Der britische Außenminister und Brexit-Befürworter Boris
Johnson wird mal wieder als zynischer und verlogener Halunke durchs
Mediendorf getrieben. "So schwärmte Brexit-Boris von der EU" schreibt die Bild-Zeitung. Und Spiegel-Online textet: "Es
ist ein entlarvendes Dokument des britischen Außenministers Boris
Johnson: Der Kopf der Pro-Brexit-Kampagne listet in einem bisher
geheimen Artikel Argumente für einen Verbleib in der EU auf - kurz bevor
er die Seiten wechselte." Dazu ist zu sagen: Es ist weder neu noch
entlarvend, dass es einen solchen Text von Boris Johnson gibt, er hat
ihn seinerzeit wohl aus politischer Rücksicht auf David Cameron nicht
veröffentlicht.
Johnson hat schon mehrmals auch jene Argumente aufgezählt, die für
ein Verweilen der Briten in der EU sprechen, beispielsweise hier am 7. Februar des Jahres im Telegraph.
Der nun angeblich „geheime“ und „entlarvende“ Text enthält in der
Substanz nichts anderes. Da ringt einer ganz offen um seine Position in
der Sache und wägt Pro und Contra-Argumente ab. Das sollte für einen
Politiker eigentlich selbstverständlich sein. Wo ist hier der Skandal?
„Rather than damn Boris, I suspect his „secret“ article will
underline the authenticity behind his support for Brexit“, schreibt
beispielsweise Fraser Nelson im Spectator
( Anstatt ihn zu überführen, wird dieser „geheime“ Artikel vermutlich
dazu beitragen, Johnsons authentische Unterstützung für den Brexit zu
unterstreichen“). Nelson fasst den Johnson-Text so zusammen: „It
purports to balance both arguments, but weighs in far more favourably
for Brexit.“ („Der Beitrag gibt vor, beide Seiten gegeneinander
abzuwägen, aber das Hauptgewicht seiner Argumentation deutet sehr viel
mehr zu Gunsten des Brexit“). Nelsons ganzer Beitrag mit allen Links
steht hier.
Die Reaktion in Deutschland zeigt eigentlich nur, wie wenig man die
Person Boris Johnson verstanden hat, von dessen Intellektualität sich so
mancher deutsche Politiker und Medienvertreter eine Scheibe abschneiden
könnte. Aber wahrscheinlich ist sein scharfer Verstand genau der Grund,
warum Johnson in beinahe pawlowscher Manier niedergemacht wird.
Hierzulande applaudiert man lieber einer Kanzlerin, die nicht einmal in
der Lage ist, offensichtliche Fehler in der Flüchtlingsolitik
einzugestehen.
Und damit sind wir beim nächsten Punkt: Während der Brexit
hierzulande als offensichtlicher Fehler gehandelt wird, kann in
Großbritannien keine Rede davon sein. Viele sprechen gar von einer
„Befreiung“ und einem Gefühl „wie nach dem Mauerfall in Deutschland“.
Das mag man weniger euphorisch sehen, es widerspricht aber mit
Sicherheit dem einseitigen Bild, das in Deutschland von der britischen
Stimmung gezeichnet wird. Die Briten verzweifeln nicht an sich selbst,
ganz im Gegenteil. Wenn es der kleinen Schweiz gelingt, ohne
Mitgliedschaft in der EU wirtschaftlich zu prosperieren, warum sollte
das nicht dem größeren Großbritannien gelingen?
Die angekündigte Wirtschaftskrise ist bis auf weiteres ausgeblieben,
die Aktienkurse steigen längst wieder und das Pfund sinkt leicht, was
gut für den britischen Export und keineswegs dramatisch ist (Der Euro
ist gegenüber dem Dollar in den letzten 3 Jahren um 20 Prozent gefallen,
ohne dass hierzulande die Lichter ausgehen).
Die britische Regierung
hat derweil mit politischen Aufräumarbeiten begonnen: Überzogene
Klimaschutz-Vorschriften werden eingedampft, die Energieversorgung auf
eine rationale und sichere Grundlage gestellt, Fracking
und eine dritte Landebahn in Heathrow erlaubt, Hilfsgelder für
palästinensische Terroristen gestrichen und so weiter und so fort.
Großbritannien zeigt gerade, dass keine Politik alternativlos ist,
schon gar nicht die deutsche, die ja entscheidend zum Brexit beigetragen
hat. Und dies ist wahrscheinlich der Grund, warum bei jeder sich
bietenden Gelegenheit die Keule gegen den finsteren Albion herausgeholt
wird. Für die EU-Apparatschicks ist dieses Land eine einzige
Provokation. Und für die Völker Europas ist der Brexit leider ein großer
Verlust, weil die Etatisten in Brüssel und Straßburg jetzt wieder unter
sich sind. Von der Lernfähigkeit eines Boris Johnson und einer Theresa
May sind diese Lichtjahre entfernt. Dirk Maxeiner
Dank an den in London lebenden Achse Autor Benny Peiser für zahlreiche HInweise.
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