Stationen

Samstag, 27. Januar 2018

Ein vertrauter Name


 Jeder kennt den Nazi-Arzt Josef Mengele. Der Name seines Vorgesetzten Eduard Wirths (1909 - 1945) sagt dagegen nur wenigen etwas. Das ist eine Wissenslücke, die es zu schließen gilt, meint der Würzburger Verleger, Professor Johannes Königshausen.

Er hat eine medizingeschichtliche Doktorarbeit herausgegeben, die sich ausführlich mit dem Mediziner Eduard Wirths, der aus Geroldshausen im Landkreis Würzburg stammt, und dessen Karriere als Nazi-Arzt auseinandersetzt. Kostproben aus diesem Buch gab Autor Dr. Konrad Beischl bei einer Lesung im Buchladen Neuer Weg.

Spätestens, als Beischl Zeitzeugen zitiert, wie Wirths im Konzentrationslager Auschwitz Frauen an der Rampe selektierte, um sie gynäkologischen Versuchen zu unterziehen, wird das Grauen greifbar. Nach all seinen Recherchen ist sich Beischl sicher: Wirths trägt einen großen Teil der Verantwortung für den millionenfachen Mord in Auschwitz. Warum Wirths, der sich der moralischen Tragweite seines Tuns wohl bewusst war, den Dienst als Standortarzt nicht verweigert hat, will einer der Zuhörer wissen. "Weil er gründlich und gewissenhaft die Vernichtungsmaschinerie aufrecht erhalten hat", meint Beischl.

Professor Hans-Michael Straßburg, zweiter Vorsitzender der Würzburger Regionalgruppe "Gegen Vergessen", fragt nach dem Verhältnis von Wirths zu Mengele. Beischl: "Das war gut. Wirths hat als Vorgesetzter in seinen Beurteilungen Mengele hoch gelobt." Eine ältere Dame gibt sich als Verwandte von Wirths Witwe zu erkennen. Gertrud Wirths hatte mit ihren drei Kindern 1943/44 fast ein Jahr lang bei ihrem Mann im Lager Auschwitz gelebt. Die Dame sagt: "Sie hat nie darüber gesprochen."

Neben publizistischer Resonanz hat Beischl auch Post von Wirths Familie bekommen: Die sehe vieles an Eduard Wirths positiver. Zum Beispiel werde seine Kooperation mit dem Lagerwiderstand anders gesehen (siehe die Anmerkungen in Wikipedia hierzu).
Die Familie hatte wohl auf eine Rehabilitation durch das Buch gehofft, meint Beischl achselzuckend. Konrad Beischl: Dr. med. Eduard Wirths und seine Tätigkeit als SS- Standortarzt im KL Auschwitz, 266 Seiten, 29,80 Euro, Verlag Königshausen & Neumann  Mainpost

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.