Am Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und alle
Dinge sind daraus gemacht. So steht es in der Bibel. Aber wenn das Wort
falsch, irreführend ist? Irgendwann im Frühjahr 2015 tauchte das Wort
„Flüchtling“ auf, verbreitete sich und setzte sich fest. Es fühlt sich
warm und menschlich an, und ist doch vergiftet.
Denn es überdeckte alle Gründe, warum Menschen den Ort wechseln:
Asylbewerber wurden zum Flüchtling, Wirtschaftsflüchtlinge auch.
Auswanderer, Einwanderer, reisende IS-Terroristen, syrische Bombenopfer
und syrische Schergen, Legale, Illegale, Gastarbeiter, woher immer sie
kommen. Es werden Klimaflüchtlinge erfunden und schließlich die
Auflösung aller Grenzen propagiert: Kein Mensch ist illegal.
Nun soll man Flüchtlingen helfen, sie aufnehmen, unterstützen. Aber
die Unterschiedslosigkeit ist das Problem. Wer Motive und Fluchtursachen
begrifflich auflöst, löst jede Differenzierungsmöglichkeit, jede
spezielle Notwendigkeit, Verpflichtung und Verantwortung in der
Salzsäure des Willkürlichen auf.
Das F-Wort war die Falle, in die zunächst viele Medien und
schließlich die sonst so kühl kalkulierende Angela Merkel im Sommer 2015
tappten:
Die Unterschiedslosigkeit der Begrifflichkeit führte zur
Hilflosigkeit und Aufgabe jeder eigenen Handlungsmöglichkeit. Weil alle
Zuwanderer Flüchtlinge genannt wurden und werden und damit alle Anspruch
zumindest auf Überprüfung ihres Anspruchs auf Asyl haben, entstand eine
Welle von Flüchtlingen, der nicht standzuhalten war. Im Sommer 2015 gab
Deutschland die Kontrolle über seine Außengrenzen auf, und wer wollte,
konnte anschließend frei einreisen, sich um Asyl bewerben, untertauchen
oder wieder zurückkehren, seine Identität verschleiern und neu erfinden.
Das falsche Wort verwirrte ein ganzes Land.
Seither perfektioniert die Regierung Merkel die Verwendung falscher
Begriffe, statt durch richtige Benennung die Voraussetzung für Handeln
zu schaffen: 3600 Kilometer deutsche Grenze lassen sich nicht
kontrollieren? Es soll ja Länder geben, die schaffen das Zehnfache. Und
dabei geht es nur um ein kurzes Stück entlang Österreichs; dass
Flüchtlinge aus Polen, Tschechien, Holland oder Frankreich und der
Schweiz nach Deutschland kommen, war ja nicht die Bedrohung.
Seither die anhaltende Debatte über „Obergrenzen“. Was spricht
dagegen, eine Grenze des Machbaren zu definieren? Niemand verlangt eine
punktgenaue Einhaltung einer politisch definierten Größe. Das Asylgesetz
ist änderbar, zumal von einer Großen Koalition mit noch nie dagewesener
Mehrheit. Es sind Wortgirlanden einer Regierung, die
Handlungsunwilligkeit vertuschen will. Dass sich neuerdings SPD-Chef
Gabriel aus der Verantwortung zu stehlen versucht, ist peinlich.
Die organisierte Tatenlosigkeit gipfelte in dieser fatalen
Twittermeldung vom 25. August 2015 des Bundesamtes für Migration und
Flüchtlinge, neudeutsch zu BAMF verkürzt: "#Dublin-Verfahren syrischer
Staatsangehöriger werden zum gegenwärtigen Zeitpunkt von uns
weitestgehend faktisch nicht weiter verfolgt.“
Das ist der eigentliche Wendepunkt der Masseneinwanderung: Von dem
Tag an weigerten sich Migranten, die im Bahnhof von Budapest angekommen
waren, sich kontrollieren und registrieren zu lassen. Ab diesem Tag
begann die große Wegwerfe der Pässe: Seither haben sich Nenn-Syrer sehr
schnell vermehrt. An diesem Tag und mit diesem Tweet, der sich in
kürzester Zeit unter den mit Smartphones bewaffneten Wanderungsbereiten
in Afrika ausbreitete, begann der riesige Treck nach Deutschland.
Hier beginnt die Veränderung Deutschlands und der Riss innerhalb
Europas, der zum Brexit beitrug und nicht nur die osteuropäischen
Staaten zur Opposition gegen die einsamen Entscheidungen Deutschlands
führte. Der Auslöser ist die Erkenntnis der sogenannten Flüchtlinge,
dass Deutschland die Grenzen bereits an jenem 25. August per Twitter
bedingungslos geöffnet hatte – nicht nur für 3000 in Ungarn Gestrandete,
sondern für alle. Woher auch immer.
Der BAMF-Tweet ist die Kapitulationsurkunde der Regierung Merkel, die
seither nur noch eine amtierende „Regierung Ratlos“ ist. Seither leben
Hunderttausende ohne Kontrolle in einem Land, in dem sonst Kehrwoche,
Mülltrennung und jedes Knöllchen penibel verfolgt werden.
Der Rechtsstaat gilt nur noch für Einheimische, für Zuwanderer gelten
Sonderrechte. Für unantastbar gehaltene Säulen der Rechtsordnung
fallen: Sex mit Kindern? Kein Problem für Zuwanderer, die ihre elf oder
12, 13 Jahre alten Kind-Frauen nach Deutschland holen; 2200 Fälle sind
bekannt. Justizminister Heiko Maas in praller Unfähigkeit richtet eine
Arbeitsgruppe ein; Frauenministerin Manuela Schwesig eröffnet eine
Kampagne gegen „Herrenwitze“. Die Realität überholt den
schmutzigst-denkbaren Herrenwitz, die Regierung handelt nicht. Sie
akzeptiert diese rechtsfreien Räume; im Schlafzimmer wie auf den
Straßen.
Der Kontrollaufgabe an den Grenzen folgte der Kontrollverlust im
Innern: Die Kölner Silvesternacht, die Attentate von Würzburg und
Ansbach, Übergriffe in Freibädern, explodierende Gewalt und
Kriminalität, eine Lawine von Kosten – menschlicher, wirtschaftlicher
und politischer – überrollt Deutschland und schwächt das bisherige
wirtschaftliche Kraftwerk des Kontinents. Die Merkel-Flüchtlinge nutzten
das Scheunentor des falschen Worts; welche Enttäuschungen auf sie
warten, hatte ihnen niemand gesagt.
Regierung, Opposition und viele Medien verwandelten ein Land zum
Narrenschiff. Statt die Regierung zu kontrollieren, applaudierte die
Opposition. Unvergessen Katrin Göring-Eckhardt von den Grünen, die davon
schwärmte, dass Deutschland „Menschen geschenkt“ bekomme. Die Eliten
des Landes torkelten im Rausch, selbst so kühle Manager wie Daimler-Chef
Dieter Zetsche wirkten, als sprächen sie in einem Zustand der
kompletten Verkehrsuntüchtigkeit: Zetsche sah in den weitgehend
unausgebildeten, schwer integrierbaren und kaum integrationsbereiten
Migranten ein neues Wirtschaftswunder.
Forschungsinstitute wie das regierungsnahe DIW rechneten flugs neue
Wachstumsraten aus. Die akademischen Milchmädchen müssten sich heute
schon schämen für ihren bedingungslosen Applaus. Kurz vor der Pension
macht sich der BAMF-Chef Frank-Jürgen Weise kurz ehrlich und gesteht
ein, dass ohne Lohnsubventionen die meist komplett unqualifizierten
Zuwanderer keine Arbeitsplatzchancen haben. Die Mindestlöhne werden
formal für Einheimische beibehalten – für Zuwanderer wird der Weg
bereitet, sie staatlich zu subventionieren.
Die reichweitenstarken Medien hätten sich das Motto der
Bundeskanzlerin – „Wir schaffen das“ – unkritisch und völlig
undifferenziert zu eigen gemacht, kritisiert im Sommer 2016 der
Medienforscher Michael Haller nach Auswertung von über 34 000 Artikeln
und TV-Beiträgen. 82 Prozent der Berichterstattung zum Flüchtlingsthema
seien im Fach Jubelmeldung abzulegen; sachlich oder gar kritisch war nur
der verschwindende Rest. Die Wörter werden falsch. Die Bürger spürten
es schon früher. Seither spukt das Wort von der „Lügenpresse“ herum.
Klar war, dass die anderen Mitgliedsstaaten der EU der deutschen
Grenzöffnung nicht folgen würden. Trotzdem hält die Bundesregierung an
der Behauptung fest, dass es zu einer europaweiten Verteilung kommen
werde – nichts davon ist wahr, das Narrenschiff schlingert allein durch
die rauen Wogen. Vielmehr spaltet die Verteilungsforderung Europa:
Deutschland ist isoliert. Aber natürlich sind die anderen die
Europa-Feinde; die falschen Wörter überschlagen sich.
Dass in Großbritannien eine Mehrheit für den Ausstieg aus der EU
gestimmt hat, ist auch eine Folge der Kontrollaufgabe und des
Kontrollverlusts der Regierung Merkel: Großbritannien ist eines der
einwanderungsfreundlichsten Länder – aber legt doch Wert auf Kontrolle.
Ungarn legte mit einem Referendum Anfang Oktober nach. Merkel hat das
gemeinsame Haus Europa in ein einsturzgefährdetes Gebäude verwandelt.
Was früher undenkbar war, gilt nun als möglich: ein Sieg des Front
National bei den französischen Präsidentschaftswahlen im nächsten Jahr.
Die Augen wurden geschlossen, um die Wahrheit nicht sehen zu müssen.
Mittlerweile führt die Rückverfolgung der Attentäter von Paris und
Brüssel in deutsche Flüchtlingslager. Alles Verschweigen und
Relativieren führt nicht zur Beruhigung, sondern bringt ganz im
Gegenteil die Zuwanderer insgesamt in Verdacht. Mit der
Einwanderungswelle kamen „Tausende hoch gefährliche Salafisten und
andere religiöse Eiferer, die nicht kontrolliert wurden, deren Identität
verschleiert ist“, schreibt Rainer Wendt, immerhin Vorsitzender der
Polizeigewerkschaft. Es sind Zuwanderer, die die Sicherheitsbehörden
„nicht sehen und beobachten, nicht abhören oder überwachen können, und
von denen wir vor allem nicht wissen, wann und wo sie mit fürchterlichen
Terroranschlägen in Erscheinung treten werden“.
Und jetzt sind „Hunderttausende Menschen ins Land gekommen, von denen
wir nicht wissen, wer sie sind. Woher sie kommen. Mit welcher Absicht
sie hier sind. Bei etlichen ist nicht einmal klar, wo sie sich
aufhalten. Vielleicht sind es eine Million, vielleicht anderthalb. Wer
genau weiß das? Kontrolle bei der Einreise? Tut uns leid, das ging jetzt
gerade nicht. Wo sie geblieben sind? Keine Ahnung“. Damit zerstört
Wendt die Behauptung, die Kriminalität habe durch die Merkel-Flüchtlinge
nicht zugenommen. Tatsache ist, dass die Herkunft von Tätern seit 2009
nicht mehr eigens erfasst wird.
Um die eigene Position der vermeintlichen moralischen Überlegenheit
durchzusetzen, wird die Keule des Rechtsradikalismus, der
Fremdenfeindlichkeit eingesetzt, werden immer weitere Teile einer
unruhigen Bevölkerung moralisch, politisch und rechtlich diskriminiert.
Das falsche Wort wird zur Waffe gegen Andersdenkende, die Gesellschaft
gespalten in Gut und Böse.
Mittlerweile ist unbestritten, was im besoffenen Jahr 2015 bestritten
wurde – dass mindestens 70 Prozent der Merkel-Flüchtlinge junge Männer
sind. Ändern wird sich das erst mit der zweiten Welle der
Massenmigration – dem erlaubten Nachzug von Familienangehörigen. Dass
oftmals verschleierte, des Lesens und Schreibens und der deutschen
Sprache nicht mächtige Frauen niemals eine Chance auf einen Arbeitsplatz
in Deutschland haben, ist selbstredend.
Es ist, als ob die Einwohner
Deutschlands, egal ob alteingesessene Einheimische oder Hinzugekommene
der vielen Nachkriegsjahrzehnte, in den Dienst einer neuen Klasse, der
Merkel-Flüchtlinge, genommen werden.
Während einerseits Renten und Sozialleistungen streng reglementiert
bleiben, werden unbegleitete Jugendliche, die sich meist jünger machen,
mit Sozialleistungen von rund 60 000 Euro im Jahr überschüttet – nach
fünf Jahren werden sie 300 000 Euro gekostet haben. Vier von fünf
Städten erhöhen die kommunalen Abgaben für ihre Bürger und schließen
gleichzeitig die Freizeiteinrichtungen. Der entgrenzte Sozialstaat
beginnt leerzulaufen. Jeder Flüchtling verursacht Gesundheitskosten von
142 Euro im Monat. Deutschland kann Sozialstaat bleiben oder
Einwanderungsland werden – beides zusammen geht nicht.
Es mögen trotzdem wunderbare Menschen sein, die kommen, großartige
Ärzte darunter, zukünftige Künstler, vielleicht sogar der eine oder
andere Nobelpreisträger. Ein Geschäft für Deutschland sind sie nicht,
wie die neuen Zyniker der Migrationsindustrie weismachen wollen, die
dabei auch – oder mehr – an ihre eigenen Geschäfte denken. Die
allermeisten werden in einem der neuen migrantischen Armenviertel
stecken bleiben, zwischen den Wasserpfeifen-Cafés und den Telefonläden,
die dort sind, weil die Sehnsucht groß und das Leben in der
Parallelgesellschaft frustrierend ist.
Nicht nur um eine Gefährdung des Wohlstands geht es, wenn Deutschland
das Millionenheer von Merkel-Flüchtlingen nach den Maßstäben des
deutschen Sozialstaats versorgen will und große Casablancas am Rhein
entstehen. Es geht auch um die schleichende Veränderung der
Zivilgesellschaft. Deutschland diskutiert über ein Burka-Verbot. Dazu
Bilkay Öney, SPD, Tochter weltlich orientierter alevitischer
Einwanderer, und frühere Integrationsministerin Baden-Württembergs in
der grün-roten Landesregierung: „Diese neuzeitliche Erfindung männlicher
Beduinen gegen Sandstürme mag ihren Zweck in der Wüste erfüllen. Auf
den Straßen Europas weckt diese Vollverhüllung nicht nur Unmut und
Unbehagen, sie erschwert auch die Kommunikation und die Integration. Sie
zeugt von einem Weltbild aus dem Mittelalter, und genau das bereitet
vielen Menschen, auch aufgeklärten Muslimen, Sorge.“
Die „Zeit“ (34/2016) entdeckt plötzlich im Auftritt der
vollbekleideten ägyptischen Beachvolleyball-Mannschaft „im Bedecktsein
etwas Befreiendes. Im Kontrast zu den Höschen tragenden Deutschen
wirkten die verhüllten weiblichen Körper wohltuend entspannend … Mit der
Schwere des Stoffes brachten die Ägypterinnen auch die Leichtigkeit des
Seins“.
Die Leichtigkeit des Seins unter schweren Stoffbahnen? Es ist eine
vorauseilende Selbstaufgabe von Werten, die man für unantastbar hielt.
Wenn in Frankfurter Kitas kein Schweinefleisch mehr angeboten wird, weil
sich Muslime darüber erregen könnten – nur eine Kleinigkeit, die nur
rückständige Menschen stört, die sich der neuen Buntheit widersetzen?
Oder werden den hier lebenden Menschen neue Grenzen aufgezwungen? Ist
das schon der Beginn der „Unterwerfung“ unter ein islamisches Regime,
wie sie Houellebecq beschrieben hat? Übrigens: Das Burka-Verbot kommt
nicht. Es würde ja eine Regierung voraussetzen, die tätig wird.
Deutschland verteidigt seine Werte nicht mehr. Es werden neue
Sicherheitsgesetze im Dutzend vorgeschlagen. Aber sie sind wieder nur
Wortgirlanden, die keine Wirkung entfalten. Zum Teil, weil durch die
immer ausgedehntere „Duldung“ von Zuzüglern Abschiebung nicht mehr
greift; zum Teil, weil vor Ort Abschiebungen von Landesregierungen,
Kirchen und Ärzten und der Flüchtlingslobby hintertrieben werden.
Nicht einmal Kriminelle werden abgeschoben – das setzt eine
Gefängnisstrafe von mindestens zwei Jahren voraus. Das milde Strafmaß
für kulturfremde Zuwanderer, die auch noch fast immer auf Bewährung
ausgesprochen wird – das ist der Preis, den die Grünen für die
Zustimmung im Bundesrat durchgesetzt haben. Es ist nicht die Union
allein, die Verantwortung trägt: Die von ihr geforderte Einrichtung von
Transitzonen, um Flüchtlinge zu kontrollieren, wurde von der SPD als
„Konzentrationslager“ diffamiert; Abschiebung wird von den Grünen
blockiert. Auf dem Weg über Große Koalition in den Bundesrat scheitert
jede entschiedene Maßnahme an den Einsprüchen einer rot-grün
herbeifantasierten Multikulti-Welt, in der Einheimische, Bio-Deutsche
wie Gastarbeiter nicht mehr gehört werden.
Am Anfang stand ein falsches Wort. Am Ende steht eine große
Umwälzung, die Deutschland und Europa verändert und die die Regierung
nicht beherrscht. Deutschland ist darüber zu einer verwirrten
Gesellschaft geworden. Die Kluft zwischen den Bürgern und dem
medial-politischen Komplex scheint unüberwindbar. Noch läuft der Laden,
weil niedrige Zinsen einen künstlichen Boom erzeugen. Doch die
wirtschaftlichen Lasten wachsen, die politische Unsicherheit nimmt zu,
für notwendige Reformen fehlt die Energie. Innerhalb eines Jahres ist
Deutschland ein fremdes Land geworden für die, die hier schon vorher
lebten.
Dieser Beitrag erschien zuerst auf Tichys Einblick hier
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