Nun ist es vorbei, das letzte Grossereignis in einem Jahr, das uns
den Brexit, die Fussball-EM, die Olympischen Spiele und den unsäglichen
Verfassungsbruch des Nationalrats bei der Masseneinwanderungsinitiative
in Bern brachte, diesen grössten Volksbetrug in der Geschichte der
Schweizerischen Eidgenossenschaft, den unsere Zeitungen und natürlich
die nationale Fernseh- und Moralanstalt SRG nach Kräften zudecken oder
absichtlich falsch darstellen, weil der grossen Mehrheit der
Journalisten Volksentscheide und das Wohl des Landes egal sind, solange
sie einfach den von ihnen leidenschaftlich verachteten
«Rechtspopulisten», will sagen: Andersdenkenden, Verabscheuungswürdigen
eins reinbrennen können.
Das ist keine subjektive Feststellung, das ist
die Wahrheit, Frucht jahrzehntelanger Berufserfahrung.
Ich
gebe deshalb heute zu: Während der letzten Wochen verbrachte ich jeweils
die Mitternächte, angewidert von der ebenfalls einseitigen und
unprofessionellen Berichterstattung gegen den «rechtspopulistischen»
amerikanischen Immobilienunternehmer, in der abgedunkelten
Semi-Anonymität unseres Gästezimmers und schaute mir mit wachsender
Faszination die jeweils aktuellen Trump-Reden an. Der Raum war lichtlos,
mein Gesicht einzig beschienen vom fahlen Schimmer meines
iPhone-Bildschirms. Draussen nichts als Finsternis und Sterne. Hätten
meine Kinder oder meine Frau den Raum betreten, sie hätten geglaubt, den
Vater beim Betrachten unsittlicher Filme zu erwischen, während in mir
langsam die Einsicht reifte, dass sich hier tatsächlich eine der
grössten Sensationen der Zeitgeschichte anbahnen könnte, der
Überraschungssieg des unwahrscheinlichsten Kandidaten, der seit sehr
langer Zeit den Weg ins Weisse Haus wagte, dessen Erfolg im Rückblick
allerdings erstaunlich zwingend wirkt.
Und hier gleich noch ein Geständnis: Als die Wahlnacht auf das
unglaubliche, angesichts der Voraussagen fast unwirkliche Endergebnis
zulief, ertappte ich mich bei spontanen, etwas peinlichen
Jubelausbrüchen. Bei jeder Wasserstandsmeldung, die Trump vorne zeigte,
tanzte ich mit geballter Faust durchs Büro, so als ob mein geliebter
Dorfklub EHC Kloten soeben den finanziell und personell weit höher
dotierten ZSC im Eishockey-Play-off-Finalderby nach einem
aussichtslosen Rückstand doch noch gebodigt hätte. Ich sage «ertappt»,
weil es eigentlich gar keinen Grund gibt, dass ich mich über einen
Trump-Sieg derart freue.
Der Mann ist mir persönlich nicht
sonderlich sympathisch. Seine primitiven Kommentare gegen Frauen fand
ich daneben, und ganz generell hat sich mein Amerika-Bild in den letzten
Jahren eher verdüstert. Meine Begeisterung hat weniger mit der Person
und dem Charakter Trumps zu tun als mit dem demokratischen Erdrutsch,
den Trump nicht entfesselt hat, dessen Treiber und Verkörperung er nun
allerdings gegen alle Prognosen geworden ist: der richtige Mann zur
richtigen Zeit. Trumps Erfolg ist eine gigantische Ohrfeige gegen das
«System», das in Amerika, aber nicht nur dort, die Leute nervt und
plagt. Und, ja, diese Ohrfeige fühlt sich gut an.
Die Medien
versagten kolossal, und alle lagen sie falsch: die Staatsgläubigen und
politisch Korrekten, die Scheinheiligen, die Trump-Verteufler und
Umfrageinstitute, die wieder irrten, das Establishment, die grossen
Parteien, der ganze Apparat der Experten und Intellektuellen, die mit
abgrundtiefer Herablassung auf den republikanischen Kandidaten und
dessen Befürworter blickten; die «Beklagenswerten», wie sich die
unterlegene Favoritin Hillary Clinton ausdrückte.
Ich kann
nachvollziehen, dass man Trump ablehnt, dass man seine Positionen
kritisiert. Was mich allerdings entsetzte, war die hasserfüllte
Überheblichkeit der satten Elite, die Selbstverständlichkeit, mit der
diese Leute davon ausgingen, dass es eine Art Gotteslästerung bedeutet,
wenn da einer kommt und ihren angeborenen Machtanspruch bestreitet. Den
Tiefpunkt markierte der einst bewunderte Hollywoodstar Robert De Niro,
der in einem TV-Spot mit hasserfüllter Grimasse zeterte, er würde Trump
am liebsten die Faust ins Gesicht schlagen. Hier schwiegen plötzlich all
die Anstandswächter. Stellen wir uns vor, was losgegangen wäre, wenn
solche Gewaltfantasien aus dem Trump-Lager gekommen wären. Die
Verlogenheit der Trump-Verächter war ein Grund dafür, dass er gewählt
wurde, weil sich seine Anhänger mit verachtet fühlten.
Was sich
in dieser Wahlnacht abspielte, ist ein politisches Wunder, ein
Befreiungsschlag, noch unwahrscheinlicher und daher grösser als der
Brexit, eine ideologische und demokratische Revolution wie damals, als
der belächelte Schauspieler Ronald Reagan über die offiziellen
Parteigrenzen hinweg Bürger aus allen Parteien ansprach, die sich von
der Politik vergessen und verlassen fühlten. Ich habe keine Ahnung, ob
Trump seine zahlreichen Versprechungen wahr machen will oder kann. Ich
weiss auch nicht, ob er die charakterliche Grösse, den Humor und die
menschliche Liebenswürdigkeit ins Amt mitbringt, die Reagan
auszeichneten. Aber ich gebe Trump eine faire Chance, dass er seine
Kritiker überraschen und die Leute über die Gräben hinweg wieder
zusammenbringen wird. Seine beherrschte, versöhnliche und sogar durchaus
charmante Rede nach dem Wahlsieg ging in diese Richtung.
Die
Medien zeichneten Trump als negative Figur mit einer negativen
Botschaft. Sie wollten nicht sehen, dass seine wichtigste Durchsage ein
zukunftsfroher Patriotismus ist: «Make America Great Again.» Amerika
zuerst. Das hochmütige politische Kartell, das ihn bekämpfte, erlebt
seine schrecklichste Niederlage. Die Priesterkaste wurde besiegt. Und
das allein ist eine grossartige Nachricht. Wir haben wieder mehr
Vielfalt und Freiheit auf der Welt. Und, ja, das fühlt sich gut an. Roger Köppel
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