Paukenschlag in Paris. Der Kandidat der Konservativen für die Präsidentschaftswahlen, François
Fillon, hat in einem Fernsehinterview gestern abend angekündigt, daß er
im Falle einer Anklage durch die Staatsanwaltschaft sofort zurücktreten
werde.
Die für Steuer- und Finanzangelegenheiten zuständige
Staatsanwaltschaft hat unmittelbar nach einem Artikel der
Satire-Wochenzeitung Canard Enchainé Ermittlungen gegen Fillon aufgenommen.
Die Zeitung hatte behauptet, Penelope Fillon, die Ehefrau von François
Fillon, habe jahrelang ein Gehalt als parlamentarische Mitarbeiterin
bis zu einer Gesamthöhe von 500.000 Euro erhalten, ohne tatsächlich
dafür gearbeitet zu haben. Der Anwalt von Fillon hat bereits einen Tag
später persönlich der Staatsanwaltschaft mehrere Aktenordner
präsentiert, um die Haltlosigkeit dieser Behauptung zu belegen.
Fillon selber bezeichnete in dem Interview mit dem Sender TF1
(vergleichbar mit den Tagesthemen) die Behauptungen als „üble
Verleumdung“. Die Arbeit seiner Frau sei „legal, real und absolut
nachvollziehbar und transparent. Ohne die Arbeit meiner Frau wäre ich
heute nicht da, wo ich bin.“ Sie arbeitet mit ihm seit seinem ersten
Mandat 1981. Für die Verleumdung empfinde er nur Verachtung. Er werde
die Ehre seiner Frau bis zum Ende verteidigen. Es sei klar, daß man drei
Monate vor den Präsidentschaftswahlen auf sie ziele, um ihn zu treffen.
Es ist in Frankreich nicht ungewöhnlich, daß Ehefrauen und auch
erwachsene Kinder von Abgeordneten als parlamentarische Sachbearbeiter
angestellt werden. Das ist sogar gesetzlich geregelt. Die Zurückhaltung
in den Parteien zu den Anschuldigungen gegen Fillon erklärt sich auch
damit, daß viele Abgeordnete ähnliche Arbeitsverhältnisse abgeschlossen
haben. Sie haben kein Interesse daran, die Tätigkeit nachprüfen zu
lassen.
Am Rand der Legalität bewegen sich zum Beispiel einige
Europa-Abgeordnete, die ihre Lebensgefährten vom Europa-Parlament
bezahlen, aber vor allem für die Partei in ihrem jeweiligen Land
arbeiten lassen. Das wirft man unter anderem auch dem Front National und
insbesondere Marine Le Pen vor. Sie hat ihren Lebensgefährten Louis
Aliot auf diese Weise beschäftigt, was FN-Vizepräsident Filippot
bestreitet. Das sei mit der „Affäre Fillon“ nicht vergleichbar.
Fillon hat nun sämtliche Steuererklärungen und
Beschäftigungsnachweise seiner Frau vorgelegt und präventiv auch die
Honorare für zwei seiner Söhne, die als Anwälte Gutachten für den Senat
angefertigt hatten. Obwohl diese Verträge absolut legal seien, habe er
2013 beschlossen, diese Beschäftigungsverhältnisse zu beenden. Fillon
zeigte sich entschlossener denn je, „jetzt erst recht die
Präsidentschaft anzustreben“. Denn diese Art des Wahlkampfs und der
Verleumdung zeige ihm, „daß unsere Demokratie angefault ist“. Dieses
Land brauche Reformen von Kopf bis Fuß.
Noch ist nicht abzusehen, ob Fillon geschwächt oder gestärkt aus der
Affäre hervorgehen wird. Sie wirft auf jeden Fall einen Schatten auf
seinen Wahlkampf. Seine rote Linie – Rücktritt bei Anklage – gilt
allerdings unausgesprochen jetzt auch für seine Mitbewerber. Man darf
vermuten, daß in manchen Redaktionen bereits Recherche-Aufträge vergeben
worden sind. Jürgen Liminski
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