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Freitag, 2. März 2018

Berlusconi und unsere Haushaltssouveränität

In Italien wird am 4. März 2018 gewählt, danach wird eine neue Regierung gebildet. Das wäre an sich nichts Besonderes, schließlich hatte Italien nach dem Zweiten Weltkrieg schon über 60 Regierungen. Eine weltweite Bedeutung könnte sich ergeben, wenn die Rechtsallianz, bestehend aus Forza Italia (FI), der Lega Nord (LN) und der Fratelli d'Italia (FDI) wie erwartet stärkste und die Fünf-Sterne-Bewegung (M5S) zweitstärkste Kraft im Parlament werden. Zusammen kommen sie derzeit in den Umfragen auf weit über 50 Prozent. Bei allen Unterschieden zwischen ihren Programmen eint diese die Erkenntnis, dass Italien aus der Eurozone ausscheiden sollte.

Nicht nur in Italien, auch im Europäischen Parlament gilt man als Feind der EU und Populist, wenn man den Euro kritisch sieht. Losgelöst von Fakten wird der Euro als Erfolgsgeschichte verkauft, als Einigungs- und Friedensprojekt. So, als ob Krieg ausbrechen würde, wenn es den Euro in der jetzigen Form nicht mehr gäbe. Der Euro ist weder Anlass für Krieg oder Frieden, er ist schlicht eine Währung und sollte deren Erfordernisse erfüllen. Dies kann der Euro wegen der Inhomogenität der Eurozone aber nicht leisten. Während der Außenwert des Euro für Deutschland um mindestens 20 Prozent zu gering ist, ist er im selben Maße für Italien zu hoch. Neben den hausgemachten Faktoren wie einer überbordenden Staatsverschuldung und zu geringer Wettbewerbsfähigkeit ist dies der Grund, warum Italiens Wirtschaft am Boden liegt.
Schätzungen zufolge soll die Zunahme des Bruttoinlandsprodukts (BIP) Italiens von 0,9 Prozent (2016) auf 1,5 Prozent (2017) gestiegen sein. Selbst wenn diese Prognose stimmen würde, dann ist dies nur ein erster zaghafter Schritt nach acht Jahren Minimalwachstum oder gar Rückgang. Zum Vergleich (auf Basis von US-Dollar): 2007 betrug das BIP 2,2 Billionen US-Dollar, 2017 soll es (inflationsbereinigt) 1,9 Billionen US-Dollar betragen. Das Wirtschaftswachstum in der Welt stieg von 2007 bis 2016 um 34 Prozent, in den USA um 29 Prozent und in der EU um 14 Prozent, in Italien ging es um 16 Prozent bergab.

Gleichzeitig ist die Verschuldung von 1,6 Billionen Euro (2007) auf 2,2 Billionen Euro (2016) gestiegen. Dank der Nullzinspolitik zahlt Italien derzeit 2,05 Prozent Zinsen für zehnjährige Staatsanleihen. Trotz dieser traumhaften Konditionen für den Finanzminister wird der italienische Staat 2017 38 Milliarden Euro mehr ausgeben, als er einnimmt. Italien kann keine höheren Zinsen verkraften. Wer also Italien in der Eurozone halten will, muss entweder eine „ewige“ Nullzinspolitik akzeptieren oder aber Italien Subventionen als Ausgleich zahlen. Alles andere ist eine Illusion.

Das ist das schnell drohende Szenario: Die Wahlsieger werden die EU damit konfrontieren, dass sie den existierenden Euro nicht mehr wollen. Entweder wird Italien die Eurozone verlassen oder der Euro muss italienischer werden. Zu den Risiken und Nebenwirkungen brauchen wir keinen Arzt oder Apotheker zu fragen – die Bundestagsabgeordneten werden wieder in ausreichender Zahl umfallen und die EU wird dann Italien, Griechenland und andere schwächelnde Euro-Länder auf Dauer subventionieren müssen. Somit wird es endgültig um die Haushaltssouveränität Deutschlands geschehen sein.

Man kann es den Italienern nicht verdenken. Es gibt viele Gründe, eine neue Mehrheit zu wählen, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Landes und der Bürger sind sicher wesentliche Punkte. Es ist Sache der deutschen Politiker, für Deutschland zu sorgen, nicht die der Italiener. Italien und die Eurozone: Die Frage wird sein, wer sich an wen kettet?
Bernd Kölmel ist Mitglied im Europäischen Parlament und haushaltspolitischer Sprecher der EKR-Fraktion

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