WÜRZBURG. Der emeritierte Papst Benedikt XVI. hat die homosexuelle Ehe als tiefgreifende kulturelle Revolution bezeichnet und vor deren Folgen gewarnt. Der Begriff „Homo-Ehe“ stehe im Widerspruch zu allen bisherigen Kulturen und Traditionen der Menschheit. Es gehe deshalb nicht um etwas mehr Offenheit, sondern um die Grundfrage „Wer ist der Mensch?“, schreibt Benedikt in einem am kommenden Donnerstag in der Tagespost veröffentlichten Text.
Wenn die Sexualität von der Fortpflanzung getrennt werde, breche der Mensch mit der ihm von Gott zugedachten Würde und Natur. „Damit geht es auch um die Frage: Gibt es einen Schöpfer, oder sind wir alle nur gemachte Produkte?“ Es gebe die Alternative: „Der Mensch als Geschöpf Gottes, als Bild Gottes, als Geschenk Gottes oder der Mensch als Produkt, das er selber herzustellen weiß. Wo der Schöpfungsgedanke preisgegeben wird, ist die Größe des Menschen preisgegeben, seine Unverfügbarkeit und seine alle Planungen übersteigende Würde.“
„Ökologie des Menschen“ sei leider noch nicht konkret geworden
Durch die Legalisierung der Homo-Ehe in vielen europäischen Staaten habe das Thema Ehe und Familie eine neue Dimension angenommen, die man nicht ignorieren dürfe. „Es zeigt sich eine Verbildung des Gewissens, die offenbar tief in die Kreise des katholischen Volkes hineinreicht. Darauf kann man nicht mit ein paar kleinen Moralismen antworten und auch nicht mit ein paar exegetischen Hinweisen. Das Problem geht tief und muß daher grundsätzlich bedacht werden.“
Zentral dabei sei die „Ökologie des Menschen“, unterstrich Benedikt. Die ökologische Bewegung habe die Grenzen der Machbarkeit entdeckt und erkannt, daß die „Natur“ ein Maß vorgebe, das nicht ungestraft ignoriert werden könne. Die „Ökologie des Menschen“ sei jedoch leider noch immer nicht konkret geworden.
„Auch der Mensch hat eine Natur, die ihm vorgegeben ist“
„Auch der Mensch hat eine Natur, die ihm vorgegeben ist und deren Vergewaltigung oder Verneinung zur Selbstzerstörung führt. Gerade darum geht es auch im Fall der Schöpfung des Menschen als Mann und Frau, die im Postulat der homosexuellen Ehe ignoriert wird“, schreibt der emeritierte Papst. Die Frage müsse in dieser Größenordnung behandelt werden. „Nur so werden wir unserem Auftrag für den Menschen vor Gott gerecht.“
Die Schweizer hatten am Sonntag mit klarer Mehrheit für die gleichgeschlechtliche Ehe gestimmt. Die Schweiz war eines der letzten westlichen Länder, in denen Homosexuelle noch nicht heiraten konnten. In Deutschland hatte der Bundestag die „Ehe für alle“ 2017 beschlossen. Die Mehrheit dafür kam zustande, weil auch einige Dutzend Unionsabgeordnete dafür gestimmt hatten.
Benedikts Text war zuvor als Einführung in seinem italienischen Buch „La vera Europa. Identità e Missione“ („Das wahre Europa. Identität und Mission“) erschienen. JF
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