Stationen

Mittwoch, 4. April 2018

Verklärung 2018

Ab und zu gibt es auch heute noch Zeitungsartikel, Ausstellungen und sonstige öffentliche Mitteilungen über Migranten, wie sie 2015 noch häufiger zu sehen und zu hören waren: Über die offenen Grenzen strömen hoch motivierte Fachkräfte, und mit einigem Zuwarten ist ein neues deutsches Wirtschaftswunder praktisch gar nicht mehr zu vermeiden. Wie gesagt: Wortmeldungen dieser Art kommen heute deutlich seltener vor; freudige Ausrufe wie die von Daimler-Chef Dieter Zetsche, da kämen die ersehnten Experten („Genau solche Leute suchen wir bei Daimler und überall im Land“) sind sogar ganz verstummt. Zumindest aus der Industrie. Nicht aber im öffentlichen Sektor. In der Nürnberger Königstorpassage am Hauptbahnhof ist die Plakatausstellung „FluchtPerspektiven“ zu sehen, öffentlich finanziert und initiiert von dem ebenfalls durch Stadt und Sparkasse finanzierten Verein „Refugees Nürnberg“. Der Bayerische Rundfunk berichtet schwungvoll über die Plakatschau:
„Unter dem Motto #FluchtPerspektive sind am Nürnberger Hauptbahnhof entlang der Königstorpassage zur Zeit verschiedene Motive in beleuchteten Glasvitrinen ausgehängt. Auf den Bildern sind Flüchtlinge zu sehen, die im Jahr 2015 nach Deutschland gekommen sind. Gleichzeitig zeigt die Kampagne die Wünsche und Ziele der Menschen.“
Was also sind die Wünsche und Ziele zwar nicht der Menschen allgemein, aber derjenigen auf den Plakaten?
„Sabreen beispielsweise kam aus dem Irak nach Nürnberg. Mittlerweile lernt sie deutsch und möchte 2021 Gleichstellungsbeauftragte werden.“
Ein echter Mangelberuf, um mit der Kanzlerin zu sprechen. Sabreen könnte tatsächlich eine hochmotivierte Kraft sein, die verstanden hat, wo es in Deutschland am flottesten vorwärts geht: nicht unbedingt durch eine Lehre bei Daimler und/oder Maschinenbaustudium – wer weiß schon, ob Diesel und Benziner nicht in zehn Jahren vorm Totalverbot stehen – sondern über den Karrierekanal einer Beauftragten. Theoretisch dürfen Männer und Frauen Gleichstellungsbeauftragte werden, praktisch nur gesellschaftliche Konstrukte der Sorte Frau. Und da Sabreen einen Migrationshintergrund aufweisen kann, legt sie noch einmal eine Trumpfkarte dazu, mit der sie biodeutsche Elses und Franzis und ihrem lediglichen Grünejugendhintergrund locker aus dem Rennen schubst.
Sitzt Sabreen erst einmal fest im Gleichstellungssessel, dann könnte sie Geld für eine Kampagne loseisen, in der geklagt wird, dass so wenige Mädchen technische Berufe ergreifen. Vielleicht lässt sich eine Plakataktion daraus machen? Die Agentur Scholz & Friends hilft bestimmt.
Was wollen die anderen in Nürnberg plakatierten Leute?
 „Auch der Iraner Nawid kam 2015 nach Deutschland und arbeitet mittlerweile als DJ“, berichtet der BR. „Für das Jahr 2021 hat er sich vorgenommen, als Streetworker zu arbeiten.“
Wenn er als DJ tatsächlich sein Geld am freien Markt verdient, warum bleibt er nicht dabei? Anders gefragt: welche Jobs kämen denn noch so in Frage, wenn nicht Streetwalker beziehungsweise – worker? Politikberater in Berlin? Genderforscher? Redakteur beim BR? Einen kleinen Hinweis, was in Workshops angeregt und gefördert werden sollte, gibt auch die Seite von „Refugees Nürnberg”:
 „Beim Musikprojekt ‚Rock the Casbah’ kamen junge Geflüchtete zusammen, um die westliche Popmusik besser kennen zu lernen. Unter Anleitung professioneller DJs haben die Teilnehmer die Grundlagen des DJing gelernt. Auf Konzerten zwischen Hip Hop, Indie und Electro haben sie Musik hautnah miterlebt.  Nach 6 Monaten kennen sie sich nun super mit den verschiedenen Musikgenres aus und wollen nun selber…“
Gut dem Dinge. Übrigens gibt es eine ganze Reihe schon länger hier lebender Arbeitsmigranten, die sich über das Bildungsprogramm für die frisch Hereingeströmten – Studium westlicher Popmusik, dann vielleicht Beauftragte oder Streetworker – in einer Weise auslassen, die öffentlich-rechtlichen Redakteuren glatt das Mikro in der Hand verdorren ließe, wenn die so unvorsichtig wären, es ausnahmsweise in diese Richtung zu halten. Ein guter Bekannter des Autors beispielsweise, der aus  Weißrussland einwanderte, hatte erst einmal eine Sicherheitsleistung von 5000 Euro beim deutschen Staat zu hinterlegen und schriftlich zu versichern, das er keine Sozialleistungen in Anspruch nehmen würde. Heute arbeitet er als Ingenieur für einen süddeutschen Autohersteller, finanziert mit seinen Steuern allerlei, demnächst auch den Posten der schlauen Sabreen, und er äußert sich über dieses Allotria mit beinahe akzentfreien deutschen Worten, die selbst harte Teilnehmer von Merkel-muss-weg-Demos schockieren.
Was, um in die Frankenmetropole zurückzukommen, will nun die Plakataktion am Hauptbahnhof?
„Man wolle mit der Kampagne sensibilisieren und zum Innehalten anregen, so Elnaz Amiraslani vom Verein Refugees Nürnberg. Der Verein ist Initiator der Aktion und will zeigen, welche Chancen gute Integration bietet. Weiter soll das Thema Arbeitsverbote für Flüchtlinge aufgegriffen werden, um Geflüchteten bessere berufliche Perspektiven zu ermöglichen.“  
Damit handelt es sich nicht nur um eine reine Wohlfühlaktion, sondern einen Fall von öffentlich finanzierter Verbreitung von Fake News. Ein pauschales Arbeitsverbot für Migranten existiert nämlich nicht. Ausgeschlossen sind zwar Bewerber aus Ländern, für die die Anerkennungsquote bei Null liegt – etwa die Westbalkanstaaten –  , Bewerber, die noch in den Aufnahmeeinrichtungen wohnen, und abgelehnte Asylbewerber. Aber grundsätzlich gilt laut Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, nachzulesen auf deren Webseite:
Personen, die sich seit drei Monaten zur Durchführung eines Asylverfahrens gestattet im Bundesgebiet aufhalten, kann die Ausübung einer Beschäftigung genehmigt werden.
Die Frist beginnt mit der Ausstellung des Ankunftsnachweises oder, wenn diese nicht erfolgt, mit der Stellung des Asylantrages. Ein vorangegangener Aufenthalt wird auf die Frist angerechnet, wenn die Person aufgrund eines Aufenthaltstitels erlaubt oder wegen einer vorübergehenden Aussetzung der Abschiebung geduldet war. Die Genehmigung der Beschäftigung ist allerdings ausgeschlossen, solange die Pflicht in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen besteht; diese Pflicht gilt bis zu sechs Monate, im Falle von Asylantragstellenden aus sicheren Herkunftsstaaten aber auch darüber hinaus (§§ 47 Abs. 1 und 1a, 55 Abs. 1 Satz 1 und 3 und § 61 AsylG).
Auch bei Personen mit einer Duldung gilt für die Genehmigung zur Ausübung einer Beschäftigung grundsätzlich eine Wartezeit von drei Monaten; direkt davor liegende Zeiten eines gestatteten oder erlaubten Aufenthalts werden hierbei angerechnet (§ 32 Abs. 1 BeschV). Keine Wartezeit besteht bei Personen, die eine Duldung besitzen, für bestimmte Beschäftigungen – wie die Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberuf -, für deren Genehmigung es keiner Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit bedarf.“
Mittlerweile leben etwa 600 000 Migranten von Hartz IV, was sie gar nicht beziehen könnten, wenn sie nicht formal dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stünden. Leider besitzen von den arbeitssuchenden Migranten in Deutschland 59 Prozent keine Schul- und 80 Prozent keine Berufsbildung.
Seit die „Erklärung 2018“ fordert, die deutsche Migrationspolitik wieder vom Kopf auf die Füße zu stellen, mühen sich Wohlmeinende mit dem Nachweis ab, es wäre doch alles in Ordnung, beziehungsweise, es schüttele sich schon zurecht. Jedenfalls könnten und sollten auch weiter jährlich eine Viertelmillion überwiegend männliche und überwiegend unqualifizierte Einwanderer über das dafür überhaupt nicht vorgesehene Asylrecht hereinströmen, während es bei der Abschiebung längst abgelehnter potentieller Popmusikstudenten nur tröpfelt.
Apropos: Bei einer alternden Bevölkerung von 82 Millionen weist Deutschland nur noch etwa 27 Millionen Nettosteuerzahler auf, von denen allerdings 12 Millionen abgezogen gehören, die direkt oder indirekt vom Staat entlohnt werden. Die restlichen 15 Millionen – wie gesagt, seit kurzem gehört auch der weißrussische Freund dazu – schultern den Jahr für Jahr wachsenden Rest.
Solange die Verhältnisse in Kaltland so sind, tun smarte Neubürger wie Sabreen und Nawid natürlich gut daran, so schnell wie möglich auf die sichere Seite der Steuergeldversorgten zu kommen. Vermutlich sind sie klüger als Ernst Elitz und Liane Bednarz zusammen.    Wendt



Kurz bevor das Reichsparteitagsgelände restauriert und wohltätigen Bestimmungen zugeführt wird, tut Nürnberg sich hervor, um den Geist von Julius Streicher durch eine Spielart des Exorzismus endgültig loszuwerden, eine masochistische Art von Wohlfahrtsexorzismus, der aus öffentlicher Selbstbespöttelung besteht. Ähnlich wie in der fascistissima Firenze, deren Bürgertum nach 68 zu einem betulichen Salon kommunistischer Spießer wurde, ist man auch in Nürnberg ins entgegengesetzte Extrem gekippt und inzwischen offenbar genauso übergeschnappt wie damals, als Leni Riefenstahl dort den Triumph des Willens auf Celluloid bannte.

Irgendjemand muss die verbrecherischen Lügen Dieter Zetsches schließlich vertuschen. Da kommt ein zerknirschter Franke genau recht. In Franken fand die letzte Hexenverbrennung Deutschlands statt. In Franken wurde noch Ende der 70-er Jahre von einem Exorzisten ein Mädchen in den Tod getrieben. Die meisten Juden Bayerns lebten in den letzten 1000 Jahren in Franken. Da ist es nur folgerichtig, wenn die heutigen Todfeinde der Juden in Franken auf besondere Weise verklärt werden.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.