Unser
aller Domina und Geiselnehmerin hat angeblich Selbstkritik geübt. Weil
sich das Stockholm-Syndrom bei vielen ihrer Geiseln in Missfallen
aufzulösen droht? In einer Umfrage hatten 82 Prozent der befragten
Bundesbürger einen Kurswechsel in der sogenannten Flüchtlingspolitik
gefordert, was sogar A. Merkel zu registrieren sich genötigt fühlte. Vor
die Presse tretend, sprach sie: "Wenn ich dieser schieren Zahl präzise
entnehmen könnte, welche Kursänderung sich die Menschen wünschen, dann
würde ich darüber gerne in eine Diskussion eintreten." Wenn damit aber
gemeint sei, setzte unsere Fremdenführerin keck hinzu, dass die Menschen
schlichtweg keine Fremden und speziell keine Fremden islamischen
Glaubens in Deutschland wollten, dann könne sie als Kanzlerin dem nicht
folgen, weil das Grundgesetz und das „ethische Fundament" der CDU (nicht
das ethnische!) dem widersprächen. "Wenn die 82 Prozent mir aber sagen
wollen, die Situation aus dem vergangenen Jahr soll sich nicht noch
einmal wiederholen, dann kämpfe ich genau dafür. Diesem Ziel dienen alle
Maßnahmen der letzten Monate."
Im Klartext:
Schnauze! Entweder ihr seid Fremdenfeinde, mit denen man nicht reden
muss, oder ich mache sowieso alles richtig (also nochmals und erst
recht: Schnauze!). Dazwischen gibt es nichts. Fremdenfeinde seid ihr
übrigens auch dann, wenn ihr meint, nachdem ich euch anderthalb oder
knapp zwei Millionen – wer weiß das schon genau? – Fremde islamischen
Glaubens in die Vorstädte und -gärten gewuchtet habe, sei allmählich
Schluss. Es wird obergrenzenlos immer so weitergehen. Alles andere
widerspräche nämlich dem Grundgesetz. Warum? Nun, die Alliierten in
ihrer weisen Voraussicht haben den regelmäßig brav zum Rapport
anschlappenden Vätern und Müttern desselben einige hinreichend teigige
Paragraphen diktiert, notfalls lässt sich aus dem GG auch die Pflicht
der Deutschen zur Selbstabschaffung lesen (wegen der Menschenwürde bzw.
-rechte auf der Welt und so), wenngleich orthodoxe und hierorts bereits
zitierte Rechtsgelehrte durchaus der Meinung sind, das GG gelte speziell
für die Deutschen. Um diese Herrschaften kümmern wir uns noch. Außerdem
gebietet das "ethische Fundament" der CDU, dass sich Deutschland unter
anderem eben auch für Christenverfolger und Antisemiten öffnet. Hat
irgendwer was Fremdenfeindliches dazu zu sagen?
"Ich habe das absolut sichere Gefühl, dass wir aus dieser
komplizierten Phase besser hinausgehen werden, als wir hineingegangen
sind", versicherte die Kanzlerin schließlich, die deutsche Sprache und
Semantik einmal mehr verhöhnend und meiner Merkeliana-Sammlung ein
weiteres Exempel autoritären Sprachmülls hinzufügend. Und ich werde
jetzt besser aus diesem Text hinausgehen und mich, ehe ich sie vergesse,
in meine gute Kinderstube zurückziehen, um dort all jene Worte zu
verschlucken, die mir angesichts dieser obszönen Person auf der Zunge
liegen.
Nachtrag: Ich habe mich zu früh absentiert, so
physiologisch verständlich meine Gründe gewesen sein mögen. Es muss aber
noch einmal in aller Seelenruhe auf das Merkel'sche Statement
eingegangen werden. Die Kanzlerin hat nämlich
1. im Grunde
zugegeben, dass sie mit ihrem politischen Latein am Ende ist und gern
"die Menschen da draußen im Land" (so nennt Merkel gemeinhin die
Deutschen) fragen würde, wie es weitergehen soll;
2. die für eine
Regierungschefin fatale Bemerkung gemacht, sie würde noch lieber die
Zeit zurückdrehen, also indirekt eingestanden, von den Geschehnissen
überrollt worden zu sein (und also keineswegs, wie der Professor Münkler
beharrlich nachzureichen beliebt, einen über die persönliche
Machterhaltung samt moralischer Heiligenscheinpolitur hinausgehenden
Plan verfolgt);
3. in halbwegs schizophrenem Kontrast dazu
bekanntgegeben, dass Obergrenzen gleichwohl nicht in Frage kommen und
sie inzwischen schon wieder weiß, wo es langgeht, nämlich sacht
tempogedrosselt in dieselbe Richtung;
4. unterstellt, dass 82 Prozent
der Deutschen (bzw. Menschen da draußen im Lande) womöglich
Fremdenfeinde seien bzw. nicht wollten, dass Fremde hier einwandern, und
beteuert, in diesem Fall könne sie leider nicht mit ihnen in einen
Dialog treten.
Was Punkt 4 angeht: Außer ein paar Harthirnen ist
in diesem Land kein Mensch der Ansicht, es sollte hier niemand
einwandern, aber ich habe "das absolut sichere Gefühl", ca. 82 Prozent
meinen, dass ein Staat kontrollieren und sogar steuern sollte, wer
einwandert, zum Beispiel hilfsbedürftige Flüchtlinge und qualifizierte
Arbeitskräfte, und dass er diejenigen des Landes verweisen sollte, die
illegal eingereist sind, ihre Rechnungen nicht selber bezahlen wollen
oder kriminell werden. Und um noch auf Punkt 3 – die angeblich nicht
funktionierende Obergrenze – zu kommen: Artikel 16a Grundgesetz schreibt
bekanntlich vor, dass derjenige keinen Anspruch auf Asyl genießt, der
aus einem sicheren Drittstaat nach Deutschland (bzw. zu den Menschen da
draußen im Land) einreist. Das dürften dermaßen viele sein, dass
Obergrenzen uns wie Untergrenzen vorkämen, gälte hierzulande tatsächlich
das Grundgesetz. Sollte es zu einer europäischen Kontingentlösung
kommen, werden die anderen Europäer clever genug sein zu verhindern,
dass auch dann noch z.B. Afghanen mit japanischen Pässen europäischen
Boden betreten; Schilda unter Merkel – und vermutlich nicht nur unter
Merkel – muss von einem Kordon aus Zurechnungsfähigen geschützt werden.
PS:
"Sehr geehrter Herr Klonovsky, erlauben Sie mir eine Anmerkung zu Ihrem
heutigen Beitrag", schreibt Leser ***. "Hartnäckig – und auch leider
bei Ihnen – wird der Artikel 16 Grundgesetz ständig im Rahmen der
Flüchtlingsdebatte angeführt. Natürlich kann so gut wie niemand diesen
Schutz in Anspruch nehmen, da nur die wenigsten Asylanfrager per
Flugzeug oder per Boot in bzw. an Deutschland landen.
Die große Masse
der Syrier bekommt in Deutschland subsidiären Schutz nach §4 Asylgesetz.
Dieses Gesetz ist eine rechtliche Konkretisierung der GFK (Genfer
Flüchtlingskonvention) von 1951.
Deutlich weniger bekommen
Flüchtlingsschutz nach §3 AsylG (Das ist quasi Artikel 16 für
Zugfahrer). Der Aufenthalt wird in beiden Fällen nach 3 Jahren wieder
überprüft. Bei Anerkennung nach §4 ist bis 2018 der Familiennachzug
ausgesetzt. Deshalb klagen viele Anerkannte auf ein Upgrade nach §3.
Zusätzlich
erhalten viele Flüchtlinge einen Aufenthaltstitel nach §60 Abs. 5 und 7
AufenthaltsGesetz, werden also aus humanitären Gründen (Europäischen
Menschenrechtskonvention) bzw. gesundheitlichen Gründen nicht
abgeschoben.
Die 2. sehr große Gruppe sind Flüchtlinge aus Afghanistan.
Davon werden 44% als Flüchtlinge anerkannt, der Rest wird aus
humanitären Gründen trotz Ablehnung nicht in das gebeutelte Land
abgeschoben. Auch wenn Fr. Merkel den Staubsauger unverantwortlich
angeworfen hat: es geht hier überhaupt nicht um Artikel 16!"
Auf meine Frage, warum das Asylgesetz das GG "bricht", erwiderte ***:
"Artikel
16 wurde ja 1993 im Rahmen der damaligen Flüchtlingwelle beim
sog. Asylkompromiss nach Artikel 16a Abs. 1 'ausgelagert' und in den
folgenden Absätzen restriktiv beschränkt. Dieses 'Große Asyl' bekommt
deshalb heutzutage kaum noch ein Antragsteller. Das Asylgesetz
konkretisiert Artikel 16a und regelt das Asylverfahren. Es 'bricht' also
kein Grundgesetz. Zur Veranschaulichung füge ich §1 AsylG. ein:
§ 1: Geltungsbereich
(1) Dieses Gesetz gilt für Ausländer, die Folgendes beantragen:
1. Schutz vor politischer Verfolgung nach Artikel 16a Absatz 1 des Grundgesetzes oder
2.
internationalen Schutz nach der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen
Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die
Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen
mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status
für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und
für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. L 337 vom 20.12.2011,
S. 9); der internationale Schutz im Sinne der Richtlinie 2011/95/EU
umfasst den Schutz vor Verfolgung nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951
über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560) und
den subsidiären Schutz im Sinne der Richtlinie; der nach Maßgabe der
Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen
für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder
Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig
internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden
Schutzes....
Wir reden also eigentlich vom
Flüchtlingsschutz nach §3 Asylgesetz, wo die politische Verfolgung nur 1
von 5 möglichen Verfolgungsarten ist. Leider wird das nie ordentlich
getrennt, da beides unter dem Label 'Asylgesetz' läuft. Die große Anzahl
der Antragssteller beantragt also quasi das 'Kleine Asyl', das nicht
auf Artikel 16a gründet. Das BAMF prüft zuerst die
Flüchtlingseigenschaft und erst nach positiver Prüfung die 'wahre'
Asylberechtigung, die allerdings so gut wie nie vorliegt.
Es ist
allerdings wahrhaft traurig, dass sämtliche Leit- (hier wohl eher Light-)
Medien und zusätzlich fast alle Politiker diesen Sachverhalt
grundsätzlich falsch darstellen." MK am 20. 8. 2016
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