Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin Merkel,
erlauben Sie uns, Henryk M. Broder und Hamed Abdel-Samad, Ihnen in
einer wichtigen staatsbürgerlichen Angelegenheit zu schreiben. Wie wir
den Medien entnehmen konnten, suchen sie seit kurzem wieder einen
Kandidaten für das Amt des
Bundespräsidenten. Bei der Auswahl der letzten beiden Amtsinhaber haben Sie leider wenig
Fortüne gehabt. Verstehen Sie das bitte nicht als Kritik, es war nun
einmal so.
Nun darf
es auf keinen Fall einen weiteren Fehlgriff geben. Das bereits
angeschlagene Amt des Bundespräsidenten wäre irreparabel beschädigt.
Die Personaldecke auf fast allen Gebieten des öffentlichen Lebens in
der Bundesrepublik ist extrem dünn. Das ZDF tut sich schwer, einen
Nachfolger für
Thomas Gottschalk
als Showmaster zu finden. Nicht besser sieht es im Berufsfußball aus,
wo Trainer bereits nach wenigen Niederlagen des jeweiligen Vereins
gefeuert werden. Wie gewissenhaft muss man da erst vorgehen, wenn es um
die Besetzung des höchsten Amtes der Bundesrepublik geht.
Wir möchten Ihnen dabei gerne helfen. Unser Vorschlag mag Ihnen auf den
ersten Blick etwas unkonventionell erscheinen, aber das sollte sie
nicht abschrecken. Wer hätte es vor 20 Jahren für möglich gehalten, dass
eine Frau, dazu eine frühere Bürgerin der ehemaligen
DDR
jemals zur Kanzlerin der wiedervereinigten Bundesrepublik gewählt werden würde? Nichts ist unmöglich!
Und etwas,
das wir uns heute nicht vorstellen können, kann schon morgen
Wirklichkeit sein. Soll heißen: Geben Sie sich einen Ruck und schlagen
uns beide, Henryk M. Broder und Hamed Abdel-Samad, zur Wahl des
Bundespräsidenten vor.
Sagen Sie jetzt bitte nicht, es hätte noch nie eine "Doppelspitze" im
Schloss Bellevue
gegeben. Das stimmt. Aber es hat auch noch nie einen Bundespräsidenten
gegeben, der zurücktreten musste, nachdem eine Staatsanwaltschaft die
Aufhebung seiner Immunität
beantragt hat.
Es gibt einige wichtige Punkte, die für uns sprechen. Bei genauer Würdigung dieser Punkte kommen Sie an uns nicht vorbei.
Einer
von uns beiden ist Akademiker mit abgeschlossenen Studium, der andere
ein Autodidakt. Wir repräsentieren die Symbiose aus theoretischem Wissen
und praktischer Erfahrung. Keiner von uns gehört einer Partei an, beide
stehen wir mit beiden Füßen fest auf dem Boden der
freiheitlich-demokratischen Grundordnung.
Was
uns für das Amt des Bundespräsidenten am meisten qualifiziert, ist
unser jeweiliger Migrationshintergrund. Einer von uns wurde in Ägypten,
der andere in Polen geboren. Wir sind Musterbeispiele für gelungene
Integration und für ein multikulturelles Leben, zusammen sprechen wir
sieben Sprachen: Arabisch, Polnisch, Englisch, Französisch, Japanisch,
Hebräisch – und natürlich Deutsch.
Wir
haben bewiesen, dass man trotz der Zugehörigkeit zu verschiedenen
Kulturen und Konfessionen friedlich und produktiv zusammen leben und
arbeiten kann – in der zehnteiligen ARD-Serie "Die Deutschland-Safari".
Uns in
das Präsidialamt zu wählen, wäre ein Signal, das die Welt aufhorchen
ließe. Noch nie sind ein Moslem und ein Jude zusammen Präsident eines
Landes geworden. Es wäre auch keine finanzielle Mehrbelastung für die
Bundesrepublik, da wir uns ein Einkommen teilen würden. Allerdings
müsste die Küche im Schloss Bellevue so eingerichtet werden, dass man
dort Speisen zubereiten kann, die entweder halal oder koscher sind oder
am besten beides.
Seien
Sie versichert, dass wir es ernst meinen. Wir verdanken Deutschland
viel und möchten Deutschland dienen – nach bestem Wissen und Gewissen.
Ihre Mitbürger Henryk M. Broder und Hamed Abdel-Samad (Welt)
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