Mittäglicher 28. November
Leser *** sendet einen
"kleinen Nachschlag zur Trump-Wahl: Am 9. September war ich in Mexiko
und habe vom Hotelbett aus mit der Fernbedienung vor dem Fernseher
gefiefert und bin gegen 1.00 Uhr früh mit einem dicken, satten Grinsen
eingeschlafen und seit langer Zeit nicht mehr so gut gelaunt aus den
Federn gehüpft. An diesem Tage habe ich die Mexikaner getröstet und
ihnen meine deutsche/europäische Sicht der Dinge dargelegt, und die
Leute haben tatsächlich zugehört, ganz im Gegensatz hierzulande, wo
einem die meisten Menschen bei abweichender, nicht zeitgeist-ideologisch
ausgeprägter Meinung sofort ins Gesicht springen; es war durchaus
angenehm, sich mal wieder richtig unterhalten und austauschen zu können.
Abends
stand im lokalen Theater 'Madama Butterfly' von G. Puccini auf dem
Programm, was an diesem Tage wohl durchaus für den subtilen Humor der
Mexikaner spricht. Die Aufführung war excellent, große Stimmen und
Gefühle inklusive, nach Wiesbaden und Irkutsk war das meine dritte
'Butterfly', und in allen drei Völkern nähert man sich diesem
Meisterwerk mit viel Respekt und großer Spielfreude, aber hier in León
hat es auf aufgrund der speziellen Umstände besonders viel Freude
gemacht:
Ich habe einen positiven Kulturschock erfahren, denn
die Mexikaner sind im Alltag von einer Zivilisiertheit und Höflichkeit,
voll des angenehmen und respektvollen Umgangs mit einander, was man in
Deutschland nur noch aus Geschichtsbüchern kennt. Kein 'Hallo', kein
'Tschüß', kein 'Schönen Tag noch' und wie all diese geschmacklosen
Stereotypen daherkommen (bis hin zur ultraprimitiven Anrede 'junger
Mann' selbst für Achtzigjährige, die nun aus Mitteldeutschland auch
schon ihren Eingang in den westlichen Besatzungszonen gefunden hat),
'Guten Tag' (in allen drei Abstufungen, je nach Tageszeit), 'Auf
Wiedersehen', 'Danke', 'Bitte', 'Gern geschehen'; wenn man auf der
Straße jemanden nach dem Wege fragt, bekommt man nach der Auskunft oft
zu hören: 'Ich freue mich, daß ich Ihnen behilflich sein konnte', wenn
man ein Geschäft oder ein Restaurant betritt hört man nie das fade 'Kann
ich Ihnen hälfään?', sondern fast immer 'Womit kann ich Ihnen dienen?',
und selbstverständlich wird man fast immer mit 'Señor' angesprochen.
Die
Überlandfahrten unternehmen die Mexikaner mit bequemen Reisebussen, der
zentrale Busbahnhof ist dort, was uns der Hauptbahnhof bedeutet. Wenn
die Abfahrtzeit herannaht, geht man zum entsprechenden Bus, wo immer und
ausnahmslos eine hübsche junge Dame im Hosenanzug (nein, bitte jetzt
nicht an die Bundesraute denken) den Fahrgast aufmerksam begrüßt, ihm
etwas zu knabbern sowie ein Getränk seiner Wahl überreicht und ihm eine
gute Reise wünscht. Haben alle Fahrgäste im Bus Platz genommen, tritt
der ebenfalls ansprechend gekleidete Busfahrer (immer mit Krawatte) in
den Gang, begrüßt lächelnd seine Gäste, bittet höflich darum, daß man
sich anschnallen möge und wünscht ebenfalls eine gute Fahrt. Am Ziel
angekommen, verabschieden sich die Fahrgäste beim Busfahrer und zwar
ausnahmslos und bedanken sich auch noch bei ihm... Nein, das sind keine
Fieberträume, das ist wirklich wahr.
Wie oft hatte ich noch meine
deutsche Schere im Kopf, wenn ich zögernd einen Patio betreten habe
oder ein Geschäft, mehr aus Neugierde oder zum Stöbern und befürchtete
das Schlimmste, wenn sich mir jemand näherte – aber man wird immer auf
bezaubernde Art hereingebeten, man möge sich ruhig umschauen und wenn
man nichts kauft, trotzdem auf das Angenehmste verabschiedet, wohl
gemerkt, das ist überall so und nicht etwa nur in den Touristenzentren,
wo man sich eher aufgrund der vielen Besucher an europäisches Benehmen
anpaßt.
Naja, es ist eigentlich nett zu wissen, daß es noch
Gegenden auf dieser Welt gibt, wo die Menschen noch wissen, daß der
zivilisiert verbrachte Moment mehr wert ist als dystopische Visionen a
la Klimaschnurz, Rinder/-,upps, Genderwahnsinn oder Fremdenliebe." MK am 28. 11. 2016
Wie soll man?
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