FREIBURG. Zwei Frauen wurden innerhalb von drei Wochen vergewaltigt
und getötet. 80 Ermittler arbeiten an der Aufklärung der Fälle. Nicht
nur in der idyllischen Stadt Freiburg im Breisgau, sondern im gesamten
Südwesten der Republik geht die Angst um. Mordet ein Serientäter?
Und unter den Ermittlern steigt der Frust und Ärger. Denn: An einer
der toten Frauen konnte genetisches Material sichergestellt werden. Es
könnte DNS-Material des Täters sein. Aber vollständig auswerten dürfen
die Beamten die Spuren nicht.
Die Taten: Am 16. Oktober 2016 radelt die Medizinstudentin Maria L.
(19) frühmorgens von einer Feier in Freiburg nach Hause. Dort kommt sie
aber nie an. Eine Spaziergängerin findet später ihre Leiche in dem Fluß
Dreisam. Die junge Frau wurde laut Rechtsmedizin zuvor vergewaltigt. Die
Gerichtsmediziner können eine DNS sicherstellen.
Am 6. November 2016 geht Carolin G. (27) am Sonntagnachmittag für
eine Stunde durch den Wald joggen. Sie kehrt nie nach Hause zurück.
Abends meldet ihre Familie sie als vermißt. Polizei, Suchhunde,
Fahndungsaufrufe. Vier Tage später dann die schreckliche Gewißheit: Die
junge Frau ist tot. Ihre Leiche wird in einem kleinen Wald zwischen
Endingen und Bahlingen entdeckt. Auch Carolin G. wurde vergewaltigt und
getötet.
Doch es gibt noch einen weiteren Fall, der Parallelen zu den beiden
jüngsten Tötungsverbrechen aufweist: In Überlingen am Bodensee wird am
9. Juni die halbnackte Leiche der Rettungsschwimmerin Sabine K. (28)
entdeckt. Sie war seit dem 3. Juni verschwunden. Die Polizei geht von
einem Suizid aus. Doch ihre Eltern glauben das nicht, starten
Zeugenaufrufe in den Medien.
Wegen der ersten beiden Fälle werden zwei Sonderkommissionen
eingesetzt. Für Maria L. die Soko „Dreisam“, für Carolin G. die Soko
„Erle“. Die Beamten arbeiten mit Hochdruck. Die Soko Erle geht 300
Hinweisen nach, die Soko Dreisam hat bisher 940 Zeugen befragt, über
1.000 Spuren gesichert.
Eine dieser Spuren im Fall Maria L., die der Soko Erle helfen könnte
die Tat aufzuklären, ist das gesicherte DNS-Material. „Wir selbst
überprüfen die DNS-Spuren nicht“, erläutert Laura Riske, Sprecherin des
Polizeipräsidiums Freiburg, gegenüber der JUNGE FREIHEIT.
„Die Auswertung läuft über das Landeskriminalamt. Sie beinhaltet die
DNS-Spur selbst und das Geschlecht“, so Riske. „Weitere Merkmale dürfen
innerhalb des DNS-Strangs nicht ausgewertet werden.“ Und warum nicht?
„Wir sind nicht Verfasser der Strafprozessordnung“, sagt sie.
Im Bundesjustizministerium schildert die Sprecherin des Ministeriums
Juliane Baer-Henney, zuständig für Strafrecht, gegenüber JF die
Sachlage: „Der Paragraph 81 e Strafprozessordnung erlaubt die
Untersuchung des DNS-Material auf Identität, Abstammung und Geschlecht.
Aber er verbietet die Bestimmung nach Größe, Haaren, Augenfarbe und
Ethnie. Die Gesetzesbegründung steht in der Bundesdrucksache 13/667.“
Und die stammt aus dem Jahr 1995, damals regierte die CDU noch mit
der FDP. Dort heißt es wörtlich: „Die in weiten Teilen der Bevölkerung
anzutreffenden, mit der Gentechnik ganz allgemein verbundenen Ängste und
Befürchtungen vor übermäßigen, den Kern der Persönlichkeit berührenden
Eingriffen, legen aber eine besondere gesetzliche Regelung der
DNA-Analyse für die strafprozessuale Nutzung nahe, die die
Voraussetzungen und Beschränkungen, die sich für den einzelnen aus der
Durchführung einer solchen Untersuchung ergeben, klar festschreiben.“
Baer-Henney weiter: „Es ist ein furchtbarer Fall. Ich kann die
Forderung nach einer Ausweitung der DNS-Untersuchung verstehen, aber
grundsätzlich sieht das Gesetz keine Ausnahmen vor. Die Gesetze sind
unter Wahrung der Rechtsstaatlichkeit zustande gekommen.“ JF
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