Nachdem unser landesweit wichtigster Minister Heiko
Maas – er lebe hoch! Hoch! Hoch! – mit Vehemenz für Zensurmaßnahmen im
Internet eintritt, war es eine Frage der Zeit, bis ihm nicht nur
Kollegen wie CDU/CSU-Fraktionschef Volker Kauder zur Seite springen,
sondern auch echte Manager ihr engagiertes
Nichtlängerabseitsstehenwollen zu verkünden sich anheischig machen
würden.
Etwa Dominik Wichmann, Managing Director & Editor-in-chief bei Hubert Burda Media. In seinem Text „Vorsicht vor Facebook“ (ohne Ausrufezeichen) teilt er dem interessierten Leser mit, es sei nach der Trump-Wahl „an
der Zeit, über die Begrenzung digitaler Freiheiten zu diskutieren“. Da
dergleichen staatsfromme Obsessionen derzeit gewiss auch bei der
Bertelsmann-Stiftung, der Heinrich-Böll-Stiftung, der
Friedrich-Ebert-Stiftung und natürlich der Amadeu-Antonio-Stiftung
inszeniert und ausgelebt werden, möge das von mir gewählte Beispiel als zugleich beliebig und repräsentativ gelten. Lauschen wir denn der Botschaft des „Insiders für Digitale Zukunftsthemen“.
Der Wahlsieg Donald Trumps, statuiert Wichmann, sei „auch der Triumph
der sozialen Medien über die etablierten Medien. Es ist nicht
übertrieben zu sagen: Facebook ist Schuld daran, dass ein Mann wie
Donald Trump in das mächtigste Amt der Welt gespült werden konnte. Die
vornehmliche Qualifikation Trumps scheint sich jedoch darauf zu
reduzieren, wesentlich besser als seine Kritiker und Gegner verstanden
zu haben, wie dieser neue öffentliche Raum tickt, wie man sich in ihm
bewegen muss, um ihn zu beherrschen.“
Soll heißen: Trump kann
praktisch nix – außer halt so lange auf der Klaviatur der neuen Medien
spielen, bis er ins „mächtigste Amt der Welt“ (was es alles gibt!)
gespült wird. Wofür ein Schuldiger zu suchen war und alsogleich gefunden
wurde.
„Nach den bisherigen Regeln des Mediengeschäfts hätte
Trump diese Präsidentschaftswahl niemals gewinnen können. Er hat
gelogen, gedroht und beleidigt. Aber die alten Regeln besitzen im neuen
öffentlichen Raum keine Geltung mehr. Im Gegenteil: die Eskalation, die
Lüge, der Hass, die Tyrannei der Emotion ist (sic!) das Benzin in den
Motoren von Facebook und Konsorten. Denn der Kompromiss, die Reflexion
und die Ausgewogenheit des Urteils generieren keine Klicks und damit
keine Daten und damit auch keinen Wert.“
Und die sachliche,
ausgewogene, wahrheitsliebende Hillary Clinton, die mit ihrer
Sammelbüchse sogar bis zu den Saudis taperte, um dort Sponsoren für
Toleranz, Reflexion und Weltfrieden zu werben, wurde einfach um ihre
Klicks, ihre Daten und ihren Wert betrogen, während Trump die
multimediale Eskalation bis zum Endsieg trieb.
„Man muss kein
Hellseher sein, um vorherzusagen, dass diese Mechanik der Kommunikation
künftig in aller Welt kopiert und technisch verfeinert werden wird“,
fährt Wichmann fort. „Für die Zukunft und das Wohlergehen demokratisch
und rechtsstaatlich verfasster Gemeinwesen ist das aus drei Gründen eine
eher trübe Aussicht. Erstens, weil damit noch mehr Aggression in den
politischen Diskurs Einzug einhalten wird. Zweitens, weil künftig die
Manipulation, um nicht zu sagen: die Lüge, das probate Mittel der Wahl
ist. Und drittens, weil auch die totale Entfremdung von der Politik eine
logische Konsequenz sein wird.
Wenn wir diesen Teufelskreis für
einen Irrweg halten, wenn wir die Lüge, den Aufruf zur Gewalt und die
Volksverhetzung nicht als Mittel zum Zweck akzeptieren möchten, dann
werden wir nicht umhin kommen, über die Begrenzung digitaler Freiheiten
zu diskutieren. Auch, um uns letztlich vor uns selbst zu schützen.“
Die einen halten den Teufelskreis für einen Irrweg oder umgekehrt, die
anderen glauben nach der regelmäßigen Teilnahme am alljährlichen
Genialentreffen „Digital Life Design“ tatsächlich an Schamanensprüche
wie „Das Medium ist die Botschaft“. Nun soll aber das Phänomen Trump mit
solcher Orakel-Lallerei gedeutet werden, was vor allem darauf
hinausläuft, die Wähler des dissidenten Republikaners für blöd und
unbegrenzt manipulierbar zu erklären. Diesen Menschen stehen nach
Ansicht unserer Zeitgeist-Schickeria einfach keine Gründe für ihre
Entscheidung zu, schon gar keine wahren und guten – insofern erscheint
dieses treuherzige „uns vor uns selbst zu schützen“ so glaubwürdig, als
wenn Blasiertheitsathleten wie J. Augstein oder H. Prantl dergleichen
vortrügen. Die Entfremdung der Wähler von der Politik soll jedenfalls
keineswegs das Werk der Politiker und des Establishments sein, sondern
derjenigen, die dem wechselwarmen Blutkreislauf der Demokratie bisweilen
zwar sogar neue, aber stets erschütternd falsch votierende Wähler
zuführen. Wie der Lügner und Beleidiger Trump.
Es ist ganz
gleich, ob unser digitaler Eingeweideleser tatsächlich glaubt, was er da
schreibt, oder bloß düpierte Zeitgeisterei aus ihm spricht – die
Selbstverständlichkeit, mit welcher er den Wahlausgang als falsch
behandelt, weist diesen Mann als alles mögliche aus, nur eben nicht als
Demokraten (das Wort hier mit aller gebotenen Ironie verwendet). Er
hätte den Text nicht geschrieben, wenn Clinton als Siegerin aus den
Wahlen hervorgegagen wäre, obwohl diese Frau als Präsidentin aller
Wahrscheinlichkeit nach sowohl die Lage in Syrien als auch in der
Ukraine verschärft hätte (ob nun mit oder ohne Facebook), so wie sie es
als Außenministerin bereits in Libyen bewerkstelligt hat, indem sie
Obama zur Bombardierung des Landes drängte. Die kompromissbereite,
reflexive, ausgewogene Frau Clinton ist mitverantwortlich dafür, dass
der entscheidende nordafrikanische Riegel aufgesprengt wurde und die
Europäer sich heute der Invadierung ihrer Staatsgebiete durch
Hunderttausende und bald Millionen nordafrikanische Hochbegabte
ausgesetzt sehen.
Nun mag jeder die Weltlage kommentieren, wie
er will. Aber wenn auf einmal Staats- und Wirtschaftsfunktionäre ihre
Polizeiinstinke entdecken und Zensurmaßnahmen fordern, weil ihnen die
Ergebnisse von Volksabstimmungen nicht passen, muss man hellhörig
werden. Selbstredend hört unsereiner mit seiner Zonenvergangenheit das
totalitäre Gras eher wachsen als ein in der Diversity- und
Toleranz-Brühe gegarter smarter Westdeutscher mit Oberschichtskontakt.
Das Netz ist nämlich gar kein rechtsfreier Raum, wie diese Leute uns
einzuflüstern versuchen, um staatlichen Eingriffen in die Redefreiheit
so etwas wie Legitimität zu verleihen, und es war nie ein rechtsfreier
Raum; das Strafrecht gilt im Netz wie überall sonst (gewisse bunte
Stadtteile in NRW, Bremen und der Hauptstadt der DDR vielleicht
ausgenommen), und auch wenn es wegen der teilweisen Anonymisierung der
Absender und ausländischer Server schwierig ist, können Beleidigungen
und Verleumdungen im Internet strafrechtlich verfolgt werden. Aber um
strafrechtlich relevante Beleidigungen geht es hier nicht, sondern um
politische Kontrolle; man will uns suggerieren, das Netz sei ein
rechtsfreier Raum, damit es schrittweise in einen Unrechtsraum
verwandelt werden kann, in den dreidimensionalen Maas-Kauder-Kahane-Raum
aus Zensur, Löschung und Sperre. Nicht das klar definierte Strafrecht
soll im Netz gelten, sondern der nach Gutdünken und Willkür
handverlesener Ideologen, Spitzel und Denunzianten veranstaltete „Kampf
gegen rechts“.
Die "Menschen da draußen im Land" (A. Merkel) werden sich entscheiden müssen, ob sie lieber ein amerikanisches Freedom-of-speech-Internet
haben wollen oder ein staatlich kontrolliertes halbchinesisches
Erziehungsinternet. Und wenn Sie mich fragen: Besser ein tatsächlich
rechtsfreier virtueller Raum mit all seinem Schmutz und Geifer als ein
steriler Unrechtsraum nach dem Geschmack von Parteifunktionären,
Karriere-Opportunisten und aggressiven Papageien der jeweils gerade
angesagten politischen Tendenz. MK am 28. 11. 2016
Wie soll man?
Wie umgehen mit Verleumdung
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