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Dienstag, 6. Februar 2018

IVVENTVS

Das Deutsche Reich hat 1914 auf 540.000 Quadratkilometern knapp 68 Millionen Einwohner mit einem Durchschnittsalter unter 25 Jahren. 2018 leben in der Bundesrepublik – neben 19 Millionen Bürgern mit Migrationshintergrund – nicht einmal 64 Millionen Altdeutsche, deren Durchschnittsalter 47 Jahre erreicht hat.
Deutschlands Kolonien beherbergten 1914 – auf rund 2,9 Millionen Quadratkilometern – nicht einmal 14 Millionen Menschen. Heute leben in diesen ehemaligen Kolonien 130 Millionen. Von einem Fünftel des einstigen Mutterlandes hat sich die Bevölkerung dort verzehnfacht – es leben dort heute doppelt so viele Menschen wie hierzulande "Altdeutsche".
Als die Sieger von 1918 das Wiener Kaiserreich zersplitterten und die Berliner Kolonien unter sich aufteilten, ahnten sie nicht einmal, dass die Demographie ihnen nach und nach ebenfalls das Schicksal der Zersplitterung bescheren würde.
Global bricht sich ein Separatismus Bahn, der die Nationenzahl zwischen 1914 und heute von 50 auf 193 hochtreibt, während die Weltbevölkerung von 1,7 auf 7,6 Milliarden zulegt. Nur ein verengter Blick aus europäischer Sicht führt zur Lehrbuchüberzeugung, dass nationaler Separatismus erst im neunzehnten Jahrhundert einsetzte und im frühen zwanzigsten seinen mörderischen Gipfel erreiche. Doch schon vorher, von 1492 bis 1914, wächst genug europäisches Personal nach für Eroberungen. Das führt in nie gekanntem Ausmaß zur Abtrennung von Gebieten in der übrigen Welt.
Von gut 50 Millionen auf bald eine halbe Milliarde verzehnfacht sich Europas Bevölkerung. Verluste beim Siegen, Ausmorden und kolonialen Siedeln sowie durch Seuchen und Kriege daheim werden umgehend und verstärkt ausgeglichen, weil die Geburtenkontrolle eisern unterdrückt bleibt.
Um die Entvölkerung – von 80 auf 50 Millionen durch die Pestwellen ab 1348 – umzudrehen, bleibt seit der Hexenbulle 1484 ist Sexualität ohne Strafe nur als ehelicher Fortpflanzungsakt erlaubt. Make love, not babys, die einmal zu Kriegern werden, setzt sich erst rund 500 Jahre später ab den 1960er Jahren durch.Dies, weil in der permanenten Konkurrenz auf den Arbeitsmärkten nur derjenige nach vorne kommt, der beim Qualifizieren und Regenerieren nicht durch Kinderversorgung behindert wird.

Expansion zur Unterbringung des Nachwuchses

Als die Erde gegen 1820 weitgehend aufgeteilt ist und Südamerika eigene Wege sucht, baut sich Druck auf zwischen Europas Bevölkerungsexplosion und seiner Verteilung auf neue Territorien. Mit einem Anstieg von 180 Millionen im Jahre 1800 auf 490 Millionen im Jahre 1915 erreicht die Alte Welt einen ungemein jungen Weltbevölkerungsanteil von 27 Prozent. Der Kriegsindex liegt immer bei 3 bis 4, wobei 3.000 bis 4.000 zornige junge Männer (15-19 Jahre) um die Positionen von 1.000 Alten in Rentennähe (55-59 Jahre) ringen.
Für das Unterbringen des Nachwuchses wollen alle expandieren. Russen unterwerfen in Asien ein Territorium von 15 Millionen Quadratkilometer, während das Reich der Zaren von 35 auf 92 Millionen Bürger zulegt. Großbritannien stürmt von 10 auf 46 Millionen Einwohnern noch rasanter voran und kontrolliert 1918 fast 36 Millionen Quadratkilometer. Mit den USA kontrollieren Angelsachsen ein Drittel der Welt.
40 Millionen Quadratkilometer gehen seit der zweiten Kolumbusreise – 1493 sind Soldaten, Siedler, Priester, Vieh und Saatgut auf den Schiffen – an Lissabon und Madrid, Paris und Den Haag sowie schließlich auch Brüssel, Rom und auch ans Deutsche Reich. Widerstand leistet bis 1918 das Osmanen-Reich. Nur Chinesen, Koreaner und Japaner, die kulturell schon im Mittelalter die Nase vorne haben, werden nicht unterjocht.
Dritte Söhne der europäischen Eliten regieren, die Kühnsten ihrer Unterschichten helfen beim Herrschen. In der Tötungs- und Sterbebereitschaft gegen Kolonisierte und imperiale Gegner fühlen sie sich als gemeinsame Nation. Unruhen im Mutterland dämpft man durch neue Eroberungen, wo die Aktivsten als Farmer oder alsbald freie Sträflinge eingesetzt werden. Tausende von Stammes-Gemeinschaften, Khane, Emire oder Sultane sowie Inka- oder Azteken-Fürsten verlieren dabei ihre Gebiete. Doch ihr Klagen über Sezessionen ohne Ende wird bestenfalls als Wehklagen der Besiegten vernommen.

Die Alte Welt ist längst Geschichte

Noch im 18. Jahrhundert trifft es mit der Aufteilung von Polen-Litauen das zweitgrößte Reich Europas. Größer wird dabei auch das Habsburger Imperium. Da seine Bevölkerung von gut 20 Millionenim Jahr 1800 bis zum Jahr 1914 auf 53 Millionen springt, treibt es unaufhaltsam in seinen separatistischen Untergang. Der slawische Nachwuchs fordert unerwartet die Positionen der Ungarn und Deutschen, die nicht einmal mehr genügend Ämter für die eigene Jugend haben. Die banale Konkurrenz um Pfründen wird als Verteidigung nationaler Ehren deklariert. Doch neben dem tödlichen Weg zu eigenen Staatsapparaten gibt es den schlichten Umzug nach Wien. Hunderttausende bleiben dort auch nach 1918 und ersetzen eine tschechische durch eine österreichische Karriere.
Demografisch ähnelt Imperial-Europa dem heutigen Afrika, das seit 1950 von 230 Millionen auf 1,25 Milliarden zulegte. Seiner Armut entgeht das Abendland ab 1500 durch die historisch neue Kombination hoher Geburtenzahlen mit den zinsgetriebenen Innovationen der Eigentumswirtschaft. Waffen kommen von Unternehmern, die immer effektiveres Gerät auf die Märkte schicken. Das entscheidet den Kampf gegen Steinzeit-Regionen, die mit nur zwei bis drei Kindern pro Frau keine Verluste absorbieren können.
Nach dem Verbrennen von 24 Millionen Jünglingen zwischen 1914 und 1945, dem Fall der Kinderzahlen von 5 auf 1,5, dem Anstieg des Durchschnittsalters von 20 auf 42 Jahre ist die Alte Welt Geschichte. Weil aber ihre Ethnien immer noch viel können, müssen sie sich gegen Vergreisung gegenseitig kannibalisieren. Man schwächt den Nachbarn nicht mehr durch Invasionsarmeen, sondern durch Abwerben seiner Talente.

18 Millionen Genozid-Tote seit 1970

Während im K.u.k.-Raum die Minderheiten sich aber „nur“ um 50 Prozent stärker vermehren als ihre „Herrenvölker“, geht es in den Kolonien seit 1945 um das Drei- bis Vierfache schneller voran. Uganda etwa schafft – neben monströsen Massakern – seit 1945 eine gute Verzehnfachung von 4 auf 43 Millionen. Extreme Opfer fallen erst nach dem Sieg über die „Weißen“ an, weil fünf oder zehn Rebellen um nur eine frei gewordene Pfründe kämpfen müssen, wodurch die Revolutionen ihre Brüder fressen.
Mit rund 18 Millionen Kriegs- und Genozid-Toten seit 1970 bleibt Afrika allerdings maßvoll gegenüber den Megatötungen durch Kommunisten, Nationalsozialisten und Weltschlachten in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Dass die neuen 1,2 Milliarden Afrikaner bis 2050 – mit den bisher schlechtesten Schülern und wenigsten Patenten – sich damit begnügen, ist bei einem Kriegsindex zwischen 3 und 8 heute sowie immer noch 2 bis 6 um 2050 eher unwahrscheinlich.
Demografische Daten in diesem Beitrag stammen unter anderem aus:
http://www.populstat.info/; 
http://www.tacitus.nu/historical-atlas/population/centraleurope.htm; https://en.wikipedia.org/wiki/List_of_countries_by_population_in_1800; http://www.actite.eu/en/la-mia-europa/leuropa-in-rapporto-al-mondo-gli-abitanti/; https://www.reddit.com/r/MapPorn/comments/6lgvdm/median_age_by_continent_6460x3455/; 
https://en.wikipedia.org/wiki/List_of_largest_empires; https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1723/umfrage/weltbevoelkerung-nach-kontinenten/.

Global tritt im 21. Jahrhundert an die Stelle hochgerüsteter Imperial-Armeen das Andrängen vielfach größere Heere von Waffenlosen. Gerade ihre Hilflosigkeit erschreckt die Heimgesuchten, weil sie einen Anspruch auf lebenslange Sozialhilfe begründen. Es sind die daraus erwachsenden Belastungen, die den modernen Separatismus befeuern. Seine drei Varianten sind (1) der Wiedergewinn der Grenzhoheit (Populismus), (2) das Einhegen von noch konkurrenzfähigen Teilregionen (Sezessionismus) und (3) die Flucht der Innovativen, die durch das Zahlen für die Neuankömmlinge entmutigt werden (Auswanderung).
Gut gewappnet gegen diese Bewegungen sind die 70 Millionen Bürger auf den 18 Millionen Quadratkilometern in Kanada, Australien und Neuseeland. Gegen die 70 Millionen Fleißigen allein im Perlfluss-Delta haben sie nur dann eine Chance, wenn sie eigene Könner binden, fremde anwerben und Leistungssenker draußen halten. Als Kompetenzfestungen – Pässe nur an Asse! – sind sie Magneten für Hochqualifizierte aus der übrigen Ersten Welt, deren Regierungen nicht nur Grenzkontrollen, sondern auch Separation verhindern.
Die Anglos schaffen sogar die Anwerbung von Ostasiaten, weil Chinesen mehr Freiheiten finden als in der Volksrepublik. Nun hat dieser Gigant in der ehrgeizigen Alterskohorte der 25-29-jährigen fast 130 Millionen Ehrgeizige (2015: USA 22 Mill., Deutschland 5 Mill.) und kann einige davon entbehren. Auch ihretwegen stehen die Kinder der drei Staaten in Mathematik bereits vor dem Nachwuchs Deutschlands, Italiens, Spaniens oder Frankreichs (TIMSS 2015). Nicht zuletzt dieser Vorteilsgewinn befeuert – neben dem 2015er Öffnen der deutschen Grenzen und der Wahlfreiheit beim Sozialhilfebezug in der EU – den Brexit.
Das Königreich hat an die beneidet souveränen Ex-Kolonien 2,1 Millionen Bürger verloren, die Locksignale in die alte Heimat senden. Wenn London diesen Abfluss bremst, kann es mit seinem Sprachvorteil, der eigenen Währung, den Top-Universitäten und den Astute-U-Booten zum Anker einer Handels-Union von Nord- und Osteuropäern werden. Denen muss man die Unverzichtbarkeit eines Nuklearschutzes gegen die rogue states des 21. Jahrhunderts ohnehin nicht erklären.

Bayerns Zukunft ohne Norddeutschland?

Die sympathische Inés Arrimadas aus Andalusien, das von Barcelona jährlich Milliarden erhält, illustriert unfreiwillig das Vergraulen von einheimischen Könnern. Als ihre Gruppierung bei der Katalonien-Wahl im Dezember 2017 stärkste Partei wird, will Madrid zwar mit ihr verhandeln, aber nicht mit den drei indigenen Parteien, von denen keine allein die Südspanierin überstimmen kann. Die gedemütigten Katalanen sind verbittert, erteilen jedoch dem Rest Europas eine kostbare Lehre: Flüchte in eine Kompetenzfestung, wenn die eigene Region dazu nicht mehr werden kann! Das ist gewiss schmerzhaft; denn wie Drittweltmigranten am Verlust einer Heimat leiden, die ihnen wenig bietet, so erdulden hier Weggehende noch Härteres, weil das angestammte Milieu noch gestern eine sichere Bank war.
Deutsche Gegenstücke für Andalusien sind Bremen und Berlin. Mit den schlechtesten Schülern sowie den meisten Hartz-Vierern wären sie ohne die Gelder aus München und Stuttgart verloren. Könnten 13 Millionen Bürger des Freistaats Bayern – Heimat der bundesweit drittbesten Schüler – ihre Zukunft retten, wenn sie nach Norden nicht mehr zahlen, souverän wie 9 Millionen Österreicher werden und ihre Zinnen von den besten Hanseaten und Preußen bewachen lassen? Sie könnten sogar die angrenzenden Freistaaten Sachsen und Thüringen inspirieren, mit ihren besten und zweitbesten Schülern der Republik dabei zu sein
Der Druck auf einen Katalanen wie Puigdemont oder auf einen Markus Söder kann nur zunehmen. Der Münchner will deshalb hinter die deutsche Grenzpolizei noch eine bayrische stellen. Es eilt. 700 Millionen Umsiedlungswillige ermittelt Gallup – bei einer Weltbevölkerung von 6,7 Milliarden – schon für 2009. Eine Milliarde heute (7,6 Mrd.) und das Doppelte bis 2050 (9,8 Mrd.) sind deshalb konservative Schätzungen.
Überdies stellt sich – mit der New York Declaration for Refugees and Migrants – die UNO im September 2016 an die Spitze der Hyper-Wanderungen. Sie organisiert die „globale Steuerung einer geordneten und regelmäßigen Migration“ und will dafür „jederzeit gegen Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Diskriminierung“ einschreiten können.

Im Januar 2018 erfahren wir von der National Academy of Sciences of the United States of America Details über bisher Eingewanderte. Für Großbritannien wird nachgewiesen, dass es keine Evolutionsvorteile mehr gibt. Überlegene Kinderzahlen gehen mit kleinerem Wuchs, schlechteren Schulnoten und dem Absinken von fluid intelligence, einem „Maß für die Fähigkeit, abstrakt zu denken und Probleme zu lösen“, einher. Da Arbeitsplätze für Un- oder Angelernte schwinden, kann der schlichte Zugewinn an Kinderreichen die Probleme geburtenarmer Nationen nicht lösen.
Das verstehen die 1,75 Milliarden Ostasiaten (Chinesen, Japaner, Koreaner und Vietnamesen), weil sie global die besten Schüler stellen. 300 bis 500 von 1000 Kindern gehören in die höchste mathematische Leistungsgruppe. In der westlichen EU sind es nur noch 20 (Frankreich) bis 50 (Deutschland, Schweden). In dauerhafter Separation von der übrigen Menschheit jagen die „JaChinKos“ den 1,15 Milliarden Konkurrenten in Europa, Nordamerika und Ozeanien selbst bei den Dienstleistungen stetig Marktanteile ab.
Zwar kennt auch Ostasien keine Lösung für den Geburtenrückgang, aber mit den Hyper-Investitionen in Artifcial Intelligence und Roboter versucht es diametral Anderes als Europa mit dem Anwerben von Unbeschulbaren. Die verbleibenden 4,7 Milliarden bleiben mit den schlechtesten Schülern und wenigsten Patenten ohnehin chancenlos. Sie hoffen auf das deutsche Sozialsystem und das Scheitern Trumps beim Schließen der US-Grenzen. Weil sie ohne Flotten, Luftwaffen und Atomraketen dastehen, bleiben ihnen vorrangig Rebellionen vor Ort für die Beute des Siegers oder die Ehre des Heldentodes.
Die Regierungen zwischen Singapur und Tokio können nur mit den Besten des Auslandes ein Fallen ihres Niveaus vermeiden. Kommt die Gelegenheit, greifen sie gerne zu. So zeigen etwa Carsten Breitfeld und Daniel Kirchner, die bei BMW die Elektromobilität angeschoben haben, auf der 2018er CES in Las Vegas den bisher brauchbarsten Batterie-SUV. Sie produzieren das Stück in Nanjing für die chinesische Firma BYTON. Die Deutschen schwärmen keineswegs, sind aber „ungemein beeindruckt, wie fix sich die Dinge in China bewegen und wie schnell dort Entscheidungen getroffen werden.“

Souverän entscheiden wer einreisen darf?

Hiesige Politiker trommeln gegen chinesische Aufkäufer. Doch die Abwanderung von Spezialisten in die Gegenrichtung geht wirklich an die Substanz. Von 2005 bis 2015 sind das jährlich 140.000, bei rund 700.000 Neugeborenen also viermal so viele wie die fünf Prozent Mathe-Asse, die pro Jahr nachwachsen. Auch die besten ausländischen Studenten deutscher Universitäten gehen nach dem Examen wieder weg. Dass die Mittelmäßigen treu bleiben, zählt im war for foreign talent als Niederlage.
Die Ostasiaten werden ihr Kompetenzprofil freiwillig nicht absenken. Journalisten aus der Region fragen den Autor immer wieder, warum Westeuropäer Billionen ausgeben, um eine solche Schwächung herbeizuführen. Zwar unterschreiben die Regierungen der fernöstlichen Konkurrenz die UNO-Migrationsdokumente, aber nicht einmal 100 Asylanten lassen sie jährlich über ihre Grenzen (siehe hier und hier). Die USA handeln legal korrekter, verlassen im Dezember 2017 den Migrations-Pakt von 2016 also ganz offiziell: „Wir werden selbst entscheiden, wie wir unsere Grenzen am besten kontrollieren und wer in unser Land einreisen darf. Der globale Ansatz der New Yorker Erklärung ist mit der Souveränität der USA schlichtweg nicht vereinbar."
Doch die Lage bleibt verfahren, weil – im Dienst des agroindustriellen Komplexes – niemand mehr gering Qualifizierte anlockt als die USA. Man will Saisonarbeiter, doch es kommen Menschen mit Würde, Sozialhilfeanspruch, tüchtiger Vermehrung und dem Recht auf Familiennachzug. Dieser wird zum quantitativ wichtigsten Instrument der US-Einwanderungspolitik. Weil Demokraten diese Menschen als Wähler und Republikaner sie für ihre Wirtschafts-Klientel begehren, vernachlässigen sie ihre Pflicht gegenüber der Nation. Die verlangt das Herbeiführen einer stetigen Überqualifikation, damit Kompetenzen für die Firmen von morgen und übermorgen vorhanden sind.

Der Migrations-Verlust bleibt

Die Berliner Führung demonstriert seit Jahrzehnten ihr Scheitern an dieser Aufgabe etwa dadurch, dass zwar 20 Prozent der Bürger über Migration gewonnen wurden, aber 6 Millionen Menschen von Hartz IV leben, während man ein oder zwei Millionen smarte Leute für das Rückholen der einst beherrschten Industrien einfach nicht findet. Kaum jemand erinnert sich noch, dass Kameras, Telefone, Tonträger, Bildschirme, Computer, Solarzellen, Klaviere, Antriebsbatterien oder Frachtschiffe auch einmal zwischen Rhein und Elbe produziert wurden. Weil Ostasien mit mehr Brainpower zur Sache gehen kann, bleiben diese Industrien dort, selbst dann, wenn die Löhne über die europäischen steigen.
Aschkenasim und Asiaten verhindern in den USA vorläufig einen vergleichbaren Abfluss. Das ändert allerdings nichts daran, dass asiatische und weiße Haushalte in der Not auf 120.000 Dollar zurückgreifen können, während es in Afrikaner- und Latino-Haushalten weniger als 2.000 Dollar sind. Auf die aber entfallen über 50 Prozent der Neugeborenen, die nach bisheriger Erfahrung im untersten Notensegment enden. Doch wer die Kinder hat, bekommt das Land. Anders geht es nicht.
Deshalb muss sich auch Amerika auf Separatismus einstellen – durch Neue, die übernehmen, oder Alte, die sich beizeiten in Sicherheit bringen wollen. Wie sollte denn auch in einer wirklichen Krise eine halbe hilflose Nation von der anderen Hälfte versorgt werden können? Weil bei solchen Lasten auch die Benötigten nicht mehr kommen, fordert Jeffrey E. Garten, ehemaliger Dekan der Yale School of Management, schon 2015 einen globalen Raubzug: „Amerika muss einen massiven Angriff auf die Gehirnleistung im Ausland beginnen, um die Wissenschaftler, technischen Talente, Ingenieure und Mathematiker der Welt einzufangen.“

Osteuropa muss dänischer werden

Da die asiatische Konkurrenz stetig stärker wird und ein Hereindrücken Unqualifizierter verhindert, während Brüssel genau das betreibt, können Separationsbestrebungen nur stärker werden. Nach der Abwendung Großbritanniens folgt Dänemark mit Grenzkontrollen nach Süden und dem Abschieben von Migranten dorthin. Wohl bekannt ist, dass 2015 und 2016 rund 5.000 Millionäre Deutschland und sogar 22.000 Frankreich verlassen. Doch auch „Dänemark erlebt einen Abfluss seiner besten Arbeitskräfte.“ Sein Vorzeigeunternehmen LEGO will durch ein Bündnis mit Tencent aus Shenzhen überleben. Weil das Land in der OECD-Rangordnung für Lebenszufriedenheit hinter Norwegen und vor der Schweiz den 2. Platz hält, mag das verwundern. Es belegt aber nur, dass die Finanziers des Sozialen durch Weggehen mehr Einfluss ausüben, als man ihnen durch Wahlniederlagen nehmen kann.
Deshalb wirbt Premier Kars Rasmussen in der Neujahransprache 2018 um seine Zukunftsträger mit dem Niederlegen der Ghettos, in denen „Geld kein Lohn ist, der verdient wird, / und wo kriminelle Banden Unsicherheit schaffen, / weil mehr Menschen nach Dänemark gelassen wurden, als wir integrieren konnten.“ Eine partielle Sezession von Schengen ist dafür kein zu hoher Preis, „denn wir müssen Dänemark schützen.“
Aufgrund relativ geringer Löhne ächzt auch der Raum Warschau-Prag-Bratislava-Budapest unter der Abwanderung von Talenten, die für den Westen mehr erarbeiten, als an EU-Strukturhilfen zurückfließen. Noch ist die Ost-EU eine Fluchtburg gegen Terror. Die Schüler übertreffen die westeuropäischen, und auch das Durchschnittsalter liegt niedriger. Wenn man ihnen im Austausch für ihre Besten jedoch bildungsferne Migranten aufzwingt, die Vermittelbaren aber schön bei sich behält, muss Osteuropa dänischer werden. Dafür will man sie als Rassisten beschämen, obwohl sie doch Leute mit grüner Haut und blauen Haaren nähmen, um ihre Industrien zu retten. Das Nationale dient – von den Rändern abgesehen – dabei nicht als mystisch überhöhte Instanz, sondern als Schild für die Verteidigung des ökonomischen Stehvermögens.
Einen Vorwurf des Intelligenzismus müssten sie allerdings schlucken. Der aber ist gerade frei von chauvinistischer Exklusivität. Die Brüsseler Drohungen mit Geldstrafen erzeugen überdies kaum noch Angst, weil offen ist, wie lange Deutschland – mit der zweithöchsten Steuer- und Abgabenlast aller Industrienationen – Londons Beiträge übernehmen kann.
Kleinstaatliche Lösungen erstrebt im Osten fast niemand, denn nicht Grenzen sind das höchste Gut, sondern Kompetenzen und Sicherheit, für die man auf die NATO setzt. Wer diese Bedingungen erhalten will, zugleich Handels-, Reise- und Investitionsfreiheiten verbürgt, soll das auch durch andere Grenzen oder die bessere Kontrolle der vorhandenen dürfen. Ein Land auf Teufel komm raus zusammenzuhalten, bleibt auch dann gestriger Nationalismus, wenn man ihn als modernen Widerstand gegen die nationalen Attribute einiger Separatisten deklariert.
Warum führen die Grenzoffenen nicht einfach praktisch vor, wie ihnen Prosperität und Harmonie gelingen? Die Skeptischen dabei aus dem Abseits erst einmal zuschauen zu lassen, wiese nach vorne. Das seit 1945 gepredigte Europa des Post-Nationalismus gibt es erst, wenn den gemeinsamen Schutz behält, wer seine Grenzen selbst beschirmt.

Gunnar Heinsohn (*1943) lehrt Kriegsdemografie am NATO Defense College in Rom.

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