Bei allen diesen Punkten kann man Mounk durchaus zustimmen, auch wenn es dafür wirklich keines Lehrstuhls in Harvard bedarf. Interessant ist vielmehr, wie Mounk die Verwerfungen, unter denen die westlichen Gesellschaften leiden, beschreibt. Hier ist der Wortlaut (ab Minute 26:00):
„dass wir hier ein historisch einzigartiges Experiment wagen, und zwar eine monoethnische und monokulturelle Demokratie in eine multiethnische zu verwandeln. Das kann klappen, das wird, glaube ich, auch klappen, dabei kommt es aber natürlich auch zu vielen Verwerfungen.“
Das hat er schön gesagt, der Herr Mounk, der bis 2015 Mitglied der SPD war und dann mit Trara sein Parteibuch zurückgegeben hat, weil ihm die SPD-Politik bei Euro-Krise und „Flüchtlingskrise“ schlicht nicht links genug war. Das Faszinierende daran ist: Wenn es die Bösen sagen, die mit dem Hinkefuß, die nach Schwefel stinken, setzt das mediale Getöse von „Verschwörungstheorie“ und „Nazi-Parolen“ ein.
Warum fragt Caren Miosga nicht nach?
Wenn es ein Guter sagt, interessiert es jedoch kein Schwein. Denn zu meinen, Caren Miosga wäre in diese Aussage gegrätscht und hätte investigativ nachgefragt, würde bedeuten, dem Flagschiff der öffentlich-rechtlichen Nachrichtenvermittlung journalistische Standards zu unterstellen.Nach Mounk wagen wir also gerade ein einzigartiges Experiment, das eine monoethnische Demokratie in eine multiethnische verwandelt. Das zu benennen, ist das eine. Aber hier geht es ja nicht nur um Verwerfungen, sondern um die elementare Frage der Demokratie: Wer hat dieses Experiment beschlossen, und wo war die politische Debatte zu diesem Experiment? Sollten diese Fragen nicht beantwortet werden können, braucht man keine Analysen eines Harvard-Dozenten, sondern kann schlicht konstatieren: Der Zerfall der Demokratie ereignet sich, wenn es keine demokratische Legitimation für dieses Sozialexperiment gibt. Aber das dürfte schon total rechts sein.
Die Funktionsweise dieser Art Tatsachenbehauptungen („einzigartiges Experiment“) unter Verzicht auf politische Debatte kennt man bereits aus dem, was landläufig „Flüchtlingskrise“ genannt wird. Als diese „Flüchtlingskrise“ langsam abzuebben begann, stellte sich als erster der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil hin und sprach:
„Lassen Sie uns nicht groß drum herumreden: Wir haben eine Million Menschen hinzubekommen, und deren Integration wird viel Geld kosten. Es ist doch eine Illusion zu glauben, dass die meisten Flüchtlinge wieder zurückkehren.“ Das war am 9. März 2016.
Ein Tenor, der sich durchgesetzt hat
Mit Flüchtlingskrise hat die Tatsache, „eine Million Menschen hinzuzubekommen“, jedoch wirklich nichts zu tun. Der Tenor: „Nun sind sie halt da und die gehen nicht mehr weg“ hat sich seitdem durchgesetzt. Wer gegen diese „Tatsachenbehauptung“ verstößt, wird schnell als Nazi geoutet.So geschehen dem FDP-Spitzenkandidaten Christian Lindner, der im Bundestagswahlkampf 2017 vorsichtig darauf hinzuweisen wagte, dass nach Ende des Bürgerkriegs die Flüchtlinge wieder heimzukehren hätten. Er mache selbstredend, so wurde ihm vorgeworfen, jetzt gemeinsame Sache mit der AfD. Eleganter wurden bestehende Gesetze und überhaupt das Asylrecht nie ausgehebelt. Aber das ist eben der Preis des Experiments.
Und jetzt also Mounk: Wir führen momentan ein einzigartiges Experiment durch, das unsere monoethnische Demokratie in eine multiethnische Demokratie verwandelt. Zum Glück hat er nicht „Umvolkung“ gesagt, sonst wäre der Skandal aber da! Das Ganze aber so hübsch wissenschaftlich verbrämt und mit dem Siegel eines SPD-Aussteigers und Harvard-Dozenten, da kann man sich dann weiter klug fragen, woher nur der ganze Zerfall der Demokratie wohl kommt? Vahlefeld
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