Barack
Obama hat um den moralischen Hochsitz, auf dem unsere Kanzlerin thront,
zum Abschied noch einen dichten Lorbeerkranz geflochten. Nachdem seine
getreue Staffelträgerin Hillary Clinton so kläglich an einem
unerfahrenen Polit-Rabauken gescheitert ist, soll nun Angela Merkel die
westlichen Werte verteidigen. Die New York Times stilisiert die
deutsche Regierungschefin gar zu einer Jeanne d’Arc der Freiheit, die
unerschrocken gegen Nationalismus ankämpft und nicht weniger als die
Welt vor dem Sog des „Rechtspopulismus“ bewahre.
Es sind dies vergiftete Lobeshymnen. Denn es ist nicht im deutschen
Interesse – das Angela Merkel nun in einer vierten Amtszeit vertreten
will –, sich zur Gegenspielerin Donald Trumps ausrufen zu lassen. Wir
brauchen die (Digital-)Supermacht mehr als sie uns. Auch ist der 45.
US-Präsident kein Wiedergänger eines George W. Bush, gegen dessen
Kriegslüsternheit sich von SPD-Kanzler Schröder überzeugend polemisieren
ließ.
Der neue Oberbefehlshaber der amerikanischen Streitkräfte will ja
gerade nicht mehr Weltpolizist spielen und den globalen Handel
ausbremsen, was doch eigentlich den Beifall aller Linken finden sollte.
Auch mit seinem Kampf gegen das Establishment müßte der reiche
Klassenkämpfer doch allen Systemkritikern aus der Seele sprechen.
Rechten wie linken.
Sollte Obama wirklich glauben, was er über Kanzlerin Merkel sagt, so
offenbart der von den Deutschen bejubelte Hoffnungsträger a. D. eine
erschreckende Europa-Fremdheit. Mit ihrer Politik der offenen Grenzen
hat seine „wundervolle Freundin“ gerade jenen Nationalismus befeuert,
der nun allseits als Bedrohung für das liberale Europa gefürchtet wird.
Denn wenn es ein gemeinsames Band gibt, das die sogenannten
Rechtspopulisten von London (Ukip) über Paris (Front National) bis
Warschau (PiS) und Wien (FPÖ) verbindet, dann ist es die aufgegriffene
Sorge, nicht mehr Herr im eigenen Haus zu sein.
In der Flüchtlingspolitik steht Deutschland so ziemlich alleine da.
Selbst die liberalen Skandinavier treibt die Angst vor Überfremdung zur
Abschottung. In Bulgarien und Mazedonien haben gerade auch deshalb
rußlandfreundliche Kandidaten gesiegt, weil sich die Bürger von der
Brüsseler Flüchtlings-Zwangsverteilung übergangen fühlen. Und wie
reagieren wir, wenn demnächst auch die Österreicher, die Holländer und
Franzosen „falsch“ wählen?
Kern der bundesdeutschen Außenpolitik war es immer, jeden Anflug von
Isolationismus zu vermeiden. Deshalb betrieb Konrad Adenauer die
Westbindung (übrigens gegen den Willen großer Teile des Volkes), deshalb
opferte Helmut Kohl die D-Mark für den Euro. Das
Merkel-Gabriel-Steinmeier-Deutschland glaubt hingegen, andere über die
„demokratischen Werte“ belehren zu müssen. Jetzt soll die Welt am
deutschen Öko- und Sozialwesen genesen:
Die abrupte „Energiewende“ vollzog Berlin ohne Abstimmung mit unseren
Nachbarn, obwohl diese über Stromverbünde in Mithaftung gezogen werden.
Eine ganz große Koalition aus CDU, SPD, Grünen, Linken, Kirchen,
Verbänden, Kultureinrichtungen und Medien will unseren Nachbarn eine
moralische Flüchtlingspolitik aufzwingen, die alle praktischen Probleme
ausblendet.
Deshalb ist es eigentlich schon egal, ob Merkel nun gegen einen
sprunghaften Gabriel oder den Supereuropäer Schulz um den Verbleib im
Kanzleramt kämpft. Gemeinsam werden sie alles tun, um von den
eigentlichen Herausforderungen abzulenken. Ein bißchen Steuersenkung
hier, noch mehr kostenlose Kitas dort.
Selbst das von der SPD geforderte Einwanderungsgesetz ist pure
Augenwischerei, solange ohnehin fast jeder bleiben darf, der es nach
Deutschland schafft. Wer Zweifel hegt, sich gar um die nationale
Identität sorgt, wenn wir nun auch noch Migranten aus Italien und
Griechenland mit dem Flugzeug abholen, der wird als „Rassist“
diffamiert.
Wer also ist schuld an der ständig beklagten „Spaltung der
Gesellschaft“ und der (verbalen) Radikalisierung? Hartnäckig überhören
die sogenannten Eliten in diesem Land die Warnschüsse aus Amerika,
Großbritannien, Frankreich und all den Staaten um uns herum, in denen
sich eine nationalkonservative Bewegung gegen ein Establishment
auflehnt, das die Sorgen der eigenen Bevölkerung ignoriert.
Merkel mag für den Wahlkampf ein Herabklettern von ihrem hohen
moralischen Roß und die solide Pragmatikerin spielen. Doch solange die
kostenlose Rundumversorgung (Unterkunft, Verpflegung, Medizin und
Taschengeld) wie ein monetärer Magnet nach Arabien und Afrika
ausstrahlt, laufen alle „Asylpakete“ ins Leere. Fluchtursache ist
nämlich auch unser humanitäres Strebertum. Hier steht sich Merkel selbst
im Weg.
Sie ist nicht die Lösung, sondern Teil des Problems. Wer die
Pfarrerstochter zur letzten Fackelträgerin der Demokratie stilisiert,
tut dies aus Eigennutz. Unsere europäischen Nachbarn akzeptieren
Deutschland als Führungsmacht allenfalls beim Zahlen. Im Stillen denken
sich die schmeichelnden Staatsmänner: Uns ist keine Last zu groß, die
Deutschland für uns trägt. Notfalls schüren wir eben den Schuldkomplex.
Das funktioniert immer. Siehe Griechenland.
Noch können wir uns das leisten. Aber was, wenn Deutschland vom
Bannstrahl des Trumpschen Protektionismus besonders hart getroffen wird?
Sind die Strafaktionen gegen Volkswagen und die Deutsche Bank erst der
(versteckte) Anfang eines folgenschweren Handelskrieges mit den
Vereinigten Staaten? Nicht einmal Luxemburg wird dann Deutschland
beistehen. Schon jetzt katzbuckeln nämlich unsere „europäischen
Freunde“, um einen Termin beim neuen Herrn des Weißen Hauses zu
bekommen. Um Merkel-Deutschland wird es einsam. Denn der Geisterfahrer
sind wir. Wolf B. Kernig
Wie jede Blüte welkt und jede Tugend
Dem Laster weicht, blüht jede Lebensstufe,
Blüht jede Dummheit auch und jede Jugend
Nur kurze Zeit und muss nicht ewig kauern.
Das Herz dagegen muss bei jedem Lebensrufe
Bereit zum Abschied sein und Neubeginne,
Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern
Aufs neue in Verwicklung zu begeben.
Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.
Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,
An keinem wie an einer Heimat hängen,
Die Ohnmacht will nicht fesseln uns und engen,
Sie will uns Stuf' um Stufe heben, weiten.
Kaum sind wir heimisch einem Höllenkreise
Und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen,
Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,
Mag wohliger Gewöhnung sich entraffen.
Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde
Uns neuen Schäumen jung entgegen senden,
Frau Merkels Ruf an uns wird niemals enden...
Wohlan, bereit sei für die nächste Runde!
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