25. September 2016
Kaum ein Anblick
treibt mir verlässlicher ein Lächeln ins Gesicht als der einer Schar von
Dirndlträgerinnen. Allein deshalb mag ich das Oktoberfest. Das Dirndl
ist ein Meisterwerk weiblicher Figurbetonung (und gegebenenfalls auch
-kaschierung), das nahezu jede Frau kleidet. Außerdem ruft die
hinreißende Kombination aus Magdkleid und Rokokomieder in genau den
richtigen Kreisen Aversionen hervor:
Für radikale Feministinnen ist das
Trachtenkleid zu sexy – die Trägerin als Objekt! –, der Gender-Fraktion
ist es zu weiblich – die Trägerin als Konstrukt! –, den Progressisten zu
traditionell – die Trägerin als personifizierte Vorgestrigkeit! –, und
den verklemmten Frauenhautverhüllern muslimischer Provenienz zu
westlich-dekadent – die Trägerin als Männerblickfang!
Das Dirndl, liebe
Madln, ist ein profankulturelles Bollwerk wider die versammelten
Barbaren der Jetztzeit. Und wenn eine Schwarze es trägt, eine Asiatin,
eine Russin, eine Türkin: desto besser!
24. September 2016
"Sie
schrieben einmal, sehr geehrter Herr Klonovsky, Gott sei Biologist.
Nicht nur Gott, das kann ich Ihnen versichern. Nach der Berlinwahl
erlebte ich, wie in unserer in der Hauptstadt der BRD gelegenen
Dependance jene Mitarbeiter, die sich gern als entgrenzende,
weltbürgerliche Humanisten aufspielen (etwa 90 Prozent der Belegschaft),
eine Fotoschau der ins Abgeordnetenhaus gewählten AfD-Kandidaten
veranstalteten. Ich gebe hier die Kommentare dieser sonst so
sanftmütigen, Mensch, Tier und Pflanze streichelnden Philister nur
andeutungsweise zu Protokoll. Zusammenfassen lassen sich die mit losem
Mundwerk verkündeten Urteile jedenfalls in der Feststellung, dass es
sich bei den AfDlern um inzuchtgeschädigte, genetische Defektträger
handele. Natürlich versuchte man sich in der Hatz nach dem bösesten,
widerwärtigsten Kommentar gegenseitig zu übertreffen. Ich wäre gern
zornig geworden. Doch wurde mir nur ganz flau im Magen. Es war kein zum
Zorn regendes Schauspiel. Es war einfach ekelhaft."
Abendlicher 23. September 2016
CDU-Generalsekretär Peter Tauber hat ein Manifest geschrieben, dessen analytische Brillanz Erinnerungen an Leitartikel des Neuen Deutschland
von Anfang 1989 gebieterisch hervorruft. Diesen Assoziationen schmiegt
sich der Titel an, den entweder Tauber selber oder die Redaktion der Welt über das Zehn-Punkte-Bekenntnis setzten: „Wo die CDU steht – Sag mir, wo du stehst!“ Unsereiner wird bei einer solchen Überschrift hellhörig. „Sag mir, wo du stehst“
hieß der bekannteste Titel des am penetrantesten regimetreuen
Sangesvereines der DDR, des "Oktoberklubs" – ein Fähnlein
staatsergebener Reimer und Klampfer, das einen fröhlich-pfiffigen und
konformistischen Berufsjugendlichen wie Tauber gewiss gern aufgenommen
hätte. (Wer jetzt einwendet, dass Westdeutsche ja vom Oktoberklub nichts
wissen können und die Parallelität der Floskelwahl nicht intendiert
gewesen sei: Desto schlimmer, dass sie ganz von allein auf denselben
Trichter kommen!)
Die SED-Vögte betonten in der Endzeit ihres
Arbeiter-und-Bauern-Paradieses zunehmend schrill, dass die DDR eine
einzige Erfolgsgeschichte und das bessere Deutschland sei, und bei
Tauber lesen wir unter Punkt 3: „Die Bundesrepublik ist das beste
Deutschland, das es je gab.“ Die Frage, warum die Deutschen im besten
Deutschland aller Zeiten so wenige Kinder bekommen – und er, Tauber,
selber vorneweg –, schürt rassistische Vorurteile und bedient
Ressentiments. Wer so fragt, steht eindeutig rechts. Also dort, wo die
CDU eindeutig nicht steht. MK vom 23. bis 25. 9. 2016
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