Vorgestern Abend geriet ich auf 3sat in den deutschen Spielfilm
„Am Himmel der Tag“, der mir nicht aus dem Kopf gehen will. Ich zappte
anfangs nur wegen des erfreulichen Anblicks der Hauptdarstellerin Aylin Tezel nicht weiter, aber wirklich zu interessieren begann mich der Film
von jenem Augenblick an, als die Hauptfigur, eine Architektur-Studentin,
nachdem sie von einem Spontanfick auf der Disco-Toilette schwanger
geworden war, beschließt, das Kind nicht abzutreiben. Wie wir im
Stahlbad des Feminismus und der deutschen Vergangenheitsbewältigung
gelernt haben, ist eine Abtreibung kein existentieller Notfall, sondern
nur ein „Eingriff“ – mit dem Euphemismus aller Euphemismen
„Schwangerschaftsunterbrechung“ geheißen –, weil Mein-Bauch-gehört-mir und Wir-müssen-dem-Führer-kein-Kind-mehr-schenken
und so, weshalb mich diese Volte des Films sacht überraschte, was sich
fortsetzte, als die junge Frau in einer Szene bei der
Schwangerschaftsberatung auf den „Abbruch“ eingestimmt wird und sie sich
bei der älteren Angestellten erkundigt, ob die denn selber Kinder habe.
„Nein“, lautet die schmallippige Antwort. „Darf ich fragen, warum
nicht?“ „Es hat sich nicht ergeben.“
Dieser Satz ist
hierzulande so oft ausgesprochen und gedacht worden, dass man ihn
ergänzen muss: Es hat sich nicht ergeben sollen.
Die adventische
Euphorie der werdenden Mutter schlägt um in eine handfeste Psychose,
als irgendwann im sechsten oder siebten Monat die Herztöne in ihrem
Bauch verstummen. Obwohl von ihrer Ärztin dringend ins Krankenhaus
beordert, spielt die junge Studentin ihrer Umwelt weiter vor, sie sei
„in Hoffnung“, bis sie schließlich zusammenbricht und notoperiert werden
muss. Danach folgt eine Szene, die so herzzerknüllend ist, dass man sie
kaum aushält, die sich aber so ähnlich offenbar regelmäßig in
Krankenhäusern abspielt. Eine Ärztin fragt die Patientin, ob sie denn ihren Sohn
noch einmal sehen möchte, nach ihrer Erfahrung wünschten das die
meisten Frauen, denen ein solches Schicksal widerfahren ist, und es
erleichtere ihnen den Abschied. Und dann bringt sie den kleinen Toten in
einem Körbchen ans Bett ... –
Mit einer gewissen
Zwanghaftigkeit musste ich nach dem Film an die Proteste gegen die
Lebensschützer-Demonstrationen denken, an die wuttriefenden Gesichter
und hasserfüllten Parolen der Embryonen-Entmenscher („Treib ab, es
könnte ein Nazi werden“), die sich groteskerweise für Humanisten halten.
Man verstehe mich nicht falsch, ich meine nicht, dass die
Abtreibungsgegner im Recht sind, ich halte sie lediglich für
menschenfreundlicher als die Gegenseite. Wie alle tatsächlichen Probleme
ist auch dieses nicht nach einem Gut-Schlecht-Schema lösbar, eine
ungewollte Schwangerschaft stellt die Frau vor eine tragische
Entscheidung, aber ich empfinde Personen als widerwärtig, die für diese
Tragik keinen Sinn haben.
Natürlich fielen die Totentänze
unserer Abort-Progressisten sofort unter Rassismus, wenn sie einem
anderen Kollektiv als den Weißen im Allgemeinen und den Biodeutschen im
Speziellen gälten, natürlich wissen diese Wichte das genau, und wie alle
Feiglinge suchen sie immer den Weg des geringsten Widerstands. Sollte
beispielsweise einmal eine nennenswerte Zahl muslimischer Männer gegen
die laxen deutschen Abtreibungsgepflogenheiten demonstrieren, hörten wir
keinen queeren, grünjugendlichen oder feministischen Mucks dagegen.
Aber warum sollten die Muslime an der geringen Lebenserwartung deutscher
Embryos Anstoß nehmen? Lass die doch abtreiben, werde viele sich
denken, desto mehr Platz bleibt später für uns... MK am 18. 11. 2016
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