Natürlich
liegt es nahe, sich über die Infantilisierung des politischen
Vokabulars und die geistige Regression, die sie vermittelt, zu
belustigen. Kreationen wie „Bunt statt braun“ gehören höchstens in den
Kindergarten, die „Willkommenskultur“ in die Hotellerie und die bei
linken Aktivisten wie bei Kirchenführern beliebte Losung „No border – no
nation!“ auf eine kokainbeschwingte Swinger-Party.
Doch die Wirkung solcher Wortschöpfungen ist alles andere als
harmlos. Sie sind allgegenwärtig und werden durch öffentliche
Institutionen lanciert oder autorisiert. Ihre Nutzer akkumulieren eine
Schlagkraft, die sich politisch-propagandistisch, aber auch in
physischer Hinsicht hegemonial behauptet.
Wenn der gelernte Pfarrer und amtierende Bundespräsident Gauck, dem
die Repräsentanz des Staatsvolks als Gesamtheit obliegt, ein „helles“
von einem „dunklen Deutschland“ unterscheidet, dann übersetzt er den
politischen Gegensatz, der sich an Merkels „No border“-Praxis entzündet
hat, in einen theologischen Gut-Böse-Dualismus und erklärt den Gegner,
den Andersdenkenden, zum absoluten Feind, der aus dem Ganzen
ausscheidet.
Denn wer das schlechthin Böse vertritt, verwirkt logischerweise seine
Rechte und darf sich nicht wundern, wenn er zum Zielobjekt von Gewalt
wird, die sich als die Gegen-Gewalt des Guten legitimiert. Eine
Schlagzeile wie: „Danke, liebe Antifa“, die 2014 im regierungsnahen
Berliner Tagesspiegel zum Ruhme der informellen Ordnungsmacht
erschien, belegt schlagend, daß die infantilisierte Sprache der
Regression zur neototalitären Gesinnung entspricht.
Der Begriff „Integration“ scheint eine Ausnahme zu bilden. Er kommt
unideologisch, pragmatisch und nachprüfbar daher und assoziiert einen
gleichsam natürlichen Prozeß, weil die Einbeziehung neuer Elemente in
alte Gewohnheiten und das Zusammenfügen von Verschiedenem zu einem
Ganzen zum Alltag gehören. Doch der Anschein täuscht.
Denn erstens wird der Begriff benutzt, um die politische Frage, wer
überhaupt dazugehören darf, gar nicht erst aufkommen zu lassen und auf
eine reine Sachfrage herabzudrücken. Zweitens stellt er eine leere
Wundertüte dar, die beliebig gefüllt werden kann.
Gefüllt wird sie von einem „sozialen Radikalismus“, wie der Soziologe
Helmuth Plessner Anfang der 1920er Jahre formulierte – gewissermaßen im
Vorgriff auf die bundesdeutsche Gutmenschelei. Der soziale Radikalismus
geht von der Annahme aus, daß das Merkmal der Menschlichkeit als
Grundlage für eine Gemeinschaftsbildung – heute: Integration – vollauf
genüge. Zwar argumentiere man „mit Negern, Eskimos und Franzosen (…)
nicht auf gleiche Weise“, doch die „Einheit des Geistes“ wird als
hinreichend angesehen, „um eine Leistungsgemeinschaft mit absoluter
Gleichberechtigung aller“ herzustellen.
Das ist eine rein rationalistische Sicht, die ihre Wurzel in einem
verengten Verständnis der Aufklärung hat, sich im „rationalen
Kommunismus“ zur Ideologie ausgeformt hat und durch den
„Internationalismus der industriellen Wirtschaftsweise“ gestützt wird.
Für die totalitäre Praxis der russischen Bolschewiki gab es damals
keinen treffenden Begriff, doch Plessner hat sie im Auge, wenn er darauf
hinweist, daß die Bedeutung der rationalistischen Perspektive für die
individuelle Lebenswirklichkeit normalerweise gering sei, weil „es für
den Menschen immer eine vorrangige Form der Einbettung gibt, wie
Familie, Dorf, Kultur, Sprache, welche eine gemeinschaftliche Sphäre
begründen. Diese kann jedoch niemals auf alle (also auch die außerhalb
dieses Raumes lebenden) Menschen ausgedehnt werden, da diese wiederum
ihren eigenen Einbettungszusammenhang haben.“ Eine Politik, die das
ignoriert, vergewaltigt die menschliche Natur – sie agiert totalitär!
Totalitär ist freilich auch das entgegengesetzte Extrem, die
Verabsolutierung der Gemeinschaft, die der Nationalsozialismus
praktizierte. Zwar versucht der Mensch, um die sozialen Risiken zu
vermindern, seine „Sphäre gemeinschaftlicher Vertrautheit“ zu schützen.
Doch erst in der Spannung zwischen innen und außen entstehen soziale
Dynamik und Fortschritt. Der Staat, der zum Instrument des
Gemeinschaftskults herabsinkt, wird deshalb ebenfalls zum Unterdrücker
der Freiheit.
Die aktuellen Bestrebungen, Deutschland und Europa in Provinzen des
Nahen Ostens zu verwandeln, knüpfen ideologisch an die kommunistischen
Menschheitsutopien an. Es liegt in ihrem Wesen, daß sie mit immer mehr
Reglementierung, Kontrolle, Überwachung und Strafandrohung einhergehen.
Diese Praxis neototalitär zu nennen, stellt längst keine Übertreibung
mehr dar.
Die bis vor kurzem noch unbekannte Soziologieprofessorin Annette Treibel-Illian von der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe machte mit der
Aussage von sich reden: „Das Motto muß lauten: Integrationskurse für
alle.“ Also auch für „Biodeutsche“. Das läuft fürs erste auf eine
Erziehungsdiktatur hinaus, in der Treibel-Illian & Co. wichtige
Herrschaftsrollen zufallen.
Solche Forderungen bilden nur die Schaumkronen auf den Wellen
politischer Gewalt, die gegen die europäischen Völker anbranden. 2015
hat der Europäische Rat für Toleranz und Versöhnung (ECTR), eine
einflußreiche Nichtregierungsorganisation unter dem Vorsitz von Tony
Blair, einen Katalog mit praktischen Empfehlungen erstellt. Wie die
österreichische Zeitung Die Presse mitteilt, sollen
Jugendliche, die sich eines „Haßverbrechens“ schuldig gemacht haben, ein
Umerziehungsprogramm absolvieren müssen.
Als schwere Straftat soll schon die „Diffamierung einer Gruppe“
gelten. In den Schulen soll es „Toleranz-Unterricht“ geben. Die
öffentlich-rechtlichen TV- und Radiostationen sollen einen
vorgeschriebenen Anteil der Programme der „Toleranz“ widmen. Private
Massenmedien sollen durch finanzielle Förderungen entsprechend animiert
werden. Und natürlich sollen alle Inhalte im Internet, die „Intoleranz“
fördern könnten, entfernt werden.
Ergo: Die Infantilisierung ist Programm! Das Personal, die Ideologie
und die Instrumente für den kommenden Integrations- und „Bunt statt
braun“-Totalitarismus, sie stehen und liegen schon bereit. Thorsten Hinz
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.