Der
Brexit ist ein Paukenschlag für das politische Establishment der EU.
Während in allen Völkern Europas die Forderung nach mehr direkter
Demokratie Konjunktur hat und neue politische Bewegungen Regierungen
erfolgreich unter Druck setzen, scheint die Botschaft bei der
politischen Klasse in Deutschland noch zu verhallen.
In Nordrhein-Westfalen schaffte der Landtag einmütig just Anfang der
Woche einer alten grünen Forderung entsprechend die traditionelle
Eidesformel für Minister ab, die darauf verpflichtete, die „ganze Kraft
dem Wohle des deutschen Volkes“ zu widmen. Instinktlos.
Ein plastisches Beispiel für die Entkoppelung von Gewählten und dem
in der Demokratie bestimmenden „Demos“, dem Volk. „Referenden sind Mist.
Demokratie ist komplizierter“, twittert der salonlinke Jakob Augstein
nach dem Brexit. Angst vor echten Alternativen? In Deutschland ist
passenderweise die Alternative für Deutschland (AfD) zum Sinnbild eines
neuen demokratischen Aufbruchs geworden.
Ob in der Frage der Euro-Rettung, intransparenter Brüsseler
Entscheidungen, einer das Recht außer Kraft setzenden unkontrollierten
Masseneinwanderung im Zuge der Asylkrise – die AfD wird plötzlich zum
Gradmesser und Katalysator eines wachsenden Protestes in der
Bevölkerung.
Sie hat dabei einen riesigen Kredit aufgebaut, der sich für eine so
junge Partei in historisch nicht gekannten Umfragewerten niederschlägt –
die jüngsten Erhebungen (INSA) sehen sie im Bund mit 14 Prozent nur
noch fünf Punkte hinter der SPD. Trotz schärfstem medialem Gegenwind
könnte die dauerhafte Etablierung dieser neuen Kraft also gelingen.
Wäre da nicht die wegen eines fortdauernden Machtkampfes an der
Parteispitze ungelöste Affäre um den wegen antisemitischer
Veröffentlichungen in die Schlagzeilen geratenen Abgeordneten Wolfgang
Gedeon in Baden-Württemberg. Diese Krise entfaltet ihre Wirkung
schleichend wie ein lähmendes Nervengift.
Wegen Uneinigkeit an der Spitze wurde der Ausschluß des untragbaren
Abgeordneten in einer kollektiv von der AfD-Spitze zu verantwortenden
katastrophalen Entscheidung um Monate vertagt, halste sich die AfD ein
Problem in einer politisch zentralen Frage auf, das sie wie ein
Mühlstein in den Abgrund ziehen könnte.
Die Aussöhnung zwischen Juden und Nichtjuden, zwischen Deutschland
und Israel, die Erinnerung an eine gemeinsame und von den Verbrechen des
Dritten Reiches überschattete und dadurch tragisch verwobene Geschichte
– sie ist Teil einer deutschen Identität, deren Bewahrung und
Verteidigung wir uns verpflichtet sehen müssen.
Die AfD muß klarstellen, wie sie sich geschichtspolitisch
positionieren will. Damit steht und fällt, ob sie als ernstzunehmender
Faktor der deutschen Politik überlebt. Dieter Stein
Eine genauere Betrachtung findet sich hier.
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