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Donnerstag, 18. Juni 2020

Spahns Angst vor optischen Täuschungen numerischer Art




Typisch für Spahn ist, dass er erst um zwei Ecken herumdenken muss, um eine Binsenweisheit zu verstehen, weil er zu den unzähligen Menschen gehört, die den Sinn für Maß und Proportionen verloren oder nie besessen haben (Nachtrag am 24. 12. 2020: inzwischen ist auch typisch, dass das Video, das Spahns Ahnungslosigkeit belegt, nicht mehr zu finden ist).
Bei den derzeitig wöchentlich über 300.000 Tests werden bei einer falsch positiv Rate von 2% selbst ohne jede Infektion über 6000 "Fälle" gemeldet, die gar keine sind.
Die Angabe von "Fällen", "Infizierten" oder "Positiven" ohne gleichzeitige Angaben zur untersuchten Population und zur Gesamtzahl der dabei durchgeführten Tests müsste mit einer hohen Geldstrafe wegen Irreführung der öffentlichen Meinung geahndet werden, sagt Wodarg. Ich möchte hinzufügen, dass ein Gesundheitsminister die Bevölkerung nicht verwirren sollte, indem er wirres Zeug faselt, sondern schlicht und einfach darauf hinweisen soll, dass auf Grund der Ungenauigkeit des Testes Tausende als "Fälle, Infizierte oder Positive" bezeichnete Ergebnisse schlicht Messfehler sein können bzw. sogar müssen.
Was Wodarg zum Thema Impfung äußert, ist besonders beunruhigend. In diesem Zusammenhang sei auch daran erinnert, dass vor 50 Jahren die WHO zu 80% von Staaten finanziert wurde und zu 20% von Privaten. Heute ist es umgekehrt.

Wodarg ist in meinen Augen bisher der glaubwürdigste Kommentator des Geschehens. Jedenfalls trifft er Feststellungen, die überprüft und widerlegt oder bestätigt werden können und er wirft sein Ansehen in die Waagschale und aufs Spiel, indem er es Widerlegungsbestrebungen aussetzt, während die "Faktenchecker" von Correctiv, die an seinen Feststellungen rummäkeln, ihn eben nicht Punkt für Punkt widerlegen (wozu ihnen auch das fachliche Rüstzeug fehlt), wobei die unsachliche Argumentation nicht das Irritierendste ist, sondern das gezielte, penetrante Framing, mit dem bei Gegenüberstellungen die Kritiker mit Wörtern wie "behauptet", "bezeichnet", "angeblich", "will belegen", "fragwürdig", "irreführend", "unterstellt", "unwissenschaftlich" charakterisiert werden (wenn sie nicht explizit als Verschwörungstheoretiker herabgesetzt werden), während die Aussagen der Kritisierten stets mit schmeichelhaften Attributen versehen werden, wie dem Wort "wissenschaftlich", "bewiesen", "deutlich", "Gesundheitsexperte", "ist widerlegt", "evident", "erklärt", "Experten warnen", "hat es für Deutschland durchgerechnet".
Verflucht!! Auch Wodarg hat es für Deutschland durchgerechnet. Und sogar gegen Italien!! Man darf aber in einer gegenüberstellenden Darstellung keine Wertung durch die Wortwahl treffen, wenn man ein Journalist mit Professionalität (und mit Anstand!!) ist. Fazit: Wodarg ist schon deshalb glaubwürdiger, weil er sachlich bleibt (hier ist ausnahmsweise mal eine von der Tagesschau präsentierte Darstellung, die wenigstens in sachlichem Ton verfasst wurde und auch hier werden die Schwachstellen von Wodargs Argumentation sachlich unter die Lupe genommen, abgesehen von der Bemerkung, Wodarg sitze in seinem Video "mit etwas wirren Haaren", weißem Bart und grün-beigem Jackett vor einer dunklen Wand). 

Die eigentliche Niedertracht deutschsprachiger Medien besteht jedoch nicht im Framing der von Correctiv abgerichteten Nachrichtenhunde, sondern darin, dass es keine öffentliche Diskussion zwischen Drosten und Wodarg und anderen Virologen, Immunologen, Epidemiologen, Pneumologen und Infectivologen gibt (die es in Japan aber sehr wohl gibt).

Drosten, der sicherlich das fachliche Rüstzeug besitzt, um Wodarg zu widerlegen, lässt es aber bleiben, und an seinen Antworten kann man, zumindest teilweise, den Unterschied zwischen leugnen oder abwinken einerseits und widerlegen andererseits studieren. Was Wodarg darlegt (und was nicht Punkt für Punkt von Experten widerlegt wird), ist glasklare, messerscharfe Sichtung von Faktoren:


"In Deutschland ist recht deutlich eine Übersterblichkeit zu erkennen, die erst mit dem Lockdown beginnt, also als alle akuten oder fieberhaften Atemwegsinfekte schon längst wieder rückläufig waren.

Wenn in Altenheimen und auf Intensivstationern in den auffälligen Regionen überwiegend alte Menschen starben, dann sind diese zumeist mit einem positiven Test aber an ihren Grundleiden verstorben. Durch die Vernachlässigung und Ausdünnung der Betreuung, erschwerte Familienkontakte und fehlende Pflegekräfte kam es zu oft tödlicher Unterversorgung und zu vermehrten normalerweise nicht angemessenen Klinikeinweisungen. Nosokomiale Infektionen und intensivmedizinische Überbehandlung sind gerade für alte Menschen oft tödlich."

Und weiter:

Die unterschiedliche Mortalitätsentwicklung in den europäischen Staaten ist durch die krankmachende Wirkung ein und desselben Virus nicht erklärbar.

Für die Sterblichkeit relevante Faktoren mit regional unterschiedlich starker Bedeutung sind z.B.:

  • Riskante und unnötige Medikation (Immunsuppression, Hydroxychloroquin, Sedierung u.a.), 
  • Pflegenotstand in Heimen und ambulant, Vereinsamung, Entmutigung, Vernachlässigung
  • Fehleinweisungen in Intensivstationen, finanzielle Anreize für Covid-19 Diagnose (USA), 
  • Nicht indizierte Intubation, (DRGs und Zuschläge für Covid-19)
  • Ausblenden und Übersehen anderer Krankheiten, 
  • Kein Platz für andere dringende Behandlungen
  • Vermehrte nosokomiale Infekte in gedrängten Aufnahmesituationen, 
  • Fehlbehandlung alter Menschen (technisch, medikamentös, psychologisch)
  • Psychische Dekompensationen, familiäre Gewalt, Suizide
Das mittlere Sterbealter der SARS-CoV-2 Positiven
Austria
80+ years
EMS
80+ years
NHS
France
84 years
SPF
Germany
82 years
RKI
Italy
81 years
ISS
Spain
~82 years
MDS
Sweden
86 years
Switzerland
84 years
BAG
USA
~80 years
CDC
 


Die Wirklichkeit ist nicht subjektiv, aber ihre Wahrnehmung sehr wohl. "Objektivität ist die Wahnvorstellung, 
Beobachtungen könnten ohne Beobachter gemacht werden." (Heinz von FOERSTER)

Einer der "relevanten Faktoren mit regional unterschiedlich starker Bedeutung" ist aber auch schlicht und einfach der unterschiedliche Zeitpunkt der getroffenen Gegenmaßnahmen in den verschiedenen Staaten. Und natürlich die Art der Gegenmaßnahmen: in Italien war in den ersten 2 Monaten viel von Händewaschen die Rede, und social distancing fällt Italienern sehr viel schwerer als Flensburgern.

Hier alle Podcasts von Drosten. 

Typisch für Correctiv ist dieser "Faktencheck":

Beim Thema Vorerkranken wird zwar korrekt an Hand einer Tabelle gezeigt, dass es auch Todesfälle ohne Vorerkrankungen gab (gerade mal 3, während die meisten Todefälle mit mindestens drei Vorerkrankungen korrellieren),



aber trotzdem steht dann im kommentienden Text: "Ob und wie diese Vorerkrankungen tatsächlich einen Einfluss auf Verlauf oder Ausgang der Infektion hatten, geht aus der Studie nicht hervor." Ein Schlag ins Gesicht jedes logisch denkenden Menschen. Man kann nur mit Erstaunen immer wieder feststellen, dass Michel Esders den Nagel auf den Kopf trifft, wenn er zu dem Schluss kommt, die "Ingenieure der Mehrheitsmeinung" seien momentan damit beschäftigt, ein Publikum zu formen, welches "selbst ein Höchstmaß an kognitiver Dissonanz" nicht mehr als störend empfinde.

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