Stationen

Dienstag, 4. Oktober 2016

Dresden, Deutschland, Demokratie - in Europa

Eins.
Claudia Roth rügt die Dresdner bzw. sächsischen Demonstranten, die mit ihren Pöbeleien die ohnehin störenden Einheitsfeierlichkeiten noch mehr störten. "Dieser offen gezeigte, organisierte und brutale Hass machte vor keiner Obszönität mehr Halt, und es war nur ein kleiner Schritt bis hin zur physischen Gewalt", sagte die grüne Bundestagsvizepräsidentin.

Am Rande der besagten Feierlichkeiten vollzogen einstweilen Unbekannte diesen Schritt: Sie setzten auf einem Parkplatz sechs Autos in Brand, die zum Teil Pirnaer Kennzeichen trugen und mutmaßlich einigen der erwähnten Störer gehör(t)en. Welchem politischen Spektrum diese Zündelfrieder zuzurechnen sind, steht entweder in den Sternen oder auf Indymedia. Zur tatsächlichen Gewalt in Dresden verlor Frau Roth aber kein Wort. War ja nicht ihr Auto.

Zwei.
"Was sagen Sie zu den Krawallen in Dresden?", fragte mich ein Bekannter. "Ich bin der falsche Adressat", entgegnete ich, "Sie müssen Helmut Kohl fragen, der hat das sechzehn Jahre lang erlebt." Der Unterschied war nur, dass weder die Medien noch seine Opponenten es besonders schlimm fanden, wenn nahezu jeder öffentliche Auftritt Kohls von Pfiffen und Sprechchören begleitet wurde – man denke doch an seine Rede vor dem Reichstag am 3. Oktober 1990 oder den Eierwurf zu Halle (damals wurde der Werfer, ein Juso, übrigens von Küppersbusch zum TV-Plausch eingeladen und in der Titanic mit einem Gedicht gefeiert). Andererseits dürfte er in seiner Partei deutlich beliebter gewesen sein, als es Angela Merkel heute in ihrer ist.

Drei.
Ein berühmter, wenngleich nicht mehr aktiver Sozialdemokrat sagte, die Sportpalastrede sei sozusagen die "Wir schaffen das!"-Rede des Reichsministers Jos. Goebbels gewesen.

Vier.
Der allzeit achtbare Nicolaus Fest geht auf seinem Blog der Frage nach, ob wir uns bereits im Stadium der Postdemokratie befinden und referiert dazu die Analyse des englische Sozialwissenschaftlers Colin Crouch: "Zwar werde noch an der Gewaltenteilung zwischen Regierung, Parlament und Ländern festgehalten; tatsächlich aber seien alle Entscheidungen vorab zwischen den Parteieliten ausgedealt; und auch der Einfluß der Wähler auf das politische Personal sei durch Wahllisten marginalisiert. Selbst wer abgewählt werde, könne sicher sein, doch noch irgendwo unterzukommen, und sei es in Straßburg oder Brüssel. So würden Wahlen, also der Kern aller demokratischen Prozesse, inhaltlich entwertet, und ebenso die Arbeit von Parlament und Opposition."
Fest fährt fort: "Die Selbstherrlichkeit, mit der die Kanzlerin 2015 die Grenzöffnung (pedantisch müsste man wohl sagen: Grenzoffenhaltung –M.K.) jenseits jeder parlamentarischen Debatte anordnete, steht exemplarisch für diesen Prozeß; doch schon bei der Entscheidung über die Finanzrettungsschirme hatte das Parlament faktisch abgedankt."
Aber nicht nur das Parlament habe keine Parlamentarier; ebenso scheine es der Demokratie an Demokraten zu mangeln. Das lege zumindest die Berliner Landtagswahl nahe: "Auch viele Wähler betrachten demokratische Verfahren offensichtlich mehr als formales Ritual denn als politische Entscheidung. Anders lassen sich die Ergebnisse kaum erklären. Rund 70 Prozent der Wähler gaben ihre Stimme Parteien, die die Misere Berlins zu verantworten haben." Fest nennt dies "prä- oder postdemokratische Regressionen ins Clan-Wesen". Man wähle nicht aus politischen Motiven, sondern aus Loyalitätsbedürfnissen. "Für eine Demokratie ist das Gift, der Weg in afrikanische Verhältnisse. Die völlig entpolitisierten Wahlplakate von SPD, GRÜNE und CDU, die meist nur die jeweiligen Kandidaten und ihre Namen zeigten, waren bezeichnend: Statt auf Fakten setzt man auf Beschwörung – so wie atavistische Gesellschaften auf das Trommeln des Krals."

Aber brächte auch eine tatsächliche Demokratie noch sinnvolle Ergebnisse zustande? Eine Zahl spricht gewaltig dagegen: Es gibt in Deutschland ungefähr noch 15 Millionen echte, also nicht vom Staat beschäftigte Steuerzahler. Das sind die Leute, die den ganzen 82-Millionen-Karren schieben müssen, auf den Merkel nun noch mal ein reichliches Milliönchen Alimentierungsbedürftige – sofern man den neuen niedrigen Zahlen des Innenministers Glauben schenken mag – gewuchtet hat. Was auch immer diese Karrenschieber wählen, es wird nie wieder mehrheitsfähig.

Fünf.
Thilo Sarrazin hat in einem Vortrag durchgerechnet, was die Masseneinwanderung mit allen kalkulierbaren Folgen nach derzeitigem Stand den deutschen Steuerzahler mindestens kosten wird: eine Billion Euro. Freund *** kommentiert: "Teurer als die Energiewende wird's auch nicht."

Sechs.
Nach Mentholzigaretten muss man endlos laufen, der Kaffee ist kalt, weil die Maschine sich dauernd selber abschaltet, die Glühbirnen gehen öfter kaputt als früher, kosten dafür aber das Dreifache, der Staubsauger saugt nicht mehr richtig: EU.    MK am 4. 10. 2016



(Das mit den Glühbirnen stimmt nicht. Die EU-Glühbirnenverordnung ist ein wahrer Segen. Erst durch sie wurden in der Folge LED-Birnen entwickelt, die zwar nicht billig sind, aber viel weniger verbrauchen, länger halten und trotzdem ein angenehmes Licht erzeugen. Der Protest gegen die EU-Glühbirnenverordnung (und generell gegen EU-Normen, die z.B. dafür gesorgt haben, dass die vormals 10 verschiedenen Elektrostecker in italienischen Haushalten auf 4 reduziert wurden, von denen 2 europaweit üblich sind) war die größte Eselei, die sich die AfD bisher ausgedacht hat, eine unrealistische Stimmungsmache beim Stimmenfang. Selbst dort, wo die Normen kostbare lokale Besonderheiten (wie lardo di Collonata) illegalisieren, wurde bisher immer irgendeine Ausnahmeregelung gefunden. Die unsinnigen Normen sind Ausnahmen, z.B. die Gurkenkrümmungsbestimmung oder der Vorwurf, die italienischen Kondome seien zu groß.)





Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden gab letzte Woche bekannt, daß das mysteriöse Antifa-Bekennerschreiben zu den Brandanschlägen von letztem Dienstag eine Fälschung ist. Von wem sie stammt, ist noch ungeklärt.
Inzwischen ist ein Überwachungskameravideo veröffentlicht worden, auf dem ein Mensch zu sehen ist, der mit Motorradhelm und blauem Anorak auf dem Gehsteig vor der Moschee watschelt: dies soll „der mutmaßliche Täter“ sein. Wer war er? Was waren seine Motive? Hier ein paar vorläufige Überlegungen.

Variante 1:
  • Der Täter war tatsächlich ein „Rechtsextremer“, wie bereits am Tag nach der Tat aus allen Rohren und Röhren verkündet wurde. Dann muß es sich allerdings um einen ziemlichen Schwachkopf gehandelt haben, da jedem denkenden Rechten und Asylgegner klar sein muß, daß ein solcher Aggressionsakt politisch null Ertrag bringt und unserer Sache nur schadet. Eine solche Nummer wird – wie an den ersten Reaktionen zu sehen war – vielmehr benutzt werden, um die laufende Hysterie und Hetze gegen „rechts“ zu befeuern, vor allem aber wird sie als weitere Billardkugel verwendet werden, deren Endziel der Abschuß der AfD ist, die man ja bereits für die ominösen Asylheimbrände und andere Dinge verantwortlich macht (Pegida wäre ein weiteres Ziel, ist aber deutlich von geringerer Bedeutung). Damit hätte er sich zum berühmten „nützlichen Idioten“ gemacht; derlei ist bereits vorgekommen, und V-Mann-“Nachhilfe“ wäre in diesem Fall nicht auszuschließen.
  • Dann wäre es allerdings unwahrscheinlich, daß es derselbe Täter (oder ein Komplize) war, der das Bekennerschreiben auf Indymedia veröffentlicht hat. Das würde nämlich bedeuten, daß sein letztendliches Ziel war, die Antifa durch eine „false flag“-Operation zu belasten. Das wäre allerdings ein ziemlich waghalsiges und eher fruchtloses Manöver gewesen: denn obwohl es im linksextremen Spektrum eine „islamkritische“ Fraktion gibt, wäre der Tabubruch einer anti-islamischen Aggression von links wohl eine zu große Hürde für die potentiellen Täter gewesen. Darum war das Bekennerschreiben von Anfang an nur wenig glaubhaft, und der Fake hätte kaum auf die Dauer durchgehalten werden können. Wer klug genug ist, so ein Schreiben zu verfassen, ist auch klug genug, das zu wissen.
  • Gegen einen „dummen“ Rechtsextremen, der aus blinder, destruktiver Wut gehandelt hat, spricht, daß die Geschichte offenbar symbolisch gut durchdacht war: der zweite Knaller auf der Terrasse des Dresdener Kongressgebäudes und die zeitliche Nähe zu den Einheitsfeiern vom Wochenende legen den Schluß nahe, daß hier womöglich gegen die Zusammenlegung des „Tags der deutschen Einheit“ mit dem „Tag der offenen Moschee“ protestiert werden sollte (eine Fährte, die Jasper von Altenbockum witterte).
  • Meine Spekulation: der Verfasser des gefälschten Bekennerschreibens war womöglich ein „kluger“ Rechter oder Asylgegner, der die gleich nach dem Anschlag aufbrausende Hetze „gegen rechts“ durch ein Ablenkungsmanöver bremsen wollte. Das wäre ihm gelungen: das Bekennerschreiben hat eine derartige Verwirrung gestiftet, daß der Anschlag in einem Haufen Fragezeichen versandet ist und seine politische Verwertbarkeit erheblich eingebüßt hat. Vielleicht aber wollte er bloß die Antifa trollen, ohne größere Hintergedanken.
Variante 2:
  • Mein erster Gedanke war: der Täter war ein Schlapphut vom Verfassungsschutz. Der Anschlag kam angesichts der laufenden, staatlich gestützten Kampagnen wie gerufen, hinterließ außer ein bißchen Krach und Ruß keine Opfer, und ließ sich vorzüglich instrumentalisieren, um „häßliche Fratzen“ an die Wand zu malen. Wenn man vom „cui bono“ ausgeht, dann wäre das eine recht einleuchtende Variante.
  • Dann hätte der unbekannte Fälscher jedoch auch hier der Sache einen Strich durch die Rechnung gemacht.

     Variante 3:
  • Der Täter war ein Linksextremist. Dann gäbe es zwei Möglichkeiten:
  • 1. Er wollte eine „false flag“-Aktion inszenieren, um die Stimmung „gegen rechts“ zu schüren. Auch in diesem Fall wären V-Mann-Nachhilfen nicht auszuschließen.
  • 2. Es war tatsächlich ein Täter aus dem antideutschen/islamkritischen/pro-israelischen Spektrum, und das Bekennerschreiben wäre echt, was aber aus den bereits genannten Gründen eher unwahrscheinlich ist. Und wäre es wirklich die Tat einer Judäischen Volksfront-Fraktion gewesen, dann hätte sie auch nicht mit „Antifa Dresden“, sondern mit ihrem eigenen Namen unterzeichnet.
  • Jedenfalls hätte der unbekannte Fälscher auch hier der Sache einen Strich durch die Rechnung gemacht.
Variante 4:
  • Der Täter war ein Moslem, allerdings weniger ein „Islamist“ im herkömmlichen Sinne, sondern womöglich ein Anhänger der islamisch-türkischen Kulturkampforganisation DiTiB, unter deren Verwaltung die attackierte Moschee steht.
  • In diesem Fall hätten sich die Täter allerdings ganz schön dumm angestellt, indem sie allen Ernstes ein Foto von der Explosion veröffentlicht haben, das logischerweise nur jemand gemacht haben kann, der auf Lauer gelegen ist. Kann man ihnen eine solche Dummheit zutrauen? Was ist mit dieser Spur? Wird sie von der Polizei verfolgt? Hat man die Verantwortlichen der Facebook-Seite befragt, und wenn ja, was haben sie geantwortet?
  •  Auch hier hätte der unbekannte Fälscher der Sache einen Strich durch die Rechnung gemacht. (Martin Lichtmesz)

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