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Mittwoch, 10. November 2021

Wer Erpressern nachgibt, spielt ihnen in die Hände

Mit Putins Unterstützung setzt der belarussische Diktator Lukaschenko die Massenmigration als Waffe in einem hybriden Krieg gegen den Westen ein.

Darf sich ein EU-Mitgliedsland gegen einen Aggressor zur Wehr setzen, der die Massenmigration als Waffe einsetzt? Wenn ja, welche Mittel darf es anwenden, um die Außengrenze der Union zu schützen und illegale Grenzübertritte zu verhindern?
Am Montag eskalierte die seit Monaten schwelende Krise zwischen Minsk und Warschau, als Hunderte „Germany! Germany!“ skandierende Migranten den Zaun an der polnischen Grenze niederrissen. Militärpolizei musste hart durchgreifen, um sie aufzuhalten.
Seit Monaten betätigt sich der belarussische Diktator Alexander Lukaschenko als Mega-Schlepper. Während sich Erdoğan bisher darauf beschränkte, Migranten, die bereits in der Türkei sind, vorübergehend die Tore zur EU zu öffnen, um Geld und Zugeständnisse zu erpressen, holt sie Lukaschenko zu Tausenden über den Luftweg aus dem Nahen Osten ins Land und schleust sie weiter an die Grenzen zu Polen, Litauen und Lettland. Wöchentlich landen 40 Flugzeuge aus Istanbul, Damaskus und Dubai in Minsk, doppelt so viele wie vor einem Jahr. Täglich treffen 800 bis 1000 Migranten in Belarus ein. Etliche schafften es bereits über Polen nach Deutschland, wo seit Anfang November 1000 Illegale aufgegriffen wurden.
Um den Druck zu erhöhen, will Lukaschenko nationale Flughäfen für den internationalen Luftverkehr öffnen, darunter einen in unmittelbarer Nähe der polnischen Grenze. Putin unterstützt ihn, weil er an einer weiteren Destabilisierung der EU interessiert ist. Ohne seine Zustimmung hätte es Lukaschenko nicht gewagt, die Krise so weit zu eskalieren, dass bewaffnete Zusammenstöße an der EU-Außengrenze nicht mehr ausgeschlossen werden können.
 
Um sich und die EU zu schützen, verstärkt Polen den Grenzzaun, erhöht sein Truppenkontingent und schickt aufgegriffene Migranten nach Belarus zurück. Im Grenzgebiet gibt es eine Sperrzone, zu der NGOs und Journalisten keinen Zutritt haben, denn Polen, Litauen und Lettland haben aus den Erfahrungen Griechenlands und Kroatiens gelernt und wissen, worauf es Lukaschenko ankommt: Der Diktator, der mit Gewalt gegen die Bürger seines Landes vorgeht, hofft auf Videos von Soldaten, die illegale Grenzübertritte mit Gewalt unterbinden. Dabei vertraut Lukaschenko auf die Reflexe der Linken, der Grünen und der NGOs. Aufnahmen von frierenden und hungernden Familien würden die Öffentlichkeit gegen die Grenzschützer aufbringen. Um die EU zu erpressen, will Lukaschenko eine humanitäre Katastrophe erzeugen, wobei er den Tod der Migranten billigend in Kauf nimmt.
Offensichtlich widerspricht die Zurückweisung an den Grenzen durch Polen, Litauen und Lettland der absurden Regel, jedem Migranten in jedem Fall die Möglichkeit zu geben, einen Asylantrag zu stellen und sich damit eine praktisch unbeschränkte Aufenthaltsgenehmigung zu erschleichen. 
 
In einem Brief an die EU-Kommission fordern 14 EU-Staaten, unter ihnen Österreich, eine Änderung der ideologisch verzerrten Migrations- und Asylpolitik, um endlich gegen Erpressung und hybride Kriegführung vorgehen zu können. 
 
Zwar sieht das Schengen-Grenzregime für den Krisenfall die zeitweilige Schließung der Binnengrenzen vor, es gibt aber keinen Plan, was getan werden muss, um die Außengrenzen zu schützen. Die EU-Kommission lehnt physische Barrieren wie Mauern und Stacheldraht-Zäune ab, und natürlich auch die Forderung, dass solche Grenzschutzmaßnahmen von der Gemeinschaft finanziert werden. Der drohende Zeigefinger Von der Leyens dürfte die Migranten-Invasoren aus dem Nahen Osten kaum davon abhalten, ihre Reise in das europäische Sozialparadies fortzusetzen.
Lukaschenko hat es geschafft, den seit 2015 schwelenden Streit über die Massenmigration anzufachen. Jetzt kommt es darauf an, Polen, Litauen und Lettland bei der Verteidigung der Grenzen zu unterstützen. Denn wer Erpressern nachgibt, spielt ihnen in die Hände.    Karl-Peter Schwarz in "Die Presse"

 
Nicht am Hindukusch wird momentan unsere Freiheit verteidigt, sondern an den Grenzen Polens und Ungarns.

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