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Dienstag, 29. November 2016

Statt geheuchelter „Fremdenliebe“, zivilisierte Menschen

Mittäglicher 28. November

Leser *** sendet einen "kleinen Nachschlag zur Trump-Wahl: Am 9. September war ich in Mexiko und habe vom Hotelbett aus mit der Fernbedienung vor dem Fernseher gefiefert und bin gegen 1.00 Uhr früh mit einem dicken, satten Grinsen eingeschlafen und seit langer Zeit nicht mehr so gut gelaunt aus den Federn gehüpft. An diesem Tage habe ich die Mexikaner getröstet und ihnen meine deutsche/europäische Sicht der Dinge dargelegt, und die Leute haben tatsächlich zugehört, ganz im Gegensatz hierzulande, wo einem die meisten Menschen bei abweichender, nicht zeitgeist-ideologisch ausgeprägter Meinung sofort ins Gesicht springen; es war durchaus angenehm, sich mal wieder richtig unterhalten und austauschen zu können.
Abends stand im lokalen Theater 'Madama Butterfly' von G. Puccini auf dem Programm, was an diesem Tage wohl durchaus für den subtilen Humor der Mexikaner spricht. Die Aufführung war excellent, große Stimmen und Gefühle inklusive, nach Wiesbaden und Irkutsk war das meine dritte 'Butterfly', und in allen drei Völkern nähert man sich diesem Meisterwerk mit viel Respekt und großer Spielfreude, aber hier in León hat es auf aufgrund der speziellen Umstände besonders viel Freude gemacht:

Ich habe einen positiven Kulturschock erfahren, denn die Mexikaner sind im Alltag von einer Zivilisiertheit und Höflichkeit, voll des angenehmen und respektvollen Umgangs mit einander, was man in Deutschland nur noch aus Geschichtsbüchern kennt. Kein 'Hallo', kein 'Tschüß', kein 'Schönen Tag noch' und wie all diese geschmacklosen Stereotypen daherkommen (bis hin zur ultraprimitiven Anrede 'junger Mann' selbst für Achtzigjährige, die nun aus Mitteldeutschland auch schon ihren Eingang in den westlichen Besatzungszonen gefunden hat), 'Guten Tag' (in allen drei Abstufungen, je nach Tageszeit), 'Auf Wiedersehen', 'Danke', 'Bitte', 'Gern geschehen'; wenn man auf der Straße jemanden nach dem Wege fragt, bekommt man nach der Auskunft oft zu hören: 'Ich freue mich, daß ich Ihnen behilflich sein konnte', wenn man ein Geschäft oder ein Restaurant betritt hört man nie das fade 'Kann ich Ihnen hälfään?', sondern fast immer 'Womit kann ich Ihnen dienen?', und selbstverständlich wird man fast immer mit 'Señor' angesprochen.

Die Überlandfahrten unternehmen die Mexikaner mit bequemen Reisebussen, der zentrale Busbahnhof ist dort, was uns der Hauptbahnhof bedeutet. Wenn die Abfahrtzeit herannaht, geht man zum entsprechenden Bus, wo immer und ausnahmslos eine hübsche junge Dame im Hosenanzug (nein, bitte jetzt nicht an die Bundesraute denken) den Fahrgast aufmerksam begrüßt, ihm etwas zu knabbern sowie ein Getränk seiner Wahl überreicht und ihm eine gute Reise wünscht. Haben alle Fahrgäste im Bus Platz genommen, tritt der ebenfalls ansprechend gekleidete Busfahrer (immer mit Krawatte) in den Gang, begrüßt lächelnd seine Gäste, bittet höflich darum, daß man sich anschnallen möge und wünscht ebenfalls eine gute Fahrt. Am Ziel angekommen, verabschieden sich die Fahrgäste beim Busfahrer und zwar ausnahmslos und bedanken sich auch noch bei ihm... Nein, das sind keine Fieberträume, das ist wirklich wahr.

Wie oft hatte ich noch meine deutsche Schere im Kopf, wenn ich zögernd einen Patio betreten habe oder ein Geschäft, mehr aus Neugierde oder zum Stöbern und befürchtete das Schlimmste, wenn sich mir jemand näherte – aber man wird immer auf bezaubernde Art hereingebeten, man möge sich ruhig umschauen und wenn man nichts kauft, trotzdem auf das Angenehmste verabschiedet, wohl gemerkt, das ist überall so und nicht etwa nur in den Touristenzentren, wo man sich eher aufgrund der vielen Besucher an europäisches Benehmen anpaßt.

Naja, es ist eigentlich nett zu wissen, daß es noch Gegenden auf dieser Welt gibt, wo die Menschen noch wissen, daß der zivilisiert verbrachte Moment mehr wert ist als dystopische Visionen a la Klimaschnurz, Rinder/-,upps, Genderwahnsinn oder Fremdenliebe."  MK am 28. 11. 2016


Wie soll man?

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