Dienstag, 16. Juni 2020
Die Taliban unter uns
Im Alter von 76 Jahren bestieg Martha Ann Ricks 1892 ein Schiff, um von Liberia nach London zu reisen und Königin Victoria zu sehen. Ricks, in den Vereinigten Staaten als Sklavin geboren, erlebte ihre Befreiung 1830, als ihr Vater es schaffte, sich von seinem Eigentümer loszukaufen, einem Farmer in Tennessee. Beide siedelten nach Westafrika über. Sie verfolgte alle Nachrichten, die sie über die Königin bekommen konnte, und wünschte sich schon als junge Frau – obwohl sie nie Untertanin des Empire war – die Regentin zu sehen. „Ich habe viel darüber gehört, wie gut die Königin zu meinen Leuten – zu den Sklaven – gewesen ist, und wie sehr sie wollte, dass wir frei sind“, sagte Ricks nach ihrer Reise. Der Botschafter von Liberia arrangierte eine Audienz. Am 16. Juli 1892 traf sie Victoria in Windsor Castle, und schenkte ihr einen Quilt, den sie gestickt hatte, das Bild eines Kaffeebaums. Die Königin habe genau ihren Vorstellungen entsprochen, so Ricks, „nur etwas älter“.
Die frühere Sklavin betrachtete Victoria zu Recht als berühmte Fürsprecherin der Sklavenbefreiung. Sie gehörte zwar nicht zu den Pionieren der Abolitionisten, und zwar aus biografischen Gründen. Die Abschaffung des Sklavenhandels war vom britischen Parlament 1807 beschlossen worden, 22 Jahre vor Victorias Geburt. Das Gesetz zur Abschaffung der Sklaverei, vorangetrieben von dem konservativen Politiker und Philantrophen William Wilberforce, passierte 1833 das Parlament, 1834 das House of Lords, drei Jahre vor ihrer Thronbesteigung. Aber sie ließ die Öffentlichkeit wissen, wo ihre Überzeugungen und Sympathien lagen – denn der Wilberforce Act beendete die weltweite Sklaverei bekanntlich noch nicht. Zu Victorias Lektüre gehörte Harriet Beecher Stowe’s “The Case of Uncle Tom”, ausweislich ihrer ausgiebigen handschriftlichen Anmerkungen. Ihr Mann Prince Albert übernahm 1840 die Schirmherrschaft über eine Antisklaverei-Versammlung in der Exeter Hall in London, wo er eine kurze Ansprache hielt.
„Die Überzeugung von der überragenden Bedeutung für die Interessen der Menschheit und Gerechtigkeit haben mich bewogen, die Schirmherrschaft zu übernehmen“, so Albert am 1. Juli 1840. „Ich bedauere zutiefst, dass die wohlmeinenden und andauernden Anstrengungen Englands zur Abschaffung dieses scheußlichen Handels mit menschlichen Wesen (zugleich die Verwüstung Afrikas und der schwärzeste Fleck auf dem zivilisierten Europa) noch nicht zu einer befriedigenden Lösung gefunden hat.“
(‘I have been induced to preside at the meeting of this Society from a conviction of its paramount importance to the great interests of humanity and justice. I deeply regret that the benevolent and perservering exersions of England to abolish that atrocious traffic in human beings (at one the desolation of African and the blackest stain upon civilised Europe) have not as yet led to any satisfactory conclusion!!’)
Die handschriftliche Notiz Alberts zu dieser Rede ist bis heute erhalten.
All das hätten diejenigen wissen können, die Victorias Denkmal in Leeds mit Farbe und dem Schriftzug „Slave Owner“ besprühten. Es stellt sich nur die Frage, ob die theoretische Möglichkeit, nachzuschlagen und zu lesen, für die Dekolonisierer des Denkmals und ihre Anhänger noch eine praktische Rolle spielt. Am 12. Juni 2020 veröffentlichte Sahil Mahtani im Spectator den Text: „Die Taliban. Eine Entschuldigung“ (Taliban: an Apology).
Darin argumentiert Mahtani im Stil von Swifts “Modest Proposal“, die Taliban in Afghanistan hätten die kulturelle Macht von Denkmälern sehr genau erkannt und gewusst, was sie taten, als sie die Buddha-Stauen von Bamiyan sprengten. Wer seine eigene Ideologie als konkurrenzlos durchsetzen wolle, der müsse die Hinterlassenschaft aller anderen Generationen notwendigerweise auslöschen. Da das gerade quer durch die westliche Welt passiere, unter dem Beifall von identitätslinken Politikern, Journalisten und Erklärungslieferanten mit akademischen Titeln, gebe es auch keinen Grund mehr, auf die Taliban herabzusehen.
Bei den Demolierern des Victoria-Denkmals (und dem von Gandhi und anderen) handelt es sich tatsächlich um talibaneske Figuren mit den dazu nötigen Hauptmerkmalen, dem totalen Machtrausch und der totalen Bildungslosigkeit. Wer gebildet ist, zögert, oder versucht sogar andere an der Auslöschungsarbeit zu hindern.
Das Besondere an diesen Taliban in Leeds, London und demnächst Paris und Berlin besteht darin, dass es sich um lupenreine Schöpfungen des Westens handelt, um home grown terrorist.
Es bleibt nicht bei Victorias postumer Hinrichtung. Ghandi, dessen Denkmal mit “racist” beschmiert wurde (und der seine politische Arbeit als Anwalt und Organisator einer Bürgerrechtsbewegung ab 1893 in Südafrika begann) wurde schon erwähnt. Deutschlands Kolonialgeschichte nimmt sich verglichen mit dem Empire zwar kurz und klein aus. Das hindert Intellektuelle der Bundesrepublik nicht daran, auch ihren Platz in der Sonne der neuen Ideologie einzufordern. Der Historiker Michael Max Paul Zeuske von der Universität Bonn etwa hoffte vor kurzem im Gespräch mit der Deutschlandfunkjournalistin Gabi Wuttke, „dass sich das nicht wieder verläuft und eine kulturelle Revolution angestoßen wird“. In der Kulturrevolution, die er sich wünscht, geht es Immanuel Kant endlich an den Kragen: „Wenn man es aber ernst meine mit der Aufklärung von Rassismus und dem Stürzen von Denkmälern“, zitiert der Deutschlandfunk Zeuske, „müsse man auch solche Geistesgrößen wie den Philosophen Immanuel Kant in den Blick nehmen. Er habe in seinen anthropologischen Schriften den europäischen Rassismus mitbegründet.“
Wo Kant war, soll also Zeuske im Gespräch mit Wuttke werden. Ganz nebenbei zeigt sich bei diesem talibanesken Sturmlauf auch das gleiche Muster wie bei allen vorangegangenen Totalitarismen – er spült Figuren mit einem erheblichen Rachedurst nach oben. Um es mit Karl Kraus zu sagen: Wenn Herr Zeuske Kant angreift, dann handelt er in berechtigter Notwehr.
Ein Hamburger Historiker namens Jürgen Zimmerer ruft dazu auf, das Denkmal beispielsweise Bismarcks auf den Kopf zu stellen, zu beschmieren, und das wieder aufgebaute Staatschloss in Berlin mit „Stacheldraht aus den Konzentrationslagern zu umwickeln, um Sehgewohnheiten zu brechen“. Beim Norddeutschen Rundfunk schreibt ein Redakteur, ein ganz eigener, unabhängiger Kopf:
„Denkmäler brechen. Statuen auf den Kopf stellen, sie hinlegen, eingraben oder sie mit Farbe beschmiert im Museum ausstellen: Die Ideen sind vielfältig. Das Ziel ist dabei, die Menschen zum kritischen Nachdenken anzuregen – gerade in Hamburg, einer Stadt, die ihren Reichtum auch den rassistischen Gräueltaten der Kolonialherren verdankt.“
In der Süddeutschen Zeitung lobt eine Redakteurin die Verbannung des rassistischen Films „Vom Winde verweht“.
Bekanntlich gehört die Münchner Redaktion zu den kollektiven Vorkämpfern gegen Rassismus, wenn sie nicht gerade damit beschäftigt ist, antisemitische Karikaturen ins Blatt zu heben. Im Spiegel ruft Malcolm Ohanwe, ansonsten Mitarbeiter des Bayerischen Rundfunkx, die weiße Bevölkerung in Deutschland auf: „Entdeckt eure innere Kartoffel“.
Darin beklagt sich der 1993 in München geborene Autor, der fast ausschließlich über Rasse, Hautfarbe und Diskriminierung schreibt, über die Eintönigkeit seiner Arbeit:
„Durch die Texte, die ich schreibe, und die Radiobeiträge, die ich baue, werde ich dazu konditioniert, für Geld meinen Schmerz und den anderer Schwarzer zur Schau zu stellen und immer wieder auszupacken.“
Die Weißen, meint er, sollten sich deshalb auch mehr mit Rassenfragen beschäftigen – mit dem kritischen Weißsein – und ähnliche identitätspolitische Aufsätze verfassen, nur eben unter anderem Vorzeichen: „Ich würde gerne mal lesen, wie es ist, im Jahre 2020 und auch davor und danach weiß zu sein. Ich möchte in eure weißen Communitys, Lebens- und Gedankenwelten eintauchen.“ Offenbar muss er beim Bayerischen Rundfunk in einer Spezialabteilung arbeiten, die ihn von dieser Lebenswelt fernhält. „Macht Stücke und führt Gespräche“, fordert Ohanwe, „in denen ihr euch ganz explizit als weiß markiert; ihr werdet merken, wie verdammt knifflig es ist, einen klugen, leicht verständlichen und pointierten Essay oder einen guten Gesprächsbeitrag zur eigenen ethnischen Identität zu formulieren.“
Es ist in der Tat nicht ganz einfach; er selbst zum Beispiel hat es ausweislich seines journalistischen Werks noch nie geschafft.
Die Denkmalsstürmer und ihre identitätspolitischen Zuarbeiter stützen sich bewusst oder (meist) unbewusst auf die Ideen des französischen Theoretikers Frantz Fanon. Er argumentierte, dass die gesamte europäische Kultur mit all ihren Institutionen und Erbstücken nicht nur auf Rassendiskriminierung gebaut ist, sondern praktisch aus Rassismus besteht wie aus einem Baustoff, weswegen an ihrer Zertrümmerung kein Weg vorbeiführt. Nach Fanon spielt es tatsächlich keine Rolle, was Königin Victoria und Prinz Albert über Sklaverei dachten, was Kant schrieb und Bismarck, ja selbst Gandhi im Einzelnen tat. Es genügt, dass sie in irgendeiner Weise zum westlichen Kanon zählen und dadurch etwas repräsentieren, das beseitigt werden muss.
Übrigens müsste fast alles fallen, auch und gerade die Marx-Denkmäler in Berlin, Trier und London, denn Marx gehört nicht nur ebenfalls zu diesem Kanon, er war darüber hinaus, anders als Victoria, tatsächlich Rassist:
„Der jüdische Nigger Lassalle, der glücklicherweise Ende dieser Woche abreist, hat glücklich wieder 5000 Taler in einer falschen Spekulation verloren… Es ist mir jetzt völlig klar, daß er, wie auch seine Kopfbildung und sein Haarwuchs beweist, von den Negern abstammt, die sich dem Zug des Moses aus Ägypten anschlossen (wenn nicht seine Mutter oder Großmutter von väterlicher Seite sich mit einem Nigger kreuzten). Nun, diese Verbindung von Judentum und Germanentum mit der negerhaften Grundsubstanz müssen ein sonderbares Produkt hervorbringen. Die Zudringlichkeit des Burschen ist auch niggerhaft.”
(Marx an Engels, 1862 (Marx-Engels-Werke Band 30, S. 257).
Dass das Gebäude an der Relotiusspitze 1 auf den Kopf gestellt, flachgelegt und in die Außenalster transportiert gehört, versteht sich mit Blick ins Textarchiv von selbst.
Moscheen können ebenso wenig stehenbleiben, schließlich war Mohammed Sklavenhändler.
Die Tatsache, dass sich der vorgeblich antirassistische Furor nur gegen bestimmte Ziele richtet, hilft seine Natur besser zu verstehen. Nicht nur die westlichen Marx-Denkmale werden nicht auf den Kopf gestellt oder beschmiert (das Denkmal in Trier ist übrigens frisch, es wurde erst 2018 als Geschenk der Volksrepublik China errichtet). Wahrscheinlich kommt der Spiegel auch davon. Am deutlichsten aber fällt auf, wie sorgfältig alle Stürmer und Zertrümmerer die Tatsache aussparen, dass es in den islamischen Ländern nie eine ähnliche Sklavenbefreiungsbewegung gab wie im Westen, und dass in einigen dieser Länder bis heute eine real existierende Sklavenhaltung fortdauert, daneben noch in Territorien von Boko Haram und anderen Milizen.
Als der Althistoriker Egon Flaig in seiner „Weltgeschichte der Sklaverei” schrieb, dass die islamischen Herrscher weit mehr Sklaven aus Afrika raubten als Europäer, schlug ihm Wut und Ablehnung der Tugendblätter entgegen. Die Süddeutsche geißelte seine Darstellung als „krampfhaft”, und behauptete mit bemerkenswerter Kenntnisfreiheit, die „Quellenlage“ zu islamischer Sklaverei sei „alles andere als eindeutig“.
Diejenigen, die Krieg gegen Denkmale führen und Aufsätze in Fanons Stil verfassen, greifen nicht den Rassismus an, sondern den Teil der europäischen Geistesgeschichte, aus der die Bewegung zur Abschaffung der Sklaverei entstand. Das Anliegen der europäischen Aufklärung bestand ja nicht nur in der Abschaffung der Sklaverei, sondern auch in der Beseitigung der Leibeigenschaft, der Abschaffung von Folter und der Einführung von allgemeinen Bürgerrechten, kurz, in der Einhegung und Begrenzung einer jahrhundertelangen Gewaltgeschichte. Der Republikaner Martin Luther King stand in dieser Tradition der Aufklärung, als er 1963 vor dem Lincoln Memorial in Washington sprach:
„Ich habe den Traum, dass eines Tages diese Nation aufstehen wird in der wahren Bedeutung des Credos: ‚Wir halten diese Wahrheit für voraussetzungslos, dass alle Menschen gleich geschaffen sind.
Ich habe den Traum, dass eines Tages auf den roten Hügeln von Georgia die Söhne der ehemaligen Sklavenhalter und die Söhne der früheren Sklaven brüderlich an einem Tisch zusammensitzen.“
(I have a dream that one day this nation will rise up and live out the true meaning of its creed: ’We hold these truths to be self-evident; that all men are created equal.’
I have a dream that one day on the red hills of Georgia the sons of former slaves and the sons of former slave owners will be able to sit down together at the table of brotherhood.)
Heute würden die Töchter natürlich auch und an erster Stelle erwähnt. Aber Kings Botschaft ist bis heute unmissverständlich. Sein Ziel war eine Gesellschaft freier Bürger und kein neuer identitätspolitischer Tribalismus. Für diesen Neotribalismus entstand in Seattle dieser Tage eine Art Denkmal, das praktisch jedes einzelne Wort Martin Luther Kings travestiert.
Die Talibans des Westens können nicht nur Denkmäler demolieren, sondern auch – mit der entsprechenden ästhetischen Fallhöhe – neue errichten.
Vor kurzem nannte der französische Philosoph Alain Finkielkraut den identitätspolitischen Antirassismus im Westen „den Kommunismus des 21. Jahrhunderts“.
„Beim Antirassismus“, so Finkielkraut, „geht es leider nicht mehr darum, die Gleichheit der Menschenwürde zu verteidigen, sondern um eine Ideologie, eine Weltanschauung. In dieser Sicht der Dinge hat ein nicht-westlicher Sklavenhandel keinen Platz, ebensowenig wie ein arabisch-islamischer Antisemitismus oder einer der afroamerikanischen Gesellschaft oder auch die Demonstrationen von Chinesen oder Vietnamesen in Paris gegen Beleidigungen und Aggressionen, die nicht von Weißen ausgehen.“
Die Grunderzählung der Bewegung handle von dem „weißen Privileg“ als Ursache aller Übel der Gesellschaft: „Die Privilegien jedoch konnte sie nicht abstreifen. Es gibt also keine Sühne für ihr Schuldgefühl. Und auch keine Erlösung. Dieser Auto-Rassismus gehört zum Erschütterndsten und Groteskesten unserer Zeit.“
Im Unterschied zum Kommunismus scheint die neue Ideologie allerdings den gesamten Westen zu erfassen. Der Westen selbst hat, anders als die Ostblockländer vor 1989, keinen Westen, an dem er sich festhalten könnte.
Die Black-Lives-Matter-Losung ’no justice, no peace’ fasst Finkielkrauts Analyse nur etwas anders, meint aber das Gleiche. Nach Fanon kann es eben keine Gerechtigkeit geben, keine Sühne, also auch keinen Frieden und keine ehemaligen Sklaven und ehemaligen Sklavenprofiteure an einem Tisch. Eine Erlösung liegt, wenn überhaupt, nur in der Beseitigung der westlichen Kultur.
Wem das apokalyptisch vorkommt, der sollte einen Blick auf die „verlorenen Gebiete der Republik“ in Frankreich werfen, in denen sich besser kein Weißer blicken lässt, erst recht kein Jude, und in denen die Frauenrechte nicht existieren. Die Aufklärung ist dort vollständig abgewickelt. Es sind Zonen der Gewalt, deren Verfassung aus einem Satz besteht: No justice, no peace.
Seine politische Karriere begann der Vorkämpfer der Sklavenbefreiung William Wilberforce 1780. Viele Jahre musste er wie andere, die so dachten, gegen den Wind in Politik und Presse kreuzen, wo die meisten die Sklaverei für gerechtfertigt hielten. Vor allem das unterscheidet ihn von den Zimmerers, Zeuskes, NDR- und Spiegel-Redakteuren und Denkmalbemalern: Sie bewegen sich nicht gegen einen Widerstand. Sie spüren einen Wind im Rücken, der von westlichen Universitäten und NGOs ausgeht. Mit ihrem Ruf nach der Zertrümmerung gemeinsamer kultureller Identitäten treffen sie sich mit den Großen der Plattformökonomie. Sie riskieren nichts. Sie sind exakt das, was sie den Toten aus den vergangenen Generationen vorwerfen: Profiteure einer Ideologie der Ungleichheit.
Das Erbe von Wilberforce und anderen ist heute am ehesten bei einem Alain Finkielkraut aufgehoben.
In dem, was Martha Ann Ricks hinterlassen hatte – mündlich weitergegeben und später aufgezeichnet – findet sich keine Spur von Ressentiment. Nach der Begegnung mit ihr notierte Königin Victoria in ihr Tagebuch: „Die alte Dame war klein und sehr schwarz mit einem freundlichen Gesicht.“
Dieser Text erscheint auch auf Tichys Einblick.
Die Rassismus-Debatte eskaliert zum Kulturkampf. In Amerika werden Kolumbus-Denkmäler geköpft oder niedergerissen, in England sind Kolonialisten-Statuen zerstört oder in Hafenbecken geworfen worden, in Antwerpen trifft es das Denkmal Leopolds II., in Washington erklärt die Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, elf Hauptstadt-Denkmäler von Südstaatlern für Symbole von “Grausamkeit und Barbarei”. In London werden Statuen von Winston Churchill jetzt polizeilich geschützt, und selbst George Washington soll nun – so fordern es rassismusbewegte Politiker – vom Dollarschein verschwinden. Der erste Präsident der USA und Namensgeber der Hauptstadt sei schließlich Sklavenhalter gewesen.
Auch in Deutschland entdeckt die politische Linke das Thema und findet nun in Bismarck ein Denkmalopfer. Bismarck sei der Begründer des deutschen Kolonialismus gewesen. In Köln und Hamburg wird bereits debattiert, ob die Bismarcktürme nicht gesprengt werden müssten. In Berlin wirbt ein Verein “Berlin Postkolonial” für eine umfangreiche Denkmalsäuberung. Das große Bismarck-Nationaldenkmal neben dem Bundespräsidenten-Schloss Bellevue gerät ins Visier der Bilderstürmer.
Was die linke Bilderstürmer-Bewegung dabei übersieht: Ihr eigener größter Säulenheiliger war ein übler Rassist. Karl Marx hasste Juden wie Schwarze in erschreckend expliziter Weise. Er ist in der Kategorie “Rassist” weit vor Bismarck einzuordnen.
Aus den Briefen und Artikeln von Karl Marx geht ein erschütternd minderheitenverachtendes Weltbild hervor. An seinen politischen Freund Arnold Ruge schrieb Marx, wie “widerlich” ihm “der israelitische Glaube” sei. Sein Text “Zur Judenfrage” (1843) legt den geistigen Grundstein für blanken antisemitischen Hass: “Welches ist der weltliche Grund des Judenthums? Das praktische Bedürfnis, der Eigennutz. Welches ist der weltliche Kultus der Juden? Der Schacher. Welches ist sein weltlicher Gott? Das Geld.” Die Passagen von Marx über Juden lesen sich zuweilen wie Originaltexte von Nazis. Das Judentum sei “ein allgemeines gegenwärtiges antisociales Element”. In der jüdischen Religion liege “die Verachtung der Theorie, der Kunst, der Geschichte, des Menschen als Selbstzweck”. Selbst “das Weib wird verschachert”. In seinem Zentralwerk “Das Kapital” schreibt Marx 1872, dass alle Waren “in der Wahrheit Geld, innerlich beschnittene Juden sind, und zudem wundertätige Mittel, um aus Geld mehr Geld zu machen”.
Seine Briefe entlarven Marx als blanken Rassisten. So wird Ferdinand Lassalle, der Gründer des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins und politischer Konkurrent von Marx, wegen seiner jüdischen Herkunft erst als “Jüdel Braun”, “Ephraim Gescheit” und “Itzig” verunglimpft. Nachdem Lasalle ihn 1862 in London besucht hatte, beschimpfte Marx ihn als “jüdischen Nigger Lasalle” und schrieb: “Es ist mir jetzt völlig klar, dass er, wie auch seiner Kopfbildung und sein Haarwuchs beweist, von Negern abstammt, die sich dem Zug des Moses aus Ägypten anschlossen. Nun, diese Verbindung von Judentum und Germanentum mit der negerhaften Grundsubstanz müssen ein sonderbares Produkt hervorbringen. Die Zudringlichkeit des Burschen ist auch niggerhaft.” Selbst seinen eigenen Schwiegersohn Paul Lafargue, dessen Mutter eine kubanische Kreolin war, erniedrigte er in einem Brief an seine Tochter Jenny als “Negrillo” und “Abkömmling eines Gorillas”. Als sich Marx wieder einmal über seinen nicht-weißen Schwiegersohn aufregte, schrieb er an Engels: “Lafargue hat die üble Narbe von dem Negerstamm: kein Gefühl der Scham.”
Als Lafargue 1887 im Pariser Arrondissement ‚Jardin des Plantes‘ zum Gemeinderat kandidierte, machte Karl Marx‘ Weggefährte Friedrich Engels in einem Brief folgende tief rassistische Bemerkung: “Meine Glückwünsche an Paul, le candidat du Jardin des Plantes – et des animaux. Da er in seiner Eigenschaft als Nigger dem übrigen Tierreich um einen Grad näher steht als wir anderen, so ist er ohne Zweifel der passende Vertreter für diesen Bezirk.”
In Anbetracht der ebenso brutalen wie beklemmenden Quellenlage stellt sich die Frage, ob in Deutschland wirklich 52 öffentliche Plätze, mehr als 500 Straßen und sogar mehrere Schulen weiterhin nach Karl Marx benannt werden sollten. In Trier steht sogar ein Riesendenkmal aus Bronze, das kürzlich von der Volksrepublik China geschenkt worden ist. Ist die Kolossal-Statue eines der wirkmächtigsten Antisemiten und Rassisten, gesponsert von der größten Diktatur der Welt nicht peinlich für eine liberale Demokratie, die jeden Rassismus ablehnt? Die Bürgerrechtler der ehemaligen DDR verweisen zudem darauf, dass Karl Marx obendrein auch ein geistiger Brandstifter für ideologischen Totalitarismus gewesen sei, der zu vielen Millionen Toten als Opfer des Kommunismus geführt habe.
Hubertus Knabe, ehemaliger Leiter der Gedenkstätte Hohenschönhausen, hält daher das Denkmal in Trier für einen Skandal: “Für viele Opfer des Kommunismus ist es schwer erträglich, dass nun in einer westdeutschen Stadt wieder ein solches Denkmal errichtet wird.” Die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte protestierte gegen die Aufstellung eines “Marx-Götzen”. Das “Neue Deutschland” hingegen leitartikelte: “Danke, China” und “Karlelujah”. Dafür kritisiert das Leitorgan der Linken lieber das Kreuz auf der Kuppel des Berliner Humboldtforums als “christlichen Überlegenheitsgestus”.
Dieser Beitrag erschien zuerst bei The European.
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