Samstag, 17. September 2016
Schlau
Die Absurdität und Entkernung des Politikbetriebs offenbarten sich wieder im Wahlkampf zum Berliner Abgeordnetenhaus. „Berlin bleibt schlau“, plakatierte die SPD, die seit 2001 den Regierenden Bürgermeister und seit zwanzig Jahren den Bildungssenator stellt. Drei Worte genügten ihr, um ein falsches Versprechen auf eine falsche Tatsachenbehauptung zu stützen.
Die Ergebnisse des jüngsten Bildungstests hält der Senat wohlweislich unter Verschluß. Durchgesickert ist immerhin, daß die Hauptstadt im Bundesvergleich ganz hinten steht und die Hälfte aller Drittklässler in der Schreibkompetenz nicht einmal die Mindeststandards erfüllt. Richtig ist also: In Berlin wächst eine Generation von Analphabeten heran!
Trotzdem wird die SPD in der Regierungsverantwortung bleiben, entweder gemeinsam mit der CDU oder – momentan wohl wahrscheinlicher –, in einer Koalition mit der Linken und den Grünen. Deren Hochburg liegt im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg. Das Bundestagsdirektmandat ist den Grünen hier seit langem sicher, und rechnet man die Wählerstimmen sämtlicher linker Parteien zusammen, dann ergibt sich ein Übergewicht von mehr als achtzig Prozent.
Kreuzberg-Friedrichshain (wie es treffend heißen müßte) ist das unbestrittene Laboratorium links-grüner Gesellschaftspolitik. Dementsprechend sind die Ergebnisse. In jedwedem Negativbereich liegt der Bezirk an der Spitze. Sozialbetreuer, Beauftragte und Subventionierte aller Art sind überproportional vertreten, und überdurchschnittlich dürfte auch die aktuelle Analphabetenrate sein.
„Hier existiert knallharte mafiöse Kriminalität“, räumte die grüne Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann in einem Interview ein, in dem sie ihre Macht- und Ratlosigkeit angesichts von Verwahrlosung, Drogendealern, Besetzungen von Häusern und öffentlichen Räumen durch Asylforderer und deren Unterstützer sowie Rechtsbrüchen aller Art zugab. Den Schuldigen machte die Tochter zweier ehemaliger CDU-Politiker bei der CDU aus, die in Berlin allerdings marginalisiert ist.
Mit der Reflexion grüner und Alt-68er Theorie und Praxis und ihrer Sogwirkung auf Rechtsbrecher aller Art war die studierte Politikwissenschaftlerin klar überfordert. Lediglich an einer Stelle, an der sie sich über die aktiven Linksautonomen äußert, in deren Schriften fände sie die „gleichen Schlagworte wie vor dreißig Jahren, vierzig Jahren“, deutet sich eine blasse Ahnung an. Ihre Voraussage: „Und das wird Berlin in den nächsten Jahren in Gänze erleben“, verdient es dennoch, ernstgenommen zu werden.
Als der Innensenator die Räumung eines besetzten Hauses im Bezirk anordnete, erhob sich berlinweit in Politik und Medien ein Lamento über die angebliche Eskalationsstrategie. Längst stinkt der Fisch nicht mehr nur vom Kopfe her. Die Parteien und Frau Herrmann, die die Verwahrlosung repräsentieren, werden erneut eine satte Mehrheit einfahren.
Wir erleben die Bestätigung der Broken-Windows-Theorie („Theorie der zerbrochenen Fenster“), die amerikanische Soziologen vor 35 Jahren entwickelten. Sie besagt, daß harmlose Phänome und Regelverletzungen, denen man nicht entgegentritt, auf längere Sicht eine Spirale des Unheils in Gang setzen. Wenn eine Umgebung physisch verfällt, treten bald fremde und ungebetene Personen auf, die sich in unerwünschter Weise betätigen.
Das erzeugt Furcht vor Kriminalität, die Normalbürger ziehen sich zurück. Dadurch schwindet die soziale Kontrolle, was neue ungebetene Leute anzieht.
Der physische Verfall beschleunigt sich, Kriminalität und Asozialität explodieren, was die Verbrechensfurcht weiter steigert und die Rück- und Wegzüge der Stammbevölkerung anschwellen läßt. Schließlich hat man es mit einem gescheiterten Bezirk zu tun.
Kreuzberg und Berlin sind nur Vorreiter, denn die Spirale ist mit der Grenzöffnung endgültig zu einem flächendeckenden Phänomen geworden, so daß die Rückzugsgebiete allmählich knapp werden. Eine andere Neuigkeit besteht darin, daß die Elite beziehungsweise die politisch-mediale Klasse – bildlich gesprochen – in aller Öffentlichkeit mit Vorschlaghämmern durch die Fußgängerzone marschiert und eigenhändig sämtliche Schaufenster demoliert.
Man kann dieses Modell auf viele andere Gebiete – Bildungspolitik, Rechtspolitik, Sozialpolitik – übertragen. Es ist zu einfach, die Verantwortung für die Entwicklung ausschließlich bei den dysfunktionalen Eliten zu suchen. Die Wahlergebnisse und Verkaufszahlen sprechen weiterhin für sie, selbst wenn man die manipulativen und repressiven Mechanismen in Rechnung stellt. Sie exekutieren und spitzen eine Haltung zu, die in der modernen Massendemokratie – der Kombination aus liberalem Individualismus und sozialistischem Egalitarismus – angelegt ist und die ethischen Grundlagen von Staat und Gesellschaft unterminiert.
Der Verfall der Bildungsstandards zum Beispiel wird von vielen beklagt, doch er kommt genauso vielen recht, weil das entwertete Abitur oder der substanzlose Universitätsabschluß ihnen eine gesellschaftliche Erhöhung erlaubt, die für die Gesellschaft, die das finanziert, zwar ohne Mehrwert bleibt, dafür aber den persönlichen Narzißmus befriedigt. Warum sollten Politiker und Medienmacher bessere Menschen sein?
Wenn die verkrachte Studentin und grüne Spitzenfrau Katrin Göring-Eckardt, die als künftige Vizekanzlerin im Gespräch ist, zur Grenzöffnung äußert: „Unser Land wird sich ändern, und zwar drastisch. Und ich freue mich drauf“, dann spricht daraus neben der Zerstörungslust des bösen Mädchens auch ein tiefsitzender Narzißmus, der ein unbedeutendes Ich zum Maßstab des politischen Urteils und Handelns erhebt. Der Fäulnisprozeß, der das Land im Griff hat, geht viel zu tief, um durch kurzfristige Verschiebungen im Parteiengefüge gestoppt zu werden. Thorsten Hinz
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.