Quoten sind allgegenwärtig. Wir merken es schon gar nicht mehr. Doch dann passierte etwas, das aufhorchen ließ: Der Bundestag verabschiedete am 25. April 2015 das
„Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an
Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst“.
Dadurch erhielt Paragraph 96 Absatz 2 des Aktiengesetzes die hier nachlesbare Fassung.
Vereinfacht gesagt wird da Folgendes festgelegt: Für den Aufsichtsrat
von Dax-Unternehmen gilt eine Frauenquote von mindestens 30 Prozent. Das
mag die einen freuen, die anderen ärgern und wieder andere gleichgültig
lassen.
Wie jeder Staat der Gegenwart hat Deutschland eine Fülle von
Problemen, deren Lösung sich Politiker auf allen Ebenen staatlichen
Handeln pausenlos widmen (sollten). Eines dieser Probleme, das uns schon
seit Jahrzehnten beschäftigt, ist „der demografische Wandel, den eine
zunehmende Alterung der in Deutschland lebenden Bevölkerung
kennzeichnet“, wie das Statistische Bundesamt
es formuliert hat. Konkret bedeutet dies: Jedes Jahr sterben mehr
Menschen als Kinder geboren werden. Der umgekehrte Fall ereignete sich
letztmals 1971: Hier standen 1.013.396 Geburten 965.623 Todesfälle
gegenüber, was eine positive Geburtenbilanz von 47.773 ergab. Seither
ist die Bilanz ausnahmslos negativ. Dies ist natürlich auch der Bundesregierung nicht entgangen, weshalb diese am 1. Februar 2017 verkündete:
„Der demografische Wandel und seine Herausforderungen sind in
Deutschland zu einem zentralen Thema geworden. Die Bundesregierung hat
mit einer Demografiestrategie wichtige Veränderungen angestoßen.“
„Die Demografiestrategie wurde 2012 beschlossen und 2015
weiterentwickelt. Die Ziele der Strategie: die Stärkung des
wirtschaftlichen Wachstumspotentials, die Förderung des
gesellschaftlichen Zusammenhalts, die Förderung gleichwertiger
Lebensverhältnisse in Stadt und Land sowie die Gewährleistung solider
Finanzen für die Handlungsfähigkeit des Staates und verlässliche soziale
Sicherungssysteme.“
Das Wort „Kinder“ kommt in dieser Verlautbarung nur ein einziges Mal vor:
„Die Betreuungsinfrastruktur wurde ausgebaut und weitere
Maßnahmen der Familienpolitik umgesetzt. Damit wurden bessere
Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wie auch
für die Erfüllung von Kinderwünschen geschaffen.“
Die Rahmenbedingungen für die Erfüllung von Kinderwünschen mögen
tatsächlich verbessert worden sein. An der Problematik hat sich dadurch
jedoch nichts geändert, so dass das Statistische Bundesamt in einer Pressemitteilung feststellen konnte:
„Unter Berücksichtigung der demografischen Strukturen ist derzeit
nicht vorauszusehen, dass die Zahl der Geburten auf lange Sicht weiter
ansteigt. Hingegen wird die Zahl der Sterbefälle voraussichtlich nicht
zurückgehen.“
Ich frage mich deshalb, warum die Zahl der Kinder, die eine
Bewerberin oder ein Bewerber hat, nicht zum Auswahlkriterium genommen
wird. Kinderquote statt Frauenquote. Jedenfalls kann ich nicht erkennen,
warum die 40jährige kinderlose Betriebswirtin bei der Besetzung des
Aufsichtsrats den Vorzug vor dem Ingenieur mit vier Kindern bekommen
soll.
Als Vater von zwei berufstätigen Töchtern und Opa von vier
Enkeltöchtern merke ich von der viel beschworenen „Vereinbarkeit von
Familie und Beruf“ herzlich wenig. Freundinnen unserer Töchter, die
keine Großeltern in der Nähe haben, mussten den Versuch, ihre Arbeit
nach der Geburt des zweiten Kindes (halbtags) wieder aufzunehmen,
entnervt abbrechen, da die Kleinen natürlich jeden Infekt aus „Kita“ und
„Kiga“ mit nach Hause brachten. Und was nützen Betreuungseinrichtungen,
die bereits um 14 Uhr schließen, wenn sich eine Sitzung mal länger
hinzieht als geplant. Oder jeder plötzliche Durchfall einen Anruf im
Büro der Mutter auslöst, die dann möglichst innerhalb der nächsten
halben Stunde ihr Kind abholen sollte. Von der komplizierten Ferien- und
Urlaubsplanung ganz zu schweigen.
Eine seltsame „Demografiestrategie“. Da machen die Anhängerinnen der
„Religion des Friedens“, die ja laut Schäuble, Wulff und Merkel auch zu
Deutschland gehört, den Kohl auch nicht fett. Und selbst auf die
katholischen Mütter ist kein Verlass mehr, nachdem Papst Franziskus klargestellt hatte: „Manche Menschen glauben – entschuldigen Sie den Ausdruck –, dass sich gute Katholiken wie Karnickel vermehren müssen.“ Drei
Kinder pro Ehepaar seien ideal. Dabei stammt Jorge Mario Bergoglio
selbst aus einer Karnickel-Familie: Er hat vier Geschwister. Rainer Grell
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