Eine der Reden konnte ich halten, hier ist sie in voller Länge als Video-Mitschnitt und in Textfassung dokumentiert:
pdf der Rede zum 3. Oktober.
Video-Mitschnitt der Rede
Vollständiger Text der Rede:
Wir begehen heute den Tag der Deutschen Einheit als ein Volk, das in sich uneins ist. Wir sind uns dabei nicht auf die Weise uneinig, die es in jeder einander zugehörigen Gruppe von Menschen gibt: Es gibt ja diese recht harmlose Art von Uneinigkeit, die den CDU- vom SPD-Wähler scheidet, oder die Uneinigkeit, die in einer Familie herrscht, wenn es Streit über das Ziel der sommerlichen Urlaubsreise gibt.
Solche Uneinigkeiten sind aber dadurch gekennzeichnet, daß die einen die Mehrheitsentscheidung der anderen akzeptieren können: Ob uns die CDU oder die SPD regiert – der Unterschied ist nicht besonders groß, es war hinnehmbar, überstimmt worden zu sein. Und die Fahrt in den Urlaub? Derlei Kinkerlitzchen hat doch Mitte der 90er ein Nationalspieler mit einem legendären Satz gültig geklärt: »Egal, ob Mailand oder Madrid: Hauptsache Spanien!«
Jedoch: Die Uneinigkeit, die unser Volk am 26. Jahrestag der Deutschen Einheit beherrscht, ist von anderer Qualität. Wir erkennen sie daran, daß es für uns nicht mehr hinnehmbar ist, von der SPD, der CDU oder sogar den Grünen regiert zu werden.
Und für die Politiker dieser Parteien ist es offensichtlich nicht so einfach hinnehmbar, daß es viele Wähler gibt, die sich von ihnen abwenden, und zwar nicht hin zur Nichtwählergruppe – das wäre für die Altparteien zu verschmerzen –, sondern hin zu einer neuen politischen Kraft.
Diese Kraft, die AfD, wird beschimpft, lächerlich gemacht, verleumdet und ausgegrenzt aus einem einzigen Grund: Sie hat den Einheitsbrei der andern für inakzeptabel erklärt und nimmt lächelnd und grimmig in Kauf, selbst derzeit und zunächst für inakzeptabel zu gelten.
Und so ist es in der Tat! Die Uneinigkeit in unserem Volk ist fundamental, sie ist kaum überbrückbar, und keine Seite kann den Erfolg der anderen Seite einfach so hinnehmen: Denn es handelt sich um eine Auseinandersetzung, bei der sich nicht die Frage nach ein bißchen mehr Marktwirtschaft oder ein bißchen mehr Sozialstaat stellt, sondern eine Kernfrage, eine existentielle Zukunftsfrage:
Werden wir Deutsche in der nächsten, übernächsten und allen weiteren Generationen noch das entscheidende Staatsvolk in Deutschland sein oder nicht?
Es gibt die Geschichte von einem Schiff, das ein paar Jahre lang über die Meere segelte und im einen Hafen neue Segel, im nächsten neue Masten, im dritten ein neues Ruder samt Steuerrad und im vierten schließlich einen Motor, eine Blechverstärkung am Rumpf und einen neuen Kapitän bekam, bevor man zuletzt die Masten umlegte und durch ein paar Kanonen ersetzte. Als es zurückkehrte in seinen Heimathafen, hieß es immer noch MS Deutschland: Aber war es da noch dasselbe Schiff? War es ein bißchen ein anderes, ein modernisiertes Schiff? Oder war es ein ganz anderes, ein umgekrempeltes, ein nach und nach ausgetauschtes Schiff?
Ich würde diese Frage gern den hohen Repräsentanten unseres Staates stellen, die sich heute in Dresden aufhalten. Ja doch: Diese Frage wäre so recht eine für die Bundeskanzlerin und den Bundespräsidenten, für Frau Merkel und Herrn Gauck: Ist dieses Schiff noch dasselbe Schiff? Ist Deutschland noch immer Deutschland, wenn das deutsche Volk ersetzt und ausgetauscht wird? Wenn es also nicht behutsam ergänzt wird – und dadurch vielleicht bereichert – sondern binnen zweier Generationen in manchen Städten zur Minderheit herabsinkt und flächendeckend vielleicht in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts?
Kurz: Bleibt Deutschland Deutschland, wenn es nicht mehr vor allem und vorrangig das Land der Deutschen ist, sondern vor allem und vorrangig das Land der viel zu zahlreich und viel zu rasch und unter einem viel zu niedrigen Anspruch Eingebürgerten? Und nochmals anders: Ist Deutscher, wer sich hier aufhält? Oder steckt vielleicht doch mehr dahinter, ein Deutscher zu sein oder einer geworden zu sein?
Lieschen Müller und Otto Normal fällt die Beantwortung solcher Fragen leicht, sehr leicht sogar. Dr. Lieschen Müller und Professor Otto Normal tun sich da schon schwerer, sie sind stets ein wenig unzufrieden mit dem gesunden Menschenverstand und würden ihn gerne durch eine komplizierte Theorie ersetzen. Das klingt seltsam und ein bißchen lustig, aber es ist tatsächlich so.
Gar nicht mehr lustig ist es jedoch auf der Ebene, auf der Frau Merkel und Herr Gauck ihre Entscheidungen treffen, und es ist mir egal, ob diese Entscheidungen aus Dummheit, Bosheit, aus ideologischen Gründen oder aufgrund von Verantwortungslosigkeit so ausehen, wie wir sie dann präsentiert bekommen:
Deutschland bleibt nur dann Deutschland, wenn es die Deutschen sind, die seinen Lauf auch in Zukunft prägen werden, und diese Deutschen und ihr schönes Land kann man nicht einfach basteln oder umbauen oder mal so und mal anders zurechtmachen.
Es gibt Deutschland wirklich und es gibt die Deutschen wirklich, wir alle beweisen das Tag für Tag mit unserem ganzen Leben, und wir kommen darüber zum Kern der Katastrophe: Die großen politischen Entscheidungen der letzten Jahre setzen uns und unser gutes Land aufs Spiel, so, als sei das alles nichts wert, als sei es austauschbar, als hingen nicht unsere zukünftigen Alltage und die Alltage unserer Kinder und Enkel daran.
Die Alltage unserer Kinder aufs Spiel zu setzen, genauer: sie zu manipulieren, mit ihnen zu experimentieren – das ist nicht hinnehmbar, das ist inakzeptabel, und daraus her rührt nun meine, unsere Unversöhnlichkeit mit der großen Politik unserer Zeit.
Uns wird das verkauft als Verhängnis, als etwas, das kommt wie ein Naturereignis, und im Grunde sind wir da wie die Angehörigen eines steinzeitlichen Stammes, die zitternd in ihren Höhlen sitzen und darauf warten, was über ihnen die Götter ausbrüten. Gestern der Zusammenbruch der Finanzwirtschaft, heute die Asylkatastrophe, morgen der Kollaps der Stromversorgung, und alles läuft ab wie ein aufziehender Orkan. Wir werden vor vollendete Tatsachen gestellt und haben für alles gradezustehen.
Ja wer sind wir denn? Bürger, die eine große Kultur weitertragen oder Kinder, denen man den Latz umbinden muß?
Wie kommen wir also weiter? Wie kommt Bewegung in die Sache, in die verfahrene Situation, und zwar Bewegung in unserem Sinne? Zwei Hinweise:
Ich las zum einen die sogenannte Kamenzer Rede des Schriftstellers Jörg Bernig, der aus Wurzen stammt und in Radebeul lebt. Bernig hielt seine Rede unter dem Titel »Habe Mut …!« vor einem knappen Monat. Ich zitiere den Schluß dieser Rede:
In welche Hände ist unser Land geraten? Immer noch halten sich abertausende Migranten unerkannt in unserem Land auf. Es gibt Terroranschläge, es gibt Übergriffe auf Frauen und Mädchen, es zieht eine Islamische Kleiderordnung auf Straßen und in Schulen ein, die ein Ausdruck des Nicht-Dazugehören-Wollens ist.
Man spricht von Islamisten, Unterstützern, Gefährdern.
Die Bundeskanzlerin wiederholt, gleichsam als wollte sie damit die alles entscheidende Geisterarmee herbeibeschwören, ihr Wir-schaffen-das. Wer ist ihr Wir? Und was will sie denn schaffen? Den Umbau der Gesellschaft? Den Eingriff in kulturelle Zusammenhänge?
Die deutsche Gesellschaft ist gespalten, die europäischen Nachbarn haben sich von Deutschland abgewandt. Der politisch-mediale Komplex verteidigt die Deutungshoheit mit Intoleranz und Aggressivität. Das ist die Lage.
In Deutschland ist ein Ringen im Gang. Auf der einen Seite stehen die Ingenieure des Gesellschaftsumbaus, die Verdunkler und Verheimlicher, die Sprach- und Denkkontrolleure, die Unterminierer von Aufklärung und offener Gesellschaft. Auf der anderen Seite stehen die Verteidiger der aufklärerischen Vernunft, des eigenständigen Denkens, der Geistesfreiheit, der offenen Gesellschaft, der Gleichwertigkeit der Religionen und der Geschlechter.
Soweit Jörg Bernig, seine Rede kann hier im Internet und bald auch in gedruckter Form vollständig nachgelesen werden, und diese Rede zeugt vom Mut dessen, der sie hielt. Denn es ist für einen freien Schriftsteller ganz und gar nicht selbstverständlich, die Aufforderung »Habe Mut!« auszusprechen und sich vor allem selbst an diesem Wort zu messen.
Auch der 2. Hinweis zielt auf ein Dresdner Widerstandspflänzchen: Der Rechtsanwalt Maximilian Krah ist vor einigen Wochen aus der CDU ausgetreten. Krah fordert nun seine ehemaligen Parteifreunde auf, diesen Schritt nicht nur zu verstehen, sondern ihn ebenfalls zu machen. Ich zitiere aus seiner Begründung:
„Niemand ist der CDU beigetreten für eine Politik der unbegrenzten Zuwanderung. Niemand für eine Finanzierung der italienischen Staatsschulden durch die Europäische Zentralbank. Niemand für eine Energiewende, die über die Pläne von Rot-Grün hinausläuft. Niemand hat je einen CDU-Aufnahmeantrag gestellt, damit die Türkei EU-Mitglied wird. Und erst recht hätte sich niemand, der vor 2005 CDU-Mitglied wurde, je träumen lassen, dass die Partei, der er angehört, das alles aktiv betreiben würde.
Die Erkenntnis der letzten Monate ist, dass es tatsächlich keine Chance gibt, den derzeitigen CDU-Kurs zu ändern. Meine Zweifel begannen mit dem gruseligen Bundesparteitag in Karlsruhe, zu dem ich Delegierter war. Neun Minuten standing ovations für Angela Merkel waren angesichts der Situation im Land mit damals über 100.000 illegalen Einwanderern je Monat eine Verhöhnung der Bürger. In ihrer Rede entfaltete sie die Vision eines Landes ohne Grenzen, was immer auch ein Land ohne Sicherheit, ohne Wohlstand und ohne demokratische Mitsprache für die einfachen Leute bedeutet. Es gab nichts zu Bejubeln.“
Soweit also Maximilian Krah, seine Begründung ist in vollem Wortlaut ebenfalls im Internet nachzulesen.
Ich habe die Äußerungen des Schriftstellers Jörg Bernig und des ehemaligen CDU-Mitglieds Maximilian Krah nicht vorgetragen, weil sie neu und überraschend sein könnten – ich vermute, daß kaum jemand, der hier heute auf dem Platz steht, diese vorsichtigen und abwägenden Sätze für besonders schneidig hält.
»Habe Mut!« – das muß man hier nicht äußern, das ist hier in Hülle und Fülle vorhanden, und vermutlich könnten diejenigen unter uns, die weiterhin die CDU wählen würden, nachher gemeinsam in einem VW-Golf nach Hause fahren.
Ich habe die Äußerungen Jörg Bernigs und Maximilian Krahs aus einem anderen Grund zitiert: Als ich im Januar 2015 mit meiner Familie an den Pegida-Demonstrationen neben zehntausenden anderen teilnahm, war ich mir sicher, daß diese Massendemonstrationen die Politik verändern würden. Und als die AfD in Sachsen-Anhalt mit 25 Prozent in den Landtag einzog, war ich mir wiederum sicher, daß nun nicht einfach so weiterregiert werden könnte.
Jedoch: Den Gesellschaftsingenieuren in Berlin war und ist beides herzlich egal, mehr: Mit dem moralischen Zeigefinger können sie auf AfD und Pegida zeigen und können beide Bewegungen als die Feinde der guten, toleranten, weltoffenen Politik markieren.
Was sind wir nicht alles: Die Störenfriede, die Unzufriedenen, die Zukurzgekommenen, Deutschlands häßliches Gesicht, die Bewohner Dunkeldeutschlands – und dieses Dauerfeuer bleibt bei denen nicht ohne Wirkung, die auch schon fast auf unserer Seite sind:
Wenn nämlich hier auf dem Platz anscheinend das häßliche Gesicht Deutschlands steht, dann fällt es jedem, der noch zögert, schwer, sich dazuzustellen. Und wenn die AfD nur von Schreihälsen und Neidhammeln gewählt wird, dann fällt es den Wählern schwerer, endlich eine Wahlentscheidung für Deutschland zu treffen.
Kurz: Daß Leute wie Maximilian Krah die CDU verlassen und Denker wie Jörg Bernig sich mutig äußern, ist ein Anzeichen dafür, daß die Bewegung in die richtige Richtung weitergeht, daß sie sich ausweitet. Wenn wir die erste Welle waren und sind, folgt nun eine zweite Welle – und wir sollten sie begrüßen. Diese Leute werden nicht morgen auch hier stehen, aber das müssen sie auch gar nicht. Sie haben andere Möglichkeiten als wir, können nochmals neu beginnen, haben ihre eigenen Felder und sollen dort den Mut wecken und die Sprache verändern. Auf diese Weise kommt Bewegung in die Sache, und zwar in unserem Sinne.
Welche Aufgabe haben wir dabei? Ich will nichts vorwegnehmen, aber: Die Bürgerinitiative »Ein Prozent«, der ich angehöre, hat neue Formen des Protests durchdacht und vorbereitet, und während die einen damit beginnen, mutige Reden halten, die anderen aus der CDU austreten, die dritten sich auf die Bundestagswahl, die vierten sich auf ihren 2. Geburtstag vorbereiten und die jüngsten unter uns aufs Brandenburger Tor klettern, wird »EinProzent« vielleicht auf eine ganz eigene, neue Art und Weise Druck verstärken können. Es muß endlich einen Durchbruch für unsere Sache geben!
Laßt uns also die Rechtfertigungsrichtung umkehren: Einigkeit und Recht und Freiheit als Staatsmotto für den heutigen Tag? Frau Merkel, Herr Gauck – rechtfertigen Sie sich: Sie sind verantwortlich für den Riß in unserem Volk, für eine neue deutsche Teilung, für die Hemmungslosigkeit und Unversöhnlichkeit der beiden Teile, und Sie werden sich politisch für dieses Desaster verantworten müssen: Die Einigkeit ist dahin, das Recht wird mit Füßen getreten und die Freiheit zu kämpfen und Widerstand zu leisten für unser schönes Land, will man uns nehmen. Aber wir halten sie fest, diese Freiheit, und kämpfen weiter!
Wir sind viele, wir werden immer mehr, und unser Widerstand ist längst in Ihren Reihen angekommen, Frau Merkel. Rechnen Sie mit uns! Götz Kubitschek
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