In einer Rede über den „Grünen Paß”, gerichtet an den Senat in Rom, erklärte der italienische Philosoph Giorgio Agamben am 7. Oktober 2021:
„Ich möchte mich nur auf zwei Punkte konzentrieren, die ich den Abgeordneten zur Kenntnis bringen möchte, die sich zur Umwandlung der Verordnung über den grünen Paß in ein Gesetz äußern müssen.
Der erste ist die offensichtliche Widersprüchlichkeit des betreffenden Dekrets. Sie wissen, daß die Regierung sich mit einem speziellen Dekret von jeglicher Haftung für durch den Impfstoff verursachte Schäden befreit hat. Und die Schwere dieser Schäden ergibt sich aus der Tatsache, daß in Artikel 3 des Dekrets ausdrücklich die Artikel 589 und 590 des Strafgesetzbuches erwähnt werden, die sich auf fahrlässige Tötung und fahrlässige Verletzungen beziehen.
Wie maßgebliche Juristen festgestellt haben, bedeutet dies, daß der Staat nicht bereit ist, die Verantwortung für einen Impfstoff zu übernehmen, der seine Testphase noch nicht abgeschlossen hat. Gleichzeitig versucht er mit allen Mitteln, die Bürger zur Impfung zu zwingen, indem er sie andernfalls aus dem gesellschaftlichen Leben ausschließt und nun mit dem neuen Dekret, das Sie bestätigen sollen, ihnen sogar die Arbeitsmöglichkeit nehmen will.
Ist es möglich, frage ich, sich eine rechtlich und moralisch anormalere Situation vorzustellen? Wie kann der Staat diejenigen, die sich entscheiden, sich nicht impfen zu lassen, der Verantwortungslosigkeit bezichtigen, wenn derselbe Staat formell jegliche Verantwortung für mögliche schwerwiegende Folgen ablehnt?
Ich möchte, daß die Abgeordneten über diese Widersprüchlichkeit nachdenken, die meiner Meinung nach eine juristische Ungeheuerlichkeit darstellt.
Der zweite Punkt, auf den ich Ihre Aufmerksamkeit lenken möchte, betrifft nicht das medizinische Problem des Impfstoffs, sondern das politische Problem des Gesundheitspasses, das nicht mit dem ersten zu verwechseln ist. Wissenschaftler und Ärzte haben gesagt, daß der Gesundheitspaß an sich keine medizinische Bedeutung hat, sondern dazu dient, Menschen zur Impfung zu zwingen.
Ich glaube eher das Gegenteil: Das heißt, der Impfstoff ist ein Mittel, um die Menschen zu einem Gesundheitspaß zu zwingen, nämlich zu einem Instrument der Kontrolle und Verfolgung sämtlicher Bewegungen der Personen – eine bisher beispiellose Maßnahme. Politikologen wissen seit langem, daß sich unsere Gesellschaften vom früheren Modell der ‚Disziplingesellschaft’ zu einer ‚Kontrollgesellschaft’ entwickelt haben; mit einer nahezu unbegrenzten digitalen Kontrolle einzelner Verhaltensweisen, die auf diese Weise quantifizierbar werden.
Wir sind dabei, uns an diese Kontrollinstrumente zu gewöhnen, aber ich frage Sie: Bis zu welchem Punkt können wir diese Kontrolle akzeptieren? Ist es möglich, daß die Bürger einer vermeintlich demokratischen Gesellschaft in einer schlechteren Lage sind als die Bürger der Sowjetunion unter Stalin? Sie wissen vielleicht, daß die Sowjetbürger gezwungen waren, einen Passierschein für jede Reise von einem Ort zum anderen vorzulegen. Wir hingegen müssen den Paß zeigen, um ins Restaurant, ins Museum oder ins Kino zu gehen. Und jetzt sollen wir ihn sogar zeigen, um arbeiten zu gehen!
Wie kann man akzeptieren, daß, zum ersten Mal in der Geschichte Italiens nach den faschistischen Gesetzen von 1938 für Nicht-Arier, jetzt Bürger zweiter Klasse geschaffen werden, die aus rein rechtlicher Sicht den gleichen Beschränkungen unterliegen wie einst die Nicht-Arier?
Alles deutet darauf hin, daß die aufeinander folgenden Dekrete in einen Prozeß der Transformation von Institutionen und Paradigmen der Regierung eingeschrieben werden sollen. Eine Umwandlung, die umso heimtückischer ist, als sie, wie im Faschismus, ohne Änderungen des Verfassungstextes stattfindet, also heimlich. So wird das Modell der parlamentarischen Demokratien mit ihren Rechten, ihren verfassungsmäßigen Garantien, ausgehöhlt und ausgelöscht. An ihre Stelle tritt ein Regierungsparadigma, das im Namen von Biosicherheit und Kontrolle die individuellen Freiheiten zunehmend einschränkt.
Die ausschließliche Fokussierung auf Infektion und Gesundheit scheint mir zu verhindern, daß wir die Bedeutung dieses großen Wandels der politischen Sphäre wahrnehmen und erkennen, daß Sicherheit und Notfall keine vorübergehenden Phänomene sind, sondern die neue Form der Regierbarkeit darstellen. Ich glaube, daß es unter diesem Gesichtspunkt für die Parlamentarier dringender denn je ist, sich mit dem laufenden politischen Wandel auseinanderzusetzen, der übrigens auf lange Sicht dazu bestimmt ist, daß das Parlament seine Befugnisse verliert und sich darauf beschränkt, im Namen der Biosicherheit Dekrete zu verabschieden, die von Organisationen und Personen stammen, die mit dem Parlament nur wenig zu tun haben.” Agamben
Roger Köppel treiben ähnliche Sorgen um.
Könnte es sein, dass die staatlich verordnete Impfpflicht vor allem deshalb nicht eingeführt wird, weil man dann womöglich den Staat haftbar machen könnte, falls der heiße Shyce Thrombosen oder Herzmuskelentzündungen auslöst?
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.