Seit dem frühen Sonntagmorgen läuft in Italien die Parlamentswahl.
Deutsche Ökonomen blicken dabei mit großer Sorge auf das Land. Der
Grund: Die Wahlprogramme der Parteien mit ausufernden Versprechen für
neue Staatsausgaben und der Absage an Strukturreformen lassen
befürchten, dass der notwendige Reformweg nicht beschritten wird.
So
fürchtet der Präsident des Münchner Ifo-Instituts, Clemens Fuest, dass
Italien nach der Parlamentswahl in eine folgenschwere Schuldenkrise
stürzen könnte. Durch das sogenannte OMT-Programm zum gezielten Kauf von
Staatsanleihen unter Druck geratener Staaten habe die Europäische Zentralbank (EZB)
Italien Zeit für Reformen verschafft. Diese Zeit habe das Land aber
nicht genutzt. „Es droht ein weiterer schleichender Anstieg der
Staatsverschuldung bei stagnierender Wirtschaft, der langfristig doch in
eine Staatspleite führen könnte“, sagte Fuest dem Handelsblatt.
Friedrich
Heinemann vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) warnte
vor dem Fall, dass Italien nach der Wahl eine Regierung erhalten
sollte, die ähnlich wie die Regierung Griechenlands Anfang 2015 auf
Konfrontationskurs mit der Euro-Gruppe geht. „Eine populistische
Regierung in Rom wäre ein politisches und ökonomisches
Hochrisikoszenario, das eine neue Phase ökonomischer und politischer
Unsicherheit einläuten würde und letztlich den Bestand von Euro-Zone und
EU gefährden könnte“, so Heinemanns Einschätzung.
Rund 51 Millionen Italiener sind aufgerufen, ein neues Parlament zu
wählen. Doch zwischen dem Mitte-Rechts-Lager, einem sozialdemokratischen
Bündnis und der populistischen Fünf-Sterne-Protestbewegung zeichnet
sich eine Pattsituation ab. Zwar liegt das rechts-konservative Bündnis
von Berlusconis Forza Italia und der Lega in Umfragen vorne. Aber auch
ihnen fehlt laut Umfragen die notwendige Mehrheit. Somit ist völlig
unklar, wer das wirtschaftlich angeschlagene Land künftig lenken könnte.
Theoretisch möglich wäre auch eine große Koalition aus der derzeitigen
Regierungspartei PD und der Forza Italia - obwohl die Parteichefs dies
im Vorfeld ausgeschlossen hatten.
Die pessimistischen Einschätzungen der Ökonomen kommen nicht von
ungefähr. Italien ist in der Euro-Zone das Land mit der höchsten
absoluten Staatsverschuldung in Höhe von 2,3 Billionen Euro. Dies
entspricht 23 Prozent der gesamten Euro-Staatsverschuldung, obwohl das
Land nur einen Anteil an der Wirtschaftsleistung in Höhe von 15 Prozent
aufweist. Hinzu kommt eine ungünstige Schuldendynamik. Trotz der
historischen Niedrigzinsen steigt die Schuldenquote des Landes seit 2007
fast ununterbrochen und hat inzwischen ein Niveau von 132 Prozent des
BIP erreicht.
„Es rächt sich nun, dass Europa sich bislang nicht
um ein geordnetes Insolvenzverfahren für Staaten gekümmert hat“, sagte
ZEW-Ökonom Heinemann. Damit sei die Euro-Zone „erpressbar“ geworden.
„Finanztransfers von außen bieten für die Menschen in Italien aus völlig
nachvollziehbaren Gründen eine attraktivere Lösung des italienischen
Schuldenproblems als neue Reformen mit ihren Einschnitten.“
Ifo-Chef Fuest forderte die Euro-Länder vor diesem Hintergrund auf,
jetzt Vorkehrungen zu treffen, „dass diese Staatspleite auf Kosten der
Gläubiger des italienischen Staates gehen würde, nicht auf Kosten der
Steuerzahler im Rest der Euro-Zone“. „Ein Insolvenzverfahren für Staaten
würde helfen, aber noch wichtiger wäre es, dass die Banken in Italien
und anderswo ihre Staatsanleihenbestände abbauen.“
Fuest
kritisierte, dass keine der Parteien in Italien ein Konzept zur
Überwindung der ökonomischen Probleme des Landes habe. „Italien braucht
tiefgreifende Reformen und eine Senkung der Staatsausgaben, damit die
Wirtschaft wieder wächst und die sehr hohen Staatsschulden sinken“,
betonte der Ifo-Chef. Keine der Parteien habe dafür aber einen Plan
vorgelegt, stattdessen hätten alle „große Wahlgeschenke“ versprochen.
Dessen
ungeachtet erwartet Fuest nach der Wahl keine Turbulenzen an den
Kapitalmärkte, egal wer gewinne. „Denn alle Parteien in Italien haben in
den letzten Wochen ihre Kritik am Euro und an den Schuldenregeln
zurückgenommen, und keine Partei hat erklärt, dass Italien in nächster
Zeit aus dem Euro austreten soll.“
Auch der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung
(DIW), Marcel Fratzscher, schätzt die Wahrscheinlichkeit als hoch ein,
dass die nächste italienische Regierung keine anti-europäische Politik
verfolgen werde. „Selbst die radikalen Parteien haben mittlerweile
verstanden, dass ein Austritt Italiens aus dem Euro politischer und
wirtschaftlicher Selbstmord wäre“, sagte Fratzscher dem Handelsblatt.
„Ich erwarte keine grundlegenden Veränderungen in der Wirtschaftspolitik
der neuen Regierung.“
Die Parteien in Italien hätte zwar „mutige und zum Teil unrealistische“
Wahlversprechen abgegeben. „Anders als in Deutschland wird die nächste
italienische Regierung jedoch kaum die Ausgaben erhöhen und zudem
weitere Strukturreformen umsetzen“, glaubt der DIW-Präsident. „Wir
brauchen jedoch Geduld, denn Italien erholt sich nur langsam und wird
noch viele Jahre benötigen um sich aus der Finanzkrise ganz zu
befreien.“ Handelsblatt
In Italien wird seit 40 Jahren jeden September der Schuldenkollaps prophezeit und auch dieses Mal wird er nicht eintreffen. Was eintreffen wird, ist die Vergemeinschaftung der Schulden! Schließlich hat Frau Merkel einst versprochen: "Solange ich lebe, wird es keine Eurobonds geben!" Und sie verspricht sich ja öfter.
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