler, kurz bevor alle nach hause gingen, dirigierte. So eine schöne Melodie hatte ich noch nie gehört. Es dauerte ganz kurz. Ich traute mich nicht zu fragen, was das für ein Lied war, weil die Stimmung so feierlich gewesen war und schon wieder vorbei war und ich mich schämte, ein Lied nicht zu kennen, das die Größeren alle kannten. Ich hatte immer noch Herzklopfen, weil der feierliche Ton in mir nachklang. Es dauerte viele Jahre, bis ich erfuhr, dass es sich um das Deutschlandlied handelte.
Zum zweiten Mal hörte ich diesen Schmerz zwei Jahre später in Weikersheim, als der Musiklehrer uns 10 Sekunden aus dem Rondeau der Abdelazer Suite von Purcell vorspielte. Es war das erste Mal in meinem Leben, dass mich klassische Musik ansprach, es war Liebe auf den ersten Takt und Purcell blieb auch später mein Lieblingskomponist. Der Lehrer hatte uns gesagt, das sei Purcell, aber nicht, wie das Stück hieß. Auch in diesem Fall traute ich mich nicht zu fragen, weil die Emotion, die dieses Stück in mir auslöste, zu intim und heftig war, um mitgeteilt werden zu können. Nicht einmal meinem besten Freund sagte ich etwas davon, denn er saß ja neben mir und nichts ließ erkennen, dass diese Klänge ihm etwas bedeuteten. Er kannte meine Einsamkeit nicht.
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