Am 26. März startet das Superwahljahr mit der
Landtagswahl im Saarland. Ex-Ministerpräsident Oskar Lafontaine feilt an
einem rot-rot-grünen Bündnis. Es wäre seine späte Versöhnung mit der
SPD.
73 Jahre alt ist er mittlerweile. Sein Gang
ist schleppend geworden, sein Interesse an parlamentarischer Arbeit
eher gering. Doch noch immer ist Oskar Lafontaine der Politiker im
Saarland, der die Hallen füllt. Allein seine Ankündigung, dass er die
Linkspartei noch einmal in den Landtagswahlkampf führen wird, hat dazu
geführt, dass die Zustimmungswerte stiegen. Wollten vor einem Jahr nur
noch zehn Prozent ihre Stimme der „Linken“ geben, so waren es zuletzt
wieder 15 Prozent. Damit liegt die Linkspartei nur noch geringfügig
hinter dem Ergebnis, dass sie 2012 erzielte. „Wir wollen es wissen, wir
wollen einen echten Politikwechsel, und wir werden sehen, wer dazu
bereit ist“, rief Lafontaine vor wenigen Wochen, als ihn seine Partei
noch einmal zum Spitzenkandidaten wählte.
Gut 13 Jahre lang, von 1985 bis 1998, regierte „Lafo“ nach Gutsherrenart an der Saar, nachdem er zuvor Bürgermeister der Landeshauptstadt Saarbrücken gewesen war. Nach dem Wahlsieg von Rot-Grün, der Niedersachsens Ministerpräsidenten Gerhard Schröder ins Kanzleramt brachte, zog es auch ihn nach Berlin, wo er aber nach wenigen Monaten das Handtuch warf. Das Ende ist bekannt. Lafontaine begann einen Rachefeldzug gegen die Agenda 2010, verließ die SPD und wurde Anführer der heutigen Linkspartei. Nach Querelen auf Bundesebene zog er sich wieder ins Saarland zurück, wo er mit seiner Ehefrau, der „Linken“-Fraktionsvorsitzenden Sahra Wagenknecht, lebt.
Die einst von ihm geführte SPD war zwischenzeitlich im Saarland auf rund 25 Prozent abgestürzt. Der heutige Bundesjustizminister und Landesvorsitzende der SPD Saarland, Heiko Maas, sah zwischen 1999 und 2012 als Vorsitzender der SPD-Fraktion und Oppositionsführer im Landtag des Saarlandes weder gegen den CDU-Ministerpräsidenten Peter Müller noch gegen die CDU-Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer einen Stich. Es gibt viele Genossen, die Lafontaine dies lange übel genommen haben. Erst 2009 bewegte er sich auf seine Ex-Partei zu, wollte Maas mit Hilfe der Grünen trotz eines schwachen Resultats in die Staatskanzlei hieven. Doch die Grünen mit ihrem umstrittenen Frontmann Hubert Ulrich streikten, entschieden sich für ein Bündnis mit CDU und FDP, was in einem Chaos endete. Seitdem regieren Union und SPD gemeinsam unter Führung Kramp-Karrenbauers. Maas hat es nach Berlin gezogen.
Maas’ Nachfolgerin als Spitzenkandidat der saarländischen SPD, Saarlands Ministerin für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr sowie stellvertretende Ministerpräsidentin, Anke Rehlinger, hält sich alle Optionen offen. Auf eine Fortsetzung der Großen Koalition nach der Landtagswahl im März 2017 will sich die SPD jedenfalls nicht festlegen. „Wir wollen stärkste Kraft werden“, sagte Rehlinger. Rot-Rot-Grün schloss sie nicht aus: „Es ist eine rechnerische Möglichkeit.“ Lafontaine selbst steht bereit. Das Saarland brauche einen Regierungswechsel, sagte er mit Blick auf die derzeitige Große Koalition. Er habe sich entschieden, bei der Wahl ins Rennen zu gehen, „weil ich mit der Landespolitik nicht mehr einverstanden bin, und weil ich zutiefst davon überzeugt bin, wir sollten jetzt den Versuch unternehmen, uns an der Regierung zu beteiligen, um frischen Wind in die Landespolitik zu bringen“.
Wer Lafontaine kennt, weiß, dass er ein harter Verhandlungspartner sein würde. Außenpolitische Differenzen, wie sie auf Bundesebene zwischen SPD und Linkspartei zu spüren sind, dürften im Saarland keine Rolle spielen. Die rechnerischen Voraussetzungen für einen Machtwechsel sind gut. Zwar dürfte die SPD hinter der CDU erneut nur das zweitbeste Ergebnis erzielen, aber die Linkspartei könnte mit Wahlkampf-Lokomotive Lafontaine nahe an die 20-Prozent-Marke kommen. Gemeinsam mit den Grünen würde es dann reichen.
Doch ob die mitmachen, ist fraglich. Deren „ewiger“ Spitzenkandidat Ulrich lässt sich bitten. „Wir werden nach der Wahl mit beiden Lagern reden, wenn es die Mehrheitsverhältnisse hergeben.“ Allerdings erwarte er „lustige Debatten“ mit Oskar Lafontaine über die Energiewende. Auch eine Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP wollte er nicht ausschließen: „Das wäre vielleicht nicht einmal das Schlechteste“, so der grüne Spitzenkandidat. Im Saarland, das außerhalb der Städte Saarbrücken, Neunkirchen und Völklingen stark ländlich geprägt ist, tobt ein erbitterter Meinungskrieg zwischen Kohlekraft- und Windkraftgegnern. Beide Lager stehen sich unversöhnlich gegenüber. Die Grünen setzen während des Wahlkampfs auf die Befürworter Erneuerbarer Energien. Lafontaine warf er vor, an der Seite von Windkraftgegner Enoch zu Guttenberg mit allen Mitteln gegen die Energiewende zu polemisieren. Guttenberg wettere gegen „Windkraftprofiteure“ und nenne das Aufstellen von Windrädern gar ein „Verbrechen des Staates“.
Lafontaine versucht das Thema kleinzureden. Kein Geheimnis ist, dass er als Befürworter der Kohlekraftwerke gilt, auch weil im strukturschwachen Land immer noch eine Menge Arbeitsplätze dranhängen. Allerdings wird er im Wahlkampf andere Themen forcieren, die Asylkrise und die soziale Frage in den Mittelpunkt stellen. Dabei wird er auch potenzielle Wähler der Alternative für Deutschland ansprechen wollen, die im Saarland nach dauerhaften Streitigkeiten extrem angeschlagen ist. „Wir werden mindestens doppelt so stark wie die“, verspricht Lafontaine vor seinem letzten Gefecht. Peter Entinger
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