Stationen

Montag, 2. Oktober 2023

Held unserer Zeit

 


 Gerade ist die Delegation australischer Parlamentarier wieder abgereist, die vergeblich versucht hatte, Sie aus dem britischen Hochsicherheitsknast Belmarsh mit in die Heimat zu nehmen. Seit Monaten sitzen Sie in diesem Loch in Isolation, während über Ihre Auslieferung an eine unerbittliche USA verhandelt wird.

Sie sind blass, auf Ihrer weissen Haut liegen rote Flecken, Ihre Nase ist geschwollen, Ihre Augen tränen, Ihre Haare fallen aus, der Schweizer Uno-Beauftragte Nils Melzer, der Ihre Haftbedingungen untersuchte, sprach von Folter. An Verhandlungstagen werden Sie im roten Overall vorgeführt wie ein gefährlicher Serienkiller, Eisen an Händen und Füssen, gedemütigt durch Leibesvisitationen, ohnmächtig vor einer selbstherrlichen Richterin, die jeden Moment Ihre Auslieferung an die US-Justiz verfügen kann.

Dort drohen Ihnen 175 Jahre Zuchthaus. Ihr Vergehen: Sie haben Kriegsverbrechen publik gemacht. Sie haben einen Film ins Netz gestellt, in dem zu sehen ist, wie US-Soldaten aus einem Helikopter heraus Zivilisten niedermähen. Diese Bilder, entstanden während der Obama-Ära, schrien förmlich: Schurkenstaat USA!

Lieber Julian Assange, Ihre Gedanken rasen. Sie sind zerrüttet. Manchmal halluzinieren Sie. Sie möchten schreien, aber Sie wissen, keiner hört Sie in diesem Loch.

Warum, fragen Sie sich mit Recht, gibt es keinen Aufschrei draussen? Warum lassen Medien wie der Spiegel, die 2010 aus Ihren Wiki-Leaks ihre Titel-Storys gestrickt haben, Sie jetzt verrotten? Wo bleibt das Konzert «Free Assange» im Hydepark? Was treibt unsere grüne Außenministerin?

Vielleicht denken Sie auch manchmal: Was war ich für ein selbstherrlicher Trottel damals, dass ich diese #MeToo-Frauen gegen mich aufgebracht habe, die mich fälschlicherweise der Vergewaltigung beschuldigten und damit zur Flucht zwangen, in diese Odyssee über die ecuadorianische Botschaft und schliesslich in dieses Loch?

Lieber Julian Assange, geben Sie nicht auf. Sie sind zum Symbol des Kampfes um Pressefreiheit geworden.   Matussek


 Ulrike Guérots erste Wahlkampfrede für Wagenknechts neue Partei. Meine Zukunft wird - wie seit 50 Jahren schon - wiederum diese sein: zu 51% werde ich der AfD zustimmen (das ist die absolute Mehrheit), aber zu 49% werde ich mich ihrer Gegenpartei verbunden fühlen: Leuten wie Guérot, Wagenknecht und ein paar weiteren gewissenhaften Linken. CONTRARIA SVNT COMPLEMENTA.

 

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