Der Berliner Bezirksverordnete Nedim Bayat behauptet genau das. „Die
Grünen sind deutsch und weiß“, begründete der Lokalpolitiker, der
offenbar in der Politik gern höhere Ämter übernähme, seinen Wechsel zur
SPD. Nun ist man ja heutzutage gewohnt, dass zwischen den Wahrnehmungen
der Wirklichkeit in unterschiedlichen Soziotopen Welten liegen können.
Insbesondere, wenn es um offenen oder versteckten, subtilen und
womöglich noch nicht entlarvten Rassismus geht. Sicher: Jeder, der von
sich glaubt, er sei beileibe kein Rassist oder Fremdenfeind, kann von
geübten, professionellen Antirassisten in Windeseile als ein solcher
enttarnt werden. Aber die Grünen?
Welche Partei hat sich denn mehr für Rechte und Privilegien für
Zuwanderer eingesetzt? Welche deutsche Partei ist denn lange am
konsequentesten gegen einen „Assimilationszwang“ für Zuwanderer
eingetreten? War nicht ein Cem Özdemir lange Jahre Vorsitzender der
Partei? Wie kommt Nedim Bayat zu dieser Einschätzung? Der Berliner Morgenpost hat er das zu erklären versucht:
„‚Ich fühlte mich bei den Grünen gut aufgehoben als Migrant und
Kiezbewohner‘, sagt der Weddinger, die Grünen hätten sich doch für
Migranten eingesetzt. Aber nun habe er erkannt: ‚Der Schein trügt‘.
Einwanderer dürften bei den Grünen mitarbeiten. Wenn es aber um Posten
und Mandate gehe, würden Migranten ausgebremst. Und das nicht nur in
Berlin – trotz des langjährigen Bundesvorsitzenden Cem Özdemir.“
Wie es heißt, machte er Wahlkampf für den Bundestagsabgeordneten
Özcan Mutlu, eroberte bei den Berliner Wahlen 2016 um ein Haar das
Abgeordnetenhaus-Direktmandat in Gesundbrunnen, zog aber letztlich nur
in die Bezirksverordneten-Fraktion der Grünen in Mitte ein. Offenbar
wäre er nun für seinen Einsatz gern mit irgendeinem Amt oder besserem
Mandat belohnt worden. So klingt zumindest, was die Berliner Morgenpost
weiter von ihm zitiert:
„Diese Zeit hat ihn desillusioniert. ‚Ich spürte, dass Vielfalt
für die Grünen Berlin nur noch eine gut gemeinte Floskel ist‘, schreibt
der inzwischen an einem Berliner Oberstufenzentrum als
Quereinsteiger-Lehrer tätige Bayat in seiner Austrittserklärung:
‚Theorie und Praxis klaffen extrem auseinander.'"
Möglicherweise hätte er gern eine Migrantenquote bei den Grünen.
Vielleicht hatte er erwartet, dass es in dieser regulierungs- und
quotenfreundlichen Partei über kurz oder lang eine geben würde.
Stattdessen nahm in den Ländern bei der Regierungsbildung bisher kaum
jemand Rücksicht auf die Herkunft der Mitglieder. Wie gemein. Dass es
mit Tarek Al-Wazir nur einen grünen Landesminister mit
Migrationshintergrund gebe, hält Bayat für unerträglich.
Das sei bei der SPD anders. Allein in Berlin gebe es die
Gesundheitssenatorin Dilek Kolat, den Fraktionschef Raed Saleh und die
bekannte Bundesrats-Staatssekretärin Sawsan Chebli. Das sind doch
überzeugende Hoffnungsträger.
Und was machen nun die Grünen? Werden sie zerknirscht über den
schlimmen Vorwurf, zu deutsch und zu weiß zu sein, flugs ein paar neue
Quoten beschließen?
Der Beitrag erschien zuerst hier auf sichtplatz.de
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