GÖRLITZ.
Die vier Männer, die im Mai vergangenen Jahres im sächsischen Arnsdorf
einen aggressiven Asylbewerber aus einem Supermarkt gedrängt hatten,
müssen sich ab April vor dem Amtsgericht Kamenz verantworten. Angeklagt
hat sie die Staatsanwaltschaft Görlitz. Sie wirft ihnen
Freiheitsberaubung vor. Das Gericht ließ die Anklage nun zu.
Prozeßbeginn ist am 24. April.
Der Fall hatte deutschlandweit für Schlagzeilen gesorgt. Viele Medien
berichteten damals, eine angebliche Bürgerwehr habe einen psychisch
kranken Iraker mißhandelt.
Der irakische Asylbewerber, der in der örtlichen Psychiatrie
untergebracht war, hatte in dem Netto-Supermarkt herumgebrüllt und zwei
Mitarbeiterinnen bedroht. Anlaß war der Ärger über seine Mobilfunkkarte,
auf der das Guthaben aufgebraucht war. Aufgrund des aggressiven
Verhaltens überwältigten die vier Angeklagten, zu denen der
CDU-Kommunalpolitiker Detlef Oelsner gehört, den Iraker, drängten ihn
aus dem Supermarkt und fesselt ihn mit einem Kabelbinder bis zum
Eintreffen der Polizei 45 Minuten später an einen Baum.
Gegenüber der JUNGEN FREIHEIT rechtfertigte Oelsner seinerzeit sein Vorgehen:
„Ich bin so erzogen worden, daß man als Mann eingreift, wenn eine Frau
bedroht wird. Und die Mitarbeiterin wurde bedroht. Wir sind keine
Bürgerwehr, sondern ganz normale Bürger, aber wir schauen eben auch
nicht zu, wenn so etwas passiert.“ Auch die Polizei verteidigte das
Eingreifen der Männer.
„Durch die Erregtheit des Asylbewerbers war das Festhalten sinnvoll, ich tu mich schwer zu sagen, notwendig“, sagte der Görlitzer Polizeipräsident Conny Stiehl,
nachdem ein Video von dem Vorfall bekannt geworden war. „Wir mußten und
sind davon ausgegangen, daß das Handeln derjenigen – und ich sage das
in vollem Bewußtsein – geholfen hat, korrekt war“, betonte Stiehl.
Über die Anklageerhebung ist Oelsner empört – auch, weil im Gegensatz
zu ihm das Verfahren gegen den aggressiven Asylbewerber wegen Bedrohung
und Körperverletzung eingestellt wurde. „Das ist einfach nicht zu
glauben. Mittlerweile wird man in Deutschland angeklagt, wenn man
Zivilcourage zeigt“, sagte Oelsner der JF. „Wir haben damals nur unsere
Bürgerpflicht getan. Das hat doch auch die Polizei so gesehen. Ich kann
absolut nicht nachvollziehen, daß man uns dafür nun vor Gericht zerrt.“
Ärgerlich sei auch, daß sich die ganze Angelegenheit bereits so lang
hinziehe und er sich nun auch noch einem mehrtägigen Verfahren stellen
müsse. „Das alles kostet viel Kraft, Zeit, Nerven und Geld.“ Als der
Fall im vergangenen Sommer publik geworden sei, seien er und die anderen
Beteiligten von Medien beschimpft und als Rechtsextremisten dargestellt
worden, beklagte Oelsner. Nun fürchte er, daß sich dies mit Beginn des
Prozesses wiederholen werde.
Dennoch kündigte Oelsner an, in der Angelegenheit nicht klein
beizugeben. Als juristischen Beistand hat er sich deshalb den
sächsischen Anwalt Maximilian Krah genommen. „Es geht hier um die Sache.
Da werden wir uns nicht wegducken. Das fechten wir durch, bis am Ende
eine Freispruch steht.“
Krah will deshalb auf Notwehr plädieren. „Wir erleben den
bemerkenswerten Versuch der Staatsanwaltschaft, Zivilcourage zu
kriminalisieren“, kritisiert Krah die Anklage gegenüber der JF. „Wenn
die vier Männer verurteilt werden, wird es niemanden mehr geben, der im
Schwimmbad in brenzligen Situationen junge Mädchen verteidigt“, warnt
er. Auch deswgen sei das Verfahren und sein Ausgang von großer
Bedeutung. JF
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