Stationen

Mittwoch, 7. Februar 2018

Schlimmer Finger

Seit Ende August vergangenen Jahres ist Jeremy Issacharoff der neue Botschafter Israels in Berlin. Sein Vorgänger, Yaakov Hadas-Handelsmann, hatte immer wieder wenig diplomatische Ausflüge in die deutsche Innenpolitik unternommen. Immer dabei: der erhobene Zeigefinger verbunden mit dem Versuch, zu beeinflussen, was in Deutschland gesagt und gedacht werden darf und was nicht. So hält es auch Issacharoff.
Der „glänzte“ wenige Tage nach seiner Amtseinführung – mitten im Bundestagswahlkampf – mit einer Warnung an die Bundesbürger, die AfD zu wählen. Den Einzug der Partei in den Bundestag bezeichnete er als „sehr besorgniserregend“. Nun warf er AfD-Vertretern auf Twitter eine Verherrlichung der Nazivergangenheit vor. Ein Lob seines Landsmanns Rafi Eitan an die Adresse der AfD für deren Haltung zur Einwanderungspolitik nannte er „traurig und eine Schande“. Eitan war 1960 maßgeblich mitverantwortlich für die Gefangennahme des NS-Verbrechers Adolf Eichmann. Vergleichbare Heldentaten sind von Issacharoff nicht überliefert.
Issacharoff erweist seinem Land einen Bärendienst
Die Selbstverständlichkeit, mit der sich israelische Botschafter in die deutsche Innenpolitik einmischen, ist anmaßend und wirft ein schales Licht auf die diplomatische Strategie des israelischen Außenministeriums. Niemand wäre wohl empörter als die israelische Regierung, wenn etwa der deutsche Botschafter in Tel Aviv den Einzug rechtsradikaler Parteien wie Habayit Hajehudi in die Knesset kritisieren würde. Oder die Ausweisung afrikanischer Wirtschaftsflüchtlinge durch die israelische Regierung, die mit einer generalstabsmäßigen Planung in Angriff genommen wird, mit der verglichen die einwanderungskritischen Töne der AfD fast schon moderat daherkommen.
Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, als ginge es bei den Vorstößen der obersten Diplomaten des Judenstaates gar nicht um israelische Interessen, sondern vielmehr um diplomatische Amtshilfe für eine von Rechts in die Bredouille gekommene Kanzlerin Angela Merkel, die im politischen Israel als „Freundin“ verehrt wird.
Issacharoff erweist seinem Land dadurch einen Bärendienst. Viele junge Deutsche erhalten so ein Bild von Israel, das so gar nicht mit dem lebensfrohen, uneitlen und liebenswürdigen Volk zwischen Mittelmeer und Jordan zusammenpaßt. Für die Mehrheit der Israelis sind die AfD-Positionen zur Zuwanderung – ähnlich wie für Eitan – schlicht Common Sense, mögen sie auch den meisten nicht weit genug gehen.
Die AfD ist eine deutsche Angelegenheit, keine israelische
Es gibt an der AfD eine Menge berechtigter Kritik. Sowohl an den Äußerungen Gaulands zu Wehrmachtsoldaten als auch zu rassistischen und antisemitischen Entgleisungen von hochrangingen Parteifunktionären und Abgeordneten. Die Anklage solcher Äußerungen darf Israels Botschafter aber unbesorgt den Selbstreinigungskräften des demokratischen Diskurses in Deutschland überlassen.   Thorsten Brückner

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