Stationen

Freitag, 25. November 2016

Besser als der Hauptmann von Köpenick




Der Postbote


 Postel berichtet: „Auf die Stelle hatten sich 39 Ärzte beworben, acht kamen in die engere Wahl und mussten vor der Berufungskommission des Ministeriums einen Vortrag halten.“ Postel sprach über „Die pseudologia phantastica – die Lügensucht im Dienste der Ich-Erhöhung – aus der psychoanalytischen Diagnostik am literarischen Beispiel der Figur des Felix Krull“. Und erinnert sich, dass sein Vortrag geradezu glänzte vor Ästhetik, bei dem, was nur er wusste. „Die Psychiatrie ist ein Fach, das von Wortakrobatik lebt“, erklärt Postel. Als Thema seiner Doktorarbeit gab er die „Kognitiv induzierte Verzerrung in der stereotypen Urteilsbildung“ an. „Das ist eine Aneinanderreihung leerer Begriffe.“ Der Vorsitzende habe geantwortet: „Das ist ja interessant, Sie werden sich bei uns sicher wohlfühlen.“ Zwei der Bewerber seien gar habilitiert gewesen. „Und der Postbote hat die Stelle bekommen.“

Postel war unter anderem Weiterbildungsbeauftragter der sächsischen Landesärztekammer im Bereich Psychiatrie, Vorsitzender eines Fachärzteausschusses und Leiter des Maßregelvollzugs. Niemals wurde er kritisiert. „Fragen gilt in diesen Kreisen als Inkompetenz“, erklärt Postel. Er habe sogar Krankheitsbegriffe erfunden, die es nicht gab, so etwa die bipolare Depression dritten Grades – die niemand jemals hinterfragte.   Focus

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