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Mittwoch, 15. Juni 2016

Der ehrliche Hamit Altintop


Warum der bei Arsenal London angestellte Fußballprofi Mesut Özil vor den Länderspielen die deutsche Nationalhymne nicht mitsingt – so viele Kopfbälle spielt er nicht, dass er sich den Text nicht merken könnte –, hat sein Kollege Hamit Altintop vor sechs Jahren in einem Interview bereits hinreichend erklärt, auf welches mich Leser*** aufmerksam machte und aus dem ich hier den entsprechenden Passus zitiere:

SZ: Am Freitag werden beim Länderspiel zwischen Deutschland und der Türkei einige Spieler aufeinandertreffen, die auch fürs jeweils andere Land hätten spielen können. Haben Sie denn erwartet, dass sich Özil für den DFB entscheidet? Oder haben Sie gehofft, dass er wie der Dortmunder Nuri Sahin für die Türkei antreten will?
Altintop: Ich weiß, wie es in Mesut ausgesehen hat, ich habe einen guten Draht zu ihm und vor seiner Entscheidung habe ich auch oft mit ihm gesprochen. Ich kenne ja auch andere Fälle und weiß, dass es heutzutage einfach um die Perspektive geht, um die Frage: Bei welchem Verband kann ich mehr erreichen, wo kann ich mich besser entwickeln? Fußball ist manchmal eine Herzensangelegenheit, aber viel öfter einfach ein Business.
SZ: Mit anderen Worten: Özil hat sich vor allem für die Karriere entschieden.
Altintop: Als deutscher Nationalspieler hat Mesut mehr Lobby, einen höheren Marktwert, er verdient mehr Geld. Hätte er sich für die Türkei entschieden, hätte er keine WM gespielt und wäre jetzt nicht bei Real Madrid. So einfach ist das.
SZ: Das heißt: Die Entscheidung für ein Land folgt inzwischen einer ähnlich kühlen Logik wie ein Vereinswechsel.
Altintop: Ich respektiere solche Entscheidungen, aber wenn Sie mich fragen, ob ich Freund davon bin, dann sage ich: nein. Entschuldigung, aber ich finde, das hat auch nichts mit Integration zu tun.
SZ: Weil es Ihrer Ansicht nach kein Beitrag zur Integration ist, wenn man eine reine Business-Entscheidung trifft?
Altintop: Es heißt doch "Länder"-Spiel, man hört die Hymne, und da spielt man doch für das Land, dem man sich zugehörig fühlt. Ich bin Deutschland sehr, sehr dankbar, ich habe hier sehr viel gelernt und sehr viele Chancen bekommen. Aber meine Mama kommt aus der Türkei, mein Vater kommt aus der Türkei, ich bin Türke.

Wer von beiden Kickern der Sympathischere ist, soll hier nicht thematisiert werden. Es geht also um das Legionärs-Ding, und von einem Legionär kann man nicht erwarten, dass er für Rom singt, aber immerhin, dass er für Rom kämpft. Insofern fragt es sich allerdings, was dieser technisch hochbegabte, aber verlässlich abtauchende Schnösel, der immer über den Platz schlurft, als stünde es 0:3, in der Nationalelf überhaupt verloren hat.   MK am 14. 6. 2016

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