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Mittwoch, 1. Juni 2016

Distinktiver Rassismus

Geehrter Herr ***, zu den Manieren habe ich am 29. Mai meinen Teil gesagt. Was den defensiven Rassismus betrifft, so kann er sowohl Vorbote des offensiven wie auch dessen Nachhut oder keines von beiden und nur eine Idiosynkrasie oder eine gewaltige Tumbheit oder sonstwas sein, die offensive Variante ausgenommen, ist er ein Menschenrecht. Von mir aus nennen Sie den Exklusionswunsch bösartig, aber indem sie auch dem defensiven Rassismus sein Daseinsrecht absprechen, nehmen Sie dem Begriff Rassismus die Trennschärfe und verwenden ihn im Sinne jener linksgrünen und migrantenlobbyistischen moralischen Erpresser, denen er einzig als Universalwaffe in ihrem rassistischen Kampf gegen die "Herrschaft der weißen Männer" dient, deren schieren Selbstbehauptungswunsch sie für diskriminierend erklären. Im Tiefsten seines Inneren ist womöglich jeder Mensch rassistisch, so wie in seinem Herzen niemand wirklich Demokrat ist; die am lautesten das Gegenteil behaupten, scheinen mir diese These am nachdrücklichsten zu bestätigen. Wer sich exkludieren will, muss das in einer freien Gesellschaft gottlob (noch) nicht begründen oder sich gar dafür entschuldigen. Bemerkenswerterweise wirft niemand den sich vielerorts exkludierenden Muslimen Rassismus vor.

Auch wenn die ethnisch-kulturelle Segregation in den Ländern des Westens, alle Diversity-Propaganda höhnend, einerseits zunimmt, gibt es hinreichend viele Beispiele des gelingenden Gegenteils, und man muss in Rechnung stellen, dass sich Nationen allein ethnisch nicht mehr definieren lassen und dies tendenziell immer weniger tun werden. Wer deutsch ist, bestimmt zum einen das Staatsbürgerrecht – wobei inzwischen hinreichend viele deutsche Staatsbürger herumlaufen, die ethnisch so deutsch sind wie Pippi Langstrumpfs Neger- oder wie es inzwischen heißt: Südseekönig –, zum anderen der Wille des einzelnen. Wohlmeinende dürfen davon träumen, dass beide Seiten sich einmal zur Deckungsgleichheit vereinen, wahrscheinlich ist es nicht. Zwar haben die kulturell heruntergekommenen, politisch verzwergten, schuldzerknirschten, verweichlichten, mäkligen und überalterten Deutschen im Sinne eines kollektiven Stils wenig zur Identifikation Einladendes anzubieten, aber dreierlei denn doch: eine immer noch solide funktionierende, technisch hochstehende, friedfertige, in ungewöhnlichem Maße Rechtssicherheit bietende und insgesamt tolerante Zivilisation, eine Hochsprache und ein kulturelles Erbe wie kaum ein zweites Volk. Wer sich hier einfügt oder hier geboren ist, gleich welcher ethnischen Herkunft, darf sich bekanntlich Deutscher nennen, wie beispielsweise Herr Boateng auch. Sogar im Sinne eines idealen oder meinetwegen "geheimen" Deutschland spielt das Ethnische heute keine alleinige Hauptrolle mehr; ein Schwarzer oder, wahrscheinlicher, ein Asiate, der sich emporgearbeitet hat, blendend deutsch spricht, seine Kinder aufs Gymnasium schickt, Klavier lernen und Hölderlin lesen lässt und jederzeit bereit wäre, sein Land zu verteidigen, ist natürlich ein weit besserer Deutscher als ein in siebter biodeutscher Generation plötzlich degeneriertes Mitglied der grünen Jugend mit Gendersternchen anstelle von Synapsen, der kultursensiblen Körperspannung eines Regenwurms und geschlechtsneutralem Paarungsverhalten. Wer sich an einer Antwort auf die Frage versucht, "was soll/darf denn nun deutsch sein?", steht also vor einer recht verwirrenden Situation. Alle Definitionen greifen nicht richtig. Die Entscheidung fiele im Ernstfall, möge Gott ihn verhüten, doch auch das ist nicht sicher, denn im Bürgerkriegsfall verliefen die Konfliktlinien wieder entlang der guten alten, von Staatsbürgerschaften schwer zu beeindruckenden ethnischen Loyalitäten.

Das alles ändert freilich nichts an der erschütternden Tatsache, dass nach wie vor Abermillionen Biodeutsche dieses Land hauptbevölkern, in deren Ermessen es zumindest liegt, ihre Lebensart für gut und richtig, ihre Traditionen für bewahrenswert, ihre Landschaft für schutzbedürftig und ihre Kultur, was auch immer sie dafür halten, als heilig zu erachten. Ja, es liegt sogar in ihrem Ermessen, sich ausschließlich mit anderen Biodeutschen zu paaren oder nur neben ebensolchen siedeln zu wollen, was sie erfahrungsgemäß sehr selten tun. Wer will, darf ein deutscher Amish oder ein noch größerer Hinterwelter als H. Maas sein. Wer will, darf sich auf seine Gruppe zurückziehen und defensiv geringschätzen, was ihm passt. Bekanntlich sind Vorurteile zwar überaus vergröberte, aber selten ganz falsche Beschreibungen der Realität; ethnische Kollektive besitzen Eigenschaften, die in einzelnen Vertretern signifikant oft manifest werden, und seien es bloß Temperamente, Schlaf-Wach-Rhythmen, olfaktorische (Un)empfindlichkeiten oder Gewohnheiten der Triebabfuhr. Man könnte das mit Zwang und Gewalt möglicherweise alles auf ein Level schleifen, aber wäre das wünschenswert? Wer die Verschiedenheit liebt, soll sie leben, und der Vielfaltsabholde möge das Seine tun.

Die Verurteilung des diskriminierenden Rassismus gehört zur Geschichte der Zivilisation, die Verurteilung des distinktiven Rassismus zur Geschichte der Heuchelei. Davon rückt keinen Iota ab Ihr dem Fremden guinnessbuchverdächtig offener und dennoch distinktiv grüßender
MK (am 1. Juni 2016)

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