Ein paar tausend unerwartete Gäste sind zur Facebookparty
der kleinen Angela gekommen. „Freibier für alle, die keins haben“ war
ja das Motto der Party. Die Gäste hängen im Garten rum, hören laute
Musik und trinken die Vorräte aus. Die meisten sind ganz nett, doch ein
Bierchen brauchen sie auch. Einige sind schon ziemlich blau und benehmen
sich daneben.
Die Eltern sind entsetzt. Trotzig stampft das Mädchen mit dem Fuß
auf: Uups, es hat eben nicht so funktioniert, wie ich es mir vorgestellt
habe. Aber ich hab’s doch gut gemeint. Und deshalb war’s auch richtig, was ich gemacht habe.
Die Deutsche Kanzlerin sagt viel, wenn der Tag lang ist. Hier eine
kleine Auswahl: Wenn eine Ursache für die Wut sei, dass manch einem "Richtung, Ziel und Grundüberzeugungen" nicht ausreichend klargeworden seien, "so möchte ich mich gerne darum bemühen"… "Wenn
ich könnte, würde ich die Zeit um viele Jahre zurückspulen, um mich
besser vorbereiten zu können auf die Situation, die uns dann im Spätsommer 2015 eher unvorbereitet traf… Ist mir egal, ob ich schuld am Zustrom der Flüchtlinge bin, nun sind sie halt da“. Ich will es auch nicht wieder machen. Und ich will auch nicht wieder "Wir schaffen das" sagen. Jetzt aber, liebe Deutsche, müsst ihr aber erst mal über Euch selbst hinauswachsen
und Euch ordentlich anstrengen, damit die Party weitergehen kann. Weil
es eben prinzipiell richtig ist, Party zu machen und alle Menschen dazu
einzuladen“.
Ein Kurswechsel sieht anders aus. Mit dem „Wir haben
verstanden-Geschwurbel“ redet sich die Kanzlerin um Kopf und Kragen,
weil inzwischen ein großer Teil der Wähler verstanden hat. Ich dachte
immer, dass eines schönen Tages linke Medienzaren wie Jakob Augstein die
Kanzlerin links liegen lassen.
Nun ist es genau umgekehrt gekommen: mit
ihrem „auch weil wir in den vergangenen Jahren weiß Gott nicht alles richtiggemacht haben“, hat sie ein verbales Wendchen eingeläutet. Deutschland
sei nicht gerade Weltmeister bei der Integration gewesen. Zudem habe
man zu lange gewartet, bis man sich der Flüchtlingsfrage wirklich
gestellt habe. "Wir müssen uns also jetzt gleichsam selbst übertreffen. Auch ich“.
Hatten nicht die Medien jeden, aber auch jeden Schritt der Kanzlerin als richtig und alternativlos
gepriesen und damit viele Leser verprellt? Jetzt stehen sie im Regen
und die Kanzlerin hat mit ihrem „Uups“ die medialen Lobhudeleien als
Propaganda entlarvt.
Der CDU-Generalsekretär Herr Tauber mochte einst die zur AfD gewechselten CDU-Mitglieder "nicht geschenkt haben"
– mehr Arroganz ging kaum. Doch diese Arroganz dem Wähler gegenüber
sitzt bei der Regierung tief.
Angela Merkel meint, dass diejenigen, die "immer nur, und das auch noch ausdauernd, MERKEL WEG schreien,
in „post-faktischen Zeiten“ leben und sich nicht mehr für Fakten
interessieren, sie folgen allein den Gefühlen. Und das Gefühl einiger
geht so – ich triebe unser Land in die Überfremdung, Deutschland sei
bald nicht mehr wiederzuerkennen. Und nun wäre es unlogisch, dies mit
Fakten zu kontern, auch wenn ich – dafür kennen Sie mich ausreichend -
sofort in der Lage wäre, das herunterbeten zu können. Ich will dem also
meinerseits mit einem Gefühl begegnen: ich habe das absolut sichere
Gefühl, dass wir, aus dieser zugegeben komplizierten Phase, besser
herauskommen werden, als wir in diese Phase hineingegangen sind.
Deutschland wird sich verändern, so wie wir uns alle verändern, wenn wir
nicht gerade aus Stein sind. Es wird sich aber in seinen Grundfesten
nicht erschüttern lassen".
Diese Merkel-Rede sollte in die Geschichte eingehen. Eine
demagogische Ansprache, an deren Inhalt nichts, aber auch gar nichts,
stimmt.
Sie ist routiniert vorgetragen, aber in der Körpersprache nicht
mal stimmig. Auf der einen Seite gibt sie angeblich Fehler zu, auf der
anderen Seite behauptet sie, dass ihr richtiger Kurs nur nicht gut genug
kommuniziert wurde. Sind jetzt der Seibert und die Chebli an den
Wahldebakeln schuld? Und die Rede endet mit Durchhalteparolen: die
Deutschen müssen jetzt über sich selbst hinauswachsen, dann wird alles
noch besser, als es ohnehin schon ist.
Merkels Rede erinnert mich an die Kommunikation von Opel im Jahre 1994: "Wir haben verstanden.“
Es klang, als hätten sie gar nichts verstanden und sollte wohl heißen:
Ihr findet unsere Autos scheiße? Na gut, dann bauen wir halt andere. Ein
paar Korrekturen an dem desaströsen Opel-Image sollte die Kunden wieder
zur Marke locken. Aber es hat nichts geholfen. Die Kunden hatten
verstanden und warteten, bis Opel wirklich anfing, andere Autos zu
bauen.
Und heute fängt das Volk an wieder zu verstehen, weil das Volk eben
nicht aus Stein ist und sehr wohl Fakten kapiert. Es erfährt, im
Gegensatz zu den Politikern, die vom wahren Leben entkoppelt
in gepanzerten Limousinen umherfahren, die faktischen Veränderungen
Deutschlands alltäglich am eigenen Leibe und ahnt dunkel, dass das
absolut sichere Gefühl unsere Kanzlerin wieder einmal trügt. Was weiß
Frau Merkel über die Erschütterung einer vergewaltigten Frau? Was weiß
sie über die Erschütterung nach einem Einbruch in die eigene Wohnung?
Was weiß sie über Terrorangst? Die Leute haben verstanden, dass die
Flüchtlingskrise für Deutschland zwar kompliziert, aber keine „Phase“
ist. Und das eine über Jahrhunderte gewachsene Kultur erodiert, erschüttert das Leben vieler Menschen in den Grundfesten. Manfred Haferburg
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