„In fünf Jahren werde ich tot sein. O doch! Ich hoffe.“ Jean Raspail
hat das im April 2016 gesagt und recht behalten. Er starb am 13. Juni im
Alter von 94 Jahren.
Wir wissen nicht, was der Schriftsteller in seinen letzten Tagen von der politischen Entwicklung wahrgenommen hat. Aber der Triumphzug des Antirassismus, die Selbstgleichschaltung (fast) aller Medien,
die Art, in der die Europäer ihren Selbsthaß zelebrieren, dürfte ihn
kaum überrascht haben. Raspail ahnte seit langem, zu welchen
Konsequenzen die „altruistische Idiotie“ – diese Mischung aus falsch
verstandenem Christentum und linken Ideen – führen werde. Daran änderte
auch wenig, daß ihm während der sogenannten Flüchtlingskrise von 2015
der eine oder andere widerwillig bestätigte, daß er mit seiner Prognose
recht behalten habe.
Diese Prognose ist enthalten in Raspails zuerst 1973 erschienenem Roman Das Heerlager der Heiligen.
Der Titel spielt an auf eine Stelle im Kapitel 20 der Offenbarung des
Johannes, wo es über das Ende der Welt heißt, daß die Völker Gog und
Magog von den Enden der Erde herbeikommen, „deren Zahl ist wie der Sand
am Meer. Und sie stiegen herauf auf die Ebenen der Erde und umringten
das Heerlager der Heiligen und die geliebte Stadt.“ Behandelt wird im Heerlager
das gewaltlose Eindringen asiatischer Massen, die Europa überfluten,
dessen Völker ausgedünnt und demoralisiert, von ihren Führern im Stich
gelassen werden.
Die Intelligenz hat alle Tradition zersetzt und die Auffassung
etabliert, daß Selbstbehauptung unmoralisch ist, die Geistlichen glauben
längst nicht mehr an die Wahrheit der alten Lehre und predigen
Indifferenz oder eine als Nächstenliebe getarnte Sentimentalität, die
Wirtschaft ist allein auf Gewinnmaximierung aus und schert sich nicht um
das Gemeinwohl, die Politiker sind korrupt und den Soldaten hat man
alle Möglichkeiten genommen, auf ihren Dienst stolz zu sein und ihr
Leben für die Nation zu wagen.
Längst sind die Vorhuten der Invasoren im Land, haben Brückenköpfe
errichtet und Verbündete gesucht und gefunden und den Tag vorbereitet,
an dem Europa untergehen soll.
Dazu kommt es, weil die Auswirkungen der
großen Wanderung nur allmählich sichtbar werden. Denn es handelt sich
nicht um bewaffnete Invasoren, sondern um die Verdammten dieser Erde,
deren schiere Zahl und deren Elend überwältigend wirkt, weil es Gefühle
des Mitleids weckt, die den Widerstand erschweren. Schließlich kommen
alle Abwehrversuche zu spät, Südfrankreich wird vor den Massen der
Eindringlinge geräumt und man kann sich unschwer ausmalen, was in der
Folgezeit geschieht.
Raspail hat betont, daß ein Buch wie Das Heerlager der Heiligen
heute nicht mehr veröffentlich werden könnte. Die Menge an
Diskriminierungsverboten und antirassistischen Maßgaben in Gesetzesform
machte das unmöglich. Daß es nach wie vor lieferbar ist, ins Deutsche,
Englische, Afrikaans, Spanische, Portugiesische und Italienische
übertragen wurde und die Gesamtauflage von mehr als zwei Millionen
Exemplaren überschritten hat, erklärt sich aus der Tatsache, daß die
Restriktionen nicht rückwirkend angewendet werden dürfen.
Ohne Zweifel ist das Heerlager das bekannteste Werk
Raspails. Seinen Erfolg haben weder die Verrisse noch die Lesewarnungen
noch die zahlreichen Prozesse verhindern können, die man gegen den
Verfasser angestrengt hat. Aber darüber wird oft vergessen, wie sich das
Buch in das Oeuvre Raspails einfügt. Denn zu dessen zentralen Themen
gehört der Untergang bedrohter Kulturen, die er mit einer besonderen
Sensibilität behandelte, ganz ohne den üblichen Dritte-Welt-Kitsch und
ein Beharren auf so anachronistisch wirkenden Werten wie Ehre,
Ahnenstolz und Treue.
Seine Treue galt der Überlieferung des Vaterlandes in Gestalt der
Douce France, samt Königtum, katholischer Religion, Vielfalt der
Provinzen, Raffinesse, Galanterie. Mit Raspail verschwindet einer der
letzten Repräsentanten dieser Welt, die selbst schon fast verschwunden
ist. Karlheinz Weißmann
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