Nicht nur Druck und Härte gegen Moskau, sondern auch Dialog: Der
deutsche Außenminister mahnt zur Vernunft und wird hart attackiert.
Die
Warnung von Außenminister Frank-Walter Steinmeier, das Verhältnis zu
Russland nicht „durch lautes Säbelrasseln und Kriegsgeheul“ noch weiter
aufzuheizen, hat zum Teil giftige Reaktionen vonseiten der Union wie
etlicher Medien hervorgerufen. Der SPD-Politiker sieht im polnischen
Großmanöver „Anakonda“, sinnlosen Aktionismus. Steinmeier fordert, nicht
nur mit Druck und Drohungen auf den Kreml einzuprügeln, sondern
zugleich den Dialog daneben zu setzen. Den habe man „völlig vergessen“.
Die
Kritik an Steinmeier fußt letztlich auf dem Standpunkt, dass allein
Russland schuld sei an den frostigen Beziehungen zum Westen, welche die
Tauwetterperiode nach dem Ende des Kalten Krieges abgelöst haben. Eine
allzu einseitige Sicht, wie der Blick auf die Fakten belegt.
So
werfen Kommentatoren US-freundlicher deutscher Medien ausschließlich der
russischen Seite Grenzprovokationen vor. Dabei übergehen sie
geflissentlich ähnliche Aktionen der USA. Auch die Schuld
an der Eskalation in der Ukraine sehen die Steinmeier-Gegner allein bei
Russlands Präsident Putin. In Wahrheit beeinflussen auch die USA die
politische Entwicklung des gebeutelten Schwarzmeer-Staates seit Jahren
massiv und im durchaus eigenen Interesse, wofür Milliarden geflossen
sind.
Der deutsche Außenminister verlangt keineswegs, vor Moskau aus
Angst vor Konflikten auf die Knie zu gehen, er zweifelt auch nicht an
den berechtigten Sicherheitsinteressen etwa Polens oder der baltischen
Staaten. Steinmeier weiß aber, welches Verhängnis sich ergeben kann,
wenn jede Seite nur auf ihre eigenen Rechte und „legitimen Interessen“
pocht, ohne die des anderen anerkennen zu wollen. Drohend zieht das
Szenario von 1914 am Horizont herauf, als eben diese Halsstarrigkeit
eine Weltkatastrophe auslöste.
Im schlimmsten Fall könnte dies zu
einem direkten Schlagabtausch an Europas Ostflanke führen. Die
konventionellen Kräfte der Nato sind denen Russlands jedoch hoffnungslos
unterlegen, das Baltikum wäre Experten-Schätzungen zufolge in wenigen
Tagen überrannt, Polens Sicherheit ernsthaft gefährdet.
Und dann? Die
USA müssten in dem Moment den Einsatz von Atomwaffen erwägen, um ihren
Weltmachtstatus zu verteidigen. Das nukleare Inferno bräche los, ade
Europa!
Diesen schlimmsten Fall muss ein deutscher Außenminister
mitdenken, genau das hat Steinmeier getan. Mag sein, dass ihn dabei auch
innenpolitische Überlegungen bewegt haben, etwa die, auf diese Weise
eine Brücke zur Linkspartei für ein rot-rot-grünes Bündnis 2017 zu
bauen. Doch das fiele in der Bedeutung weit zurück hinter die epochale
Gefahr, die es zu bannen gilt. Hier ist Minister Steinmeier als Stimme
der Vernunft aufgetreten. Hans Heckel
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