Kürzlich fand ein Redakteur des noch immer einflußreichen Spiegels
überraschend klare Worte: „Ausländische Banden beherrschen die
Großstädte, verkaufen Drogen, begrapschen Kinder in den Freibädern,
stellen Frauen auf nächtlichen Spaziergängen nach.“
Es folgten weitere Sätze in dem Sinne, bis sich herausstellte, daß
der Schreiber kein Abbild der Wirklichkeit, sondern eine Parodie auf
vermeintliche Halluzinationen von Haßbürgern beabsichtigt hatte, denen
die Politik keinesfalls entgegenkommen dürfe.
Darauf schallte es aus den
Kommentarspalten zurück: In welcher Welt lebt der Autor? Genau das ist
doch die Realität in unseren Städten!
Die Konstellation ist modellhaft: Der Problemdruck, den die Politik
erzeugt, ist so groß und flächendeckend, daß er nach Artikulation drängt
und die Menschen vermehrt gegen die Medien-Claqueure aufbegehren. Neue
Kommunikationstechniken bieten ihnen dafür die Möglichkeit.
Sie durchbrechen das Informations-, Deutungs- und
Artikulationsmonopol der Etablierten und schaffen die Voraussetzungen
für alternative Medien und Foren, die auch alternativen Parteien und
Bewegungen ein Sprachrohr bieten. Nur die politisch-mediale Klasse
möchte fortfahren wie gewohnt.
Der stellvertretende Chefredakteur der Zeit, Bernd Ulrich,
ein bekennender Grüner, stellte gerade die kulturelle Hegemonie seiner
Partei fest: „Unsereins bestimmt – nicht allein, aber doch sehr –, was
in den Museen gezeigt und in den Schulen gelehrt wird, was in den
Zeitungen geschrieben steht und im Rundfunk gesendet wird, was in den
Regalen der Supermärkte liegt und was als letzter Schrei bewußter
Ernährung zu gelten hat.“ Das ist schwer zu bestreiten und gilt auch für
die Definition von Delikten wie Sexismus, Ausländerfeindlichkeit und
Volksverhetzung, die zu sozialer Ächtung und juristischer Verfolgung
führen.
Doch das ist nur ein Teil der Wahrheit. Die Arroganz der Macht äußert
Symptome der Furcht und Unsicherheit. Die noch-hegemonialen Kräfte
wagen es nicht, die Inhalte, Ziele und ideologischen Grundlagen ihrer
Politik zu thematisieren und zur Diskussion freizugeben. Die Folge wäre
die allgemeine Erkenntnis, daß ihr Handeln sich gegen die Interessen des
Staatsvolkes richtet und zu seiner Unterminierung führt.
Deshalb unternehmen sie alles, um den politischen,
fakten-orientierten Diskurs über die Euro-Rettung, die Energiewende, den
Gender-Wahn und vor allem über die Zuwanderung zu verhindern, indem sie
ihm einen erpresserischen Moral-Diskurs überstülpen. Die Maßnahmen
gegen die sogenannte Haßsprache gehören dazu.
Die Blockade fällt ihnen zunehmend schwer. Auf Dauer bleibt eben
nicht unbemerkt, daß ihre Politik katastrophale Folgen hat. Damit wächst
die Verachtung für die Funktionseliten, die sich allesamt im Strudel
der Delegitimierung befinden. Die funktionelle, intellektuelle und
moralische Überforderung vieler Politiker, die ohne berufliches
Fachwissen, Lebenserfahrung und gelebte Verantwortung in führende
Positionen drängen, ist keine Neuigkeit. Ebensowenig die Verachtung für
Journalisten, welche die Realität bis ins Unerträgliche verzerren.
Neu ist der Ansehensverfall der Wirtschaftslenker, die eine der
wichtigsten Legitimationsquellen für Politiker und Journalisten
darstellten, wenn diese „Vielfalt“, „Weltoffenheit“ und „kulturelle
Bereicherung“ proklamierten. Ihr Nimbus, der sich auf die Erfolge in der
globalisierten Wirtschaft stützte, hat sich verbraucht, seit Volkswagen
in der Bredouille steckt und die Deutsche Bank am Abgrund steht, weil
sie die Risiken und Nebenwirkungen der Globalisierung unterschätzt
haben.
Professoren an der Universität, die dem Zweckrationalismus à la
Merkels „Wir schaffen das“ zu widersprechen wagen, müssen mit dem
Mobbing von Kollegen und Studentenfunktionären rechnen. Ähnliches gilt
für Künstler und Intellektuelle, die vom Kulturbetrieb finanziell und
damit auch politisch abhängig sind. Für Gegenkräfte öffnet sich damit
ein Fenster neuer Möglichkeiten.
Die Bücher von Thilo Sarrazin wirkten wie Eisbrecher. Obwohl als
„umstritten“ apostrophiert, sind sie unter der Hand zu Referenzwerken
über die aktuelle Lage avanciert. Im Internet ist eine
Gegenöffentlichkeit entstanden. „Politically Incorrect“ ist das
bekannteste Schmuddelkind, aber daneben haben sich hochwertige Blogs und
Foren etabliert, deren Qualität die der sogenannten Qualitätspresse
übertrifft.
Gegen die verordnete Alternativlosigkeit formieren sich mittlerweile
Kräfte, die sich der bürgerlichen Mitte zurechnen. Der erstaunlich
scharfe Ton, den Zeitschriften wie Cicero und Tichys Einblick
anschlagen, bedeutet eine Attacke auf die grün-bleierne Hegemonie. Die
JUNGE FREIHEIT ist aus den jahrelangen Anfeindungen gestärkt
hervorgegangen. Mit der AfD sitzt eine neue Partei in mittlerweile zehn
Landesparlamenten und ab 2017 wohl auch im Bundestag, was neue
Möglichkeiten schafft, um für die Schubumkehr der öffentlichen Diskurse
zu wirken.
Die volle Bedeutung der Entwicklung ergibt sich erst beim Blick über
den deutschen Tellerrand. Wir sind Teilnehmer in einem auf mehreren
Ebenen ausgetragenen europäischen Kulturkampf. Die Osteuropäer wehren
sich vehement gegen die Implantierung kulturfremder Minderheiten, die
ihnen die EU aufzwingen will, und bestehen auf ihrer 1989 erkämpften
Souveränität.
In Frankreich und Österreich wachsen neue Kräfte über die alten
hinaus, die die schleichende Islamisierung als zivilisatorische
Errungenschaft verkaufen, und die für ihre Nüchternheit bekannten Briten
haben mit dem Brexit als Reaktion auf Brüsseler Übergriffigkeit ihr
politisches Schicksal wieder in die eigenen Hände genommen. Die
Situation ist ernst, aber nicht alternativlos. Thorsten Hinz
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