Das Haus war wieder voll. Einige Dutzend Gäste mußten im Vorfeld
sogar abgewiesen werden. Das ist bei den Veranstaltungen der
Konrad-Adenauer-Stiftung in Mainz keine Seltenheit. Sie sind immer gut
besucht, jedenfalls besser als überall sonst in Deutschland. An Mainz
liegt es nicht, so schön die Stadt auch sein mag. Es liegt an den
Themen, die der Chef der KAS in Rheinland-Pfalz, Karl-Heinz van Lier,
anbietet.
Er ist einer der ganz wenigen, der die Fahne der normalen Familie von
Vater-Mutter-Kind hochhält und sich deshalb oft Kritik von seinen
Oberen anhören muß. So auch diesmal beim Thema: „Gender – Instrument der
Umerziehung? Ziele, Kosten, Wirkung“. Wie bei diesem Thema üblich,
wurde schon im Vorfeld Druck ausgeübt. Die Schwulen-Lesben-Bi-und
Transsexuellengruppen hatten ihre publizistischen Hilfstruppen
mobilisiert, eine Demo angekündigt und C-Politiker in Berlin nervös
gemacht.
Aber vor dem Tagungsgebäude standen gerade mal zwei Demonstranten
ziemlich hilflos herum. Auch auf dem nahen Guttenberg-Platz waren es
nicht mehr als ein gutes Dutzend mit zwei Regenbogenfahnen. Sie fielen
neben einer Karnevalstruppe, die sich auf demselben Platz formierte,
nicht weiter auf, zumal zwei von ihnen sich auch noch eine Pappnase
aufgesetzt hatten.
An den Universität herrscht ein Mißverhältnis der Fördermittel
Also kein Lärm um nichts? Nicht ganz. Denn der Inhalt der vier
Vorträge des halbtägigen Symposiums hatte es in sich. Der langjährige
Vorsitzende des Deutschen Lehrerverbands, Josef Kraus, ging der Frage
nach: „Gender-Mainstreaming – was hat das mit Pädagogik zu tun?“ Nachdem
er Gender als soziales Geschlecht im Gegensatz zum biologischen
beschrieben und das Mißverhältnis der Mittel – es gibt etwa 120
Lehrstühle für Alte Sprachen, aber 220 für Genderforschung – dargestellt
hatte, analysierte er die politischen Aktivitäten dieser Ideologie in
einigen Bundesländern und hob ein Gutachten des Göttinger Professors
Winterhoff hervor. Aus diesem Gutachten geht eindeutig hervor, daß es
sich um Indoktrination handelt und daß die Eltern einen gesetzlichen
Anspruch auf Befreiung ihrer Kinder von dieser Indoktrination in den
Schulen haben.
Die Religionsphilosophin und Sprachwissenschaftlerin Hanna-Barbara
Gerl-Falkovitz ging der Ideologie auf den Grund und legte ihre Wurzeln
bloß, indem sie die Forderungen der Gender-Aktivisten mit den
natürlichen Gegebenheiten verglich. Es gebe keine geschlechtlich
neutrale Person und die Kulturen aller Völker, auch der deutschen,
hätten immer den „verlockenden Unterschied“ in ihren Mythen und Sagen
besungen. Es gehe bei dieser Thematik um Identität, Selbstbewußtsein und
Menschsein. Der Konstruktivismus, der der Gender-Ideologie zugrunde
liege, komme an der Leiblichkeit des Menschen nicht vorbei.
Grundlage der Identität bleibt der Leib
Auch die Ikone des Gender-Mainstreaming, die amerikanische Soziologin
Judith Butler, denke zu kurz und weiche den wirklichen Fragen nach
Identität und Freiheit aus. Sie behaupte in der Tradition von Sartre,
daß es nur Kultur und keine Natur gebe. Aber die „Kultur braucht die
Natur, um überhaupt zu kultivieren“. Auch schweige Butler, wenn gesagt
werde, daß eine neue kulturelle Identität, ein Konstrukt auch
dekonstruiert werden könne. Wenn sie sage, die Homosexualität sei eine
Kopie der Heterosexualität, die Heterosexualität wiederum aber auch eine
Kopie, dann bleibe sie die Frage schuldig, was denn das Original ist,
wovon die Heterosexualität eine Kopie sein soll.
Die Grundlage für
Natur, Kultur, Identität bleibe der Leib, das „lockende Anderssein“, so
Gerl-Falkovitz. Die Diskussion um Gender sei „unterkomplex“, sie werde
der „Komplexität der Wirklichkeit nicht gerecht“.
Auch der Gymnasiallehrer und prämierte Buchautor Thomas Kubelik
belegte sprachwissenschaftlich, was Evolutionsbiologen und Philosophen
bereits bewiesen haben: Die Gendertheorie halte einer wissenschaftlichen
Prüfung nicht stand. Über die Sprache solle das Bewußtsein geändert
werden, das sei das klassische Vorgehen totalitärer Ideologien.
Die
gegenderte Sprech-und Schreibweise aber verhunze nicht nur „unsere
schöne deutsche Sprache“, sondern überfordere auch die Kinder, vor allem
die mit nichtdeutscher Muttersprache.
Kubelik empfahl die Zukunftsromane von Orwell oder Huxley nachzulesen
und verwies auf Frankreich und andere Länder, in denen diese totalitäre
Theorie und ihre Sprachmanipulation nach und nach demaskiert werden.
Nur Deutschland halte eisern an dem „Revival der 68er gegen Ehe und
Familie“ (Josef Kraus) und an alten Klischees der Emanzipation fest.
Europarat stuft Begriff „Mutter“ als sexistisch ein
Die Gender-Theorie hinkt, wenn man den Ausführungen des Symposiums
folgt, hilflos der wissenschaftlichen Diskussion hinterher. Auch die
familienpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion im Mainzer Landtag,
Simone Huth-Haage, konstatierte: Vor 15 Jahren sei es bei Gender noch um
Gleichstellung und Gleichberechtigung gegangen, heute gehe es nur noch
um das Geschlecht als soziales Konstrukt. Mutterschaft würde als
Wettbewerbsnachteil gesehen, „Mutter“ sei nach einem Bericht des
Europarats von 2010 ein „sexistischer Begriff“.
Frauen sollen demnach nicht durch Kinder an der Ausübung eines
Erwerbsberufs gehindert werden. Huth-Haage verwahrte sich gegen diese
Abwertung und die Behauptung, hier gehe es nur gegen das Patriarchat.
Gerl-Falkovitz unterstützte ihre Argumentation: „Es gibt schon lange
kein Patriarchat mehr in Europa“. Das werde allein beim Blick über die
Grenzen in Nachbarregionen sichtbar, wo es noch ein Patriarchat gebe. Im
fortschrittlichen Norwegen seien 90 Prozent der Krankenpflegeberufe
weiblich besetzt, in Europa wollten Frauen in Pflege-und Fürsorgeberufe,
„weil sie es gern tun. Wir sollten Frauen tun lassen, was sie gern
täten“.
Genau das wollen jene in Politik und Stiftung, die Bedenken gegen das
Symposium erhoben, offenbar nicht akzeptieren. Ähnlich die 15
Demonstranten auf dem Guttenberg-Platz und die Medien, die die
Veranstaltung verurteilten, bevor sie überhaupt stattfand und bevor sie
die Argumente wahrnahmen. Liminski
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