Seit Tagen flimmern durch meine Timeline auf Facebook die Fotos
betroffen blickender Politiker und anderer Prominenter, die ein Blatt
Papier in den Händen halten, darauf steht „We remember“. In der
verabredeten Sprachregulierung ist dieser allgemein klingende Satz
besetzt mit einer speziellen Erinnerung, der an den Holocaust. Sie wird
dieser Tage besonders betont, weil der Antisemitismus in Deutschland
wieder laut und offen hervortritt.
Talkshows im Fernsehen sind dem
Ereignis gewidmet, Feierstunden werden abgehalten, Beteuerungen
verbreitet: „Wir werden nie vergessen...“
Das Versprechen ist, kaum ausgesprochen, schon gebrochen. Während man
„gedenkt“ und „den Kopf verneigt“ (so wörtlich in der mir zugesandten
Facebook-Botschaft des thüringischen Ministerpräsidenten Ramelow),
breitet sich die neue Epidemie des Judenhasses ungehindert in deutschen
Schulen aus. Zunächst unter Schülern „mit Migrationshintergrund“.
Während man die Opfer von gestern ehrt, überlässt man die von morgen
ihrem Schicksal. Unter denen, die mit der Phrase „We remember“ betroffen
in ein Handy blicken, sind auch gestandene Feinde des jüdischen
Staates, der einzigen Sicherheit, die Europas Juden haben.
Sogar der
deutsche Außenminister, der
den Judenstaat kürzlich als „Apartheidstaat“ bezeichnet hat, eine der
übelsten Beschimpfungen, die seinesgleichen kennt, ließ sich mit dem Blatt Papier fotografieren.
Wer ist so naiv, von modernen Antisemiten zu erwarten, dass sie offen
zugeben, Antisemiten zu sein? So offenherzig war man in Deutschland im
neunzehnten Jahrhundert, als sich die Judenhasser in einer „Liga der
Antisemiten“ zusammenfanden und ihre Aversion offen bekannten. In der
NS-Zeit war Judenhass deutsche Staatsräson.
Nach der Katastrophe des Hitler-Reiches wurde es zunehmend als
Zeichen von Dummheit verstanden, seine Gefühle so unumwunden
auszudrücken. Um gerecht zu sein: Viele haben auch wirklich begriffen,
dass es nichts bringt. Das deutsche Debakel war mit dem Massenmord an
den europäischen Juden verknüpft, das hieß, offener Judenhass gemahnte
an Deutschlands Niederlage – sozusagen ein Pawlowscher Reflex.
Doch er funktioniert nicht mehr. Der neue Judenhass gedeiht
weitgehend ungestraft.
Er wird gespeist aus den unendlichen Tiefen
islamischer Judenverachtung, die vielfach im Koran festgeschrieben ist,
so dass sich jeder geifernde Imam in jeder beliebigen Moschee in Berlin,
Brüssel, Paris darauf berufen kann. Keiner der „Gedenkenden“ und „Sich
Erinnernden“ will daran denken oder sich erinnern, wie oft und wie böse
heute in Europa auf Juden gehetzt und zu ihrer Tötung aufgerufen wird.
Unter türkischen, arabischen Schülern in Europa ist „Jude“ das meist
gebrauchte Schimpfwort. Die deutschen, französischen, holländischen
Mitschüler hören es vielleicht noch mit einem kleinen thrill,
doch sie hören es täglich, und sie sehen und erleben jeden Tag, dass
dieser Antisemitismus im Rahmen der Willkommenskultur toleriert wird.
Wenn der Islam zu Deutschland gehört, wie ein deutscher
Bundespräsident formulierte, gehört auch der islamische Judenhass zu
Deutschland. Ganz unvermeidlich – so, wie er seit anderthalb
Jahrtausenden zum Islam gehört. Er wird gedeihen und um sich greifen,
falls man nicht gegen ihn vorgeht.
Bisher versuchen Europas Politiker,
sich dieser unangenehmen, nicht ganz ungefährlichen Aufgabe zu
entziehen. Es ist beglückender, moralisch erhebender, in Feierstunden
der toten Juden zu gedenken, als sich für die Zukunft der lebenden
einzusetzen. Chaim Noll
Es soll ja Menschen geben, denen Gedenk- und Feiertage nicht
besonders wichtig sind. Entweder, weil sich ihnen der Grund des
Gedenkens nicht erschließt, oder weil sie der Auffassung sind, dass es
um generelles Bewusstsein gehen sollte und dies an jedem Tag des Jahres
und nicht nur zu einem bestimmten Datum gegeben sein muss.
Ich bin dennoch der Auffassung, dass Gedenk- und Feiertage ihre
Berechtigung haben. Dass generelles Geschichtsbewusstsein und spezielles
Gedenken einander nicht ausschließen und derartige Rituale letztlich
sogar einen elementaren Beitrag zum kollektiven Gedächtnis und der
Schaffung einer kollektiven Identität eines Volkes leisten.
Umso mehr ärgert es mich, dass der sogenannte Tag der offenen Moschee
seit nun schon mehr als 20 Jahren auf den wohl wichtigsten Feiertag der
Deutschen – den Tag der Deutschen Einheit – fällt. Ganz bewusst wurde
dieses Datum damals gewählt, um – wie der erzkonservative Zentralrat der
Muslime begründete – eine „religionsübergreifende Verständigung“ zu
verdeutlichen.
Das Selbstverständnis der Muslime, Teil des 1990
wiedervereinigten deutschen Staates zu sein, solle so ebenso zum
Ausdruck gebracht werden wie die Verbundenheit mit allen
nicht-muslimischen Bewohnern Deutschlands.
Das Paradoxon, einen separaten eigenen Veranstaltungstag als Zeichen
der Verbundenheit zu verkaufen, scheint bis heute niemanden zu stören.
Dass der simple Gedanke, den Tag der Deutschen Einheit, sofern man sich
selbst als Teil des deutschen Staates identifiziert, einfach
mitzufeiern, für Muslime offensichtlich nicht selbstverständlich ist, ebenso wenig.
Darüber hinaus zeigt das Bestreben, dass ausgerechnet an diesem
areligiösen Tag auch die religiöse Verständigung befördert werden soll, einmal mehr, worum es den Initiatoren eigentlich geht: Um ihre
Befindlichkeiten, um Aufmerksamkeit für ihre religiösen Belange und
ihren Stellenwert in der Gesellschaft und eben nicht darum, sich als
Teil der deutschen Gesellschaft zu verstehen und in diese einzufügen.
In diesem Land befassen wir uns mittlerweile gefühlt 365 Tage im Jahr
mit dem Islam und seinen Auswüchsen. Für die eigenen Belange, das
Bedürfnis nach angemessenen fortschrittsorientierten Themen, wie für
eine moderne Gesellschaft angemessen, ist schon lange nicht mehr viel
Raum in der öffentlichen Debatte übrig.
Während man in China Ideen und Technologien entwickelt, um zum
Silicon Valley aufzuschließen, sprechen wir über Kopftücher als Zeichen
der Emanzipation und Schweinefleischverbot in Kantinen, Legalisierung
von Polygamie und getrennte Schwimmzeiten für Frauen und Männer.
Während
es für jene Länder mit geringem Anteil an Muslimen in der Bevölkerung
weiterhin schnurstracks in Richtung Fortschritt und Zukunft geht,
scheint man sich in Deutschland nach einem Comeback voraufklärerischer
Zeiten zu sehnen.
Das ist der Grund, weshalb ich es mittlerweile persönlich nehme, wenn
Muslime dann auch noch die wenigen Tage im Jahr, an denen es einmal
nicht um ihre Befindlichkeiten und gesellschaftlichen Forderungen geht,
für ihre Zwecke okkupieren. Tage, an denen es einmal um uns sogenannte
„Nicht-Muslime“ und unsere kollektive Identität als Deutsche gehen
sollte.
Die Bevölkerungsgruppe, die stets am meisten und lautesten
Respekt für sich und ihre Belange einfordert, zeigt keinerlei Respekt
für die Momente, die Tage, die uns wichtig sind, an denen wir innehalten
und gedenken wollen.
Was an dieser Rücksichtslosigkeit und Ignoranz oder gar dem
Missbrauch von staatlichen Gedenk- und Feiertagen deutlich wird, ist
letztlich genau das Gegenteil von dem, was der Zentralrat der Muslime
vorgibt, erzielen zu wollen. Es ist nichts anderes als eine weitere
Offenbarung dessen, was wir nur allzu oft im Alltag durch die
muslimische Parallelgesellschaft zu spüren bekommen: die nicht
vorhandene Identifikation mit der deutschen Mehrheitsgesellschaft, ihrer
Identität, ihren Werten, ihren Gefühlen und Gedanken, schlicht mit den
Dingen, die uns als wichtig erscheinen.
Verfolgt wird ausschließlich die
eigene Agenda einer Lebenswelt, die nur allzu oft nicht das Geringste
mit unserer und schon gar nicht mit einer Identifikation als Deutsche zu
tun hat.
Anders lässt sich für mich nicht erklären, weshalb man es ebenfalls
für eine gute Idee hält, die kurdischen Proteste in Köln und andernorts
ausgerechnet auf den Holocaust-Gedenktag zu legen. Mag sein, dass dieser
Tag auch dem ein oder anderen Deutschen am Hintern vorbeigeht, aber der
zieht wenigstens nicht randalierend oder prügelnd durch die Straßen.
Und so ist und bleibt es eine Schande, dass, während die politische
und mediale Elite dieses Landes eine „nationale Kraftanstrengung“ des
Erinnerns betreibt, sich Menschen in Köln versammelten, um die Konflikte
ihrer Heimatländer auf deutschem Boden auszutragen. Dass, während wir
in angemessener Ruhe und Stille das Einende betonen, andere das
Trennende hervorheben. Dass der Hass, der einst in einem der grausamsten
Ereignisse der menschlichen Geschichte mündete, ausgerechnet heute in
anderer Form wieder Raum auf öffentlichen Plätzen geboten bekommt, als
wären die antisemitischen Proteste im Winter vergangenen Jahres nicht
schon widerlich genug gewesen.
Seit Jahrzehnten warnen Experten und Kritiker der Einwanderung aus
islamischen Ländern vor dem Import nahöstlicher Konflikte. Heute müssen
wir feststellen, dass sie nicht nur immer stärker im öffentlichen Raum
zutage treten, sondern auch jegliche Rücksicht auf das Land und die
Menschen, die hier „schon länger leben“ übertünchen. Eine Identifikation
gibt es bei vielen nach wie vor nur mit dem eigenen Herkunftsland und
den dortigen Problemen.
Als Resultat bin ich auch nicht länger gewillt, mich für muslimische
Mitbürger und ihre Anliegen zu interessieren. Selbst meine durchaus
vorhandene Sympathie für die hier lebenden Kurden kommt mir angesichts
der Respektlosigkeit, mit der man die eigenen Interessen auf die Straße
trägt, mittlerweile abhanden. Es sind nicht meine Konflikte, und
zumindest an Tagen wie diesen möchte ich einmal nur für die eigene
Geschichte Verantwortung tragen und nicht auch noch für den Rest der
Welt.
Nein, ich bin nicht mehr länger bereit, Menschen und ihre Anliegen zu
respektieren, die mich und die Dinge, die mir wichtig sind, nicht
respektieren. Die diesen Staat und seine Bürger immer nur anrufen, wenn
es um ihre Rechte geht, aber nie um ihre Pflichten als Bürger dieses
Landes.
Währenddessen lässt Angela Merkel heute über ihren Regierungssprecher
verlauten, dass sie mit ihrer „ganzen Kraft“ dafür eintreten wird, dass
jüdisches Leben in Deutschland weiterhin möglich ist. Dafür wäre jedoch
notwendig zu erkennen, dass man mit der deutschen Einwanderungspolitik
nicht nur seit Jahrzehnten Antisemitismus importiert, sondern vor allem
einen Bevölkerungsteil geschaffen hat, der weder Erinnerungskultur noch
kollektives Geschichtsbewusstsein und Identität mit uns teilt.
Dass die Voraussetzung für ein „Nie wieder“ im Bewusstsein über die
Annahme der eigenen Geschichte und damit der Verantwortung als Volk
liegt – und dass da dementsprechend kein Bewusstsein bei Menschen ist,
die sich nicht als Teil dieses Volkes identifizieren.
Erinnerung und der daraus resultierende Wille zum „Nie wieder“ sind
damit an Voraussetzungen geknüpft, die in Deutschland nicht zuletzt
durch die Einwanderung aus mehrheitlich islamischen Ländern seit
Jahrzehnten immer weniger gegeben ist. Der Bezug zu uns und unserer
Geschichte ist bis heute kaum vorhanden. Die Verhaftung mit den
Konflikten der eigenen Herkunftsländer umso mehr. Am Ende werden wir
diese allesamt hier austragen, und #WeRemember in Bezug auf die eigene Geschichte wird nicht mehr als ein frommer Wunsch sein. Anabel Schunke
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.